CentraLine : Erfassung, Visualisierung, Auswertung von Energieverbrauch

Abb.1: Informationskreislauf rund um ein technisches Energiemanagementsystem im GebäudeLegende: 1 = Gebäudebetrieb 2 = Datenfassung 3 = Normierung/Konvertierung 4 = Archivierung 5 = Visualisierung/Reporting 6 = Optimierung
© CentraLine

Energieeffizienz wird zu einem bestimmenden Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Im produzierenden Gewerbe, im Handel und im Hotelgewerbe haben Energiekosten einen direkten Einfluss auf die Margen des Unternehmens. Dadurch erhöht sich die Bereitschaft, in Energiespaßmaßnahmen zu investieren. Vor jeder Investition steht jedoch die Frage, welche Maßnahmen vorrangig angegangen werden sollen und welche hinten angestellt werden können, da sie ein ungünstigeres Kosten-/Nutzen-Verhältnis aufweisen.

Energiemanagementsysteme leisten einen wesentlichen Beitrag zur Identifikation von Optimierungspotenzial, aber auch zum Nachweis des Erfolgs ergriffener Maßnahmen. Automatisierte Auswertungen erlauben eine einfache, kontinuierliche Dokumentation der Verbräuche sowie Kosten und visualisieren so die Effizienz der gebäudetechnischen Systeme. Energiemanagement ist jedoch keine rein „technische Aufgabe“, sondern die Summe aller Maßnahmen, die geplant und durchgeführt werden, um die geringstmögliche Energiemenge bei gegebenem Komfort- bzw. Produktionsniveau (Industrie und Gewerbe) zu verbrauchen. Die vorliegende zweiteilige Artikelserie fokussiert sich jedoch im Wesentlichen auf die technischen Aspekte des Energiemanagements. Der erste Teil beleuchtet die notwendigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen für Energiemanagementsysteme, der zweite Teil beschäftigt sich mit der Visualisierung und Auswertung von Verbrauchsdaten

Energiemanagement in der Gebäudeautomation

Abbildung 1 zeigt den Informationskreislauf rund um ein technisches Energiemanagementsystem im Gebäude. Energieströme werden zunächst erfasst, gegebenenfalls normiert, für spätere Auswertungen gespeichert (archiviert) und in „menschenlesbare“ Form aufbereitet („visualisiert“). Durch Auswerten der erstellten Verbrauchsberichte lässt sich Optimierungspotenzial identifizieren. Durchgeführte Optimierungen reduzieren die Energieströme, die nun in einem neuen Kreislauf erfasst und ausgewertet werden. Damit ergibt sich sowohl ein kontinuierlicher Nachweis der aktuellen Energieverbrauchswerte eines Gebäudes als auch eine Dokumentation der Wirksamkeit umgesetzter Optimierungen.

Datenerfassung

Die Basis für jede Form von Energiemanagement bildet die Erfassung von Verbrauchswerten. Hierzu muss eine geeignete Zählerinfrastruktur vorhanden sein bzw. geschaffen werden. Diese Zählerinfrastruktur bedarf einer sorgfältigen Planung, die sich daran orientieren muss, welcher Detaillierungsgrad vom Kunden für eine spätere Auswertung gewünscht wird. Nur was gemessen wird, kann später zur Auswertung genutzt werden.

Drei Beispiele mit zunehmendem Detaillierungsgrad:

1. Soll ausschließlich der Verbrauch an Primärenergie eines Gebäudes erfasst werden, ist es ausreichend, einen Zähler für elektrische Energie, einen Zähler für Gas- oder Ölverbrauch und gegebenenfalls einen Zähler für Wasser in den Hauptversorgungsleitungen des Gebäudes zu installieren. Anhand dieser Infrastruktur ist es jedoch nicht möglich, Verbräuche einzelnen Bereichen zuzuordnen. Es ist beispielsweise unmöglich zu ermitteln, wie viel Prozent der elektrischen Energie für Licht und wie viel für andere elektrische Verbraucher (z.B. für eine Wärmepumpe) verwendet wurden. Auch eine Heizbedarfsrechnung fehlt.

2. Zuordnung von Verbräuchen zu Gewerken: Soll beispielsweise erfasst werden, wie viel elektrische Energie jeweils für Heizung, Kühlung, Beleuchtung und Lüftung eingesetzt wird, müssen „Unterzähler“ in den entsprechenden Bereichen installiert werden.

3. Erfassung von Verbräuchen definierter Verbrauchergruppen oder einzelner Verbraucher innerhalb eines Gewerks: Ein Supermarktbesitzer interessiert sich gegebenenfalls dafür, wie viel Energie er jeweils für die Kühlung von Lebensmitteln in Kühlhäusern, wie viel für die Kühlung in Tiefkühltruhen, in Kühlregalen und in Verkaufstheken aufwendet. In diesem Falle müssen für jede einzelne dieser Gruppen separate Zähler installiert werden. Ähnlich verhält es sich, wenn Heizkosten beispielsweise separat für einzelne Stockwerke erfasst werden sollen: Hierfür müssen pro Stockwerk separate Zähler gesetzt werden.

Das dritte Beispiel macht besonders anschaulich, dass eine Zählerinfrastruktur auch eine entsprechende elektrische und hydraulische Infrastruktur voraussetzt: Sollen Kühlgeräte gruppenweise erfasst werden, muss für jede Gruppe eine getrennte Zuleitung existieren, in welcher der Zähler installiert wird. Bei einer Heizkostenerfassung je Stockwerk bieten sich getrennte Heizkreise pro Etage an, in deren Vorlauf Wärmemengenzähler installiert werden.

Bei der Planung der Infrastruktur können CentraLine-Partner Hilfestellung geben, um einen möglichst guten Kompromiss zwischen Investitionskosten und Detaillierungsgrad der er-fassten Informationen zu finden. Hierzu gehört auch die Festlegung, wie Messwerte vom Zähler in die Automatisierungs- und die Managementebene gelangen. Normalerweise werden hierzu Bussysteme für die Zähleraufschaltung verwendet. Das CentraLine-System unterstützt neben der direkten Anbindung von Pulszählern alle wichtigen Bussysteme für Zähleraufschaltung (Meterbus, ModBus, LON etc.) in einem einzigen Gerät und bietet somit maximale Flexibilität.

Daten-Normierung, -Konvertierung und -Anreicherung

Der gemessene Verbrauch alleine lässt noch keine Schlussfolgerungen zu, ob es sich um einen zu hohen oder akzeptablen Energieverbrauch handelt. Verbrauchsdaten müssen normiert werden, um aussagekräftig zu sein. Durch Normierung erhält man Energiekennzahlen, die eine Vergleichbarkeit sicherstellen. Ein Beispiel: Der Heizbedarf eines Gebäudes A mit 500 m2 Nutzfläche sollte normalerweise geringer sein als der eines Gebäudes B mit 1000 m2, wenn man vergleichbare Bausubstanz, Nutzung und geographische Lage voraussetzt. Um diese Gebäude vergleichen zu können, wäre eine Normierung des Energieverbrauchs auf die genutzte Fläche sinnvoll. Die Energiekennzahl wäre in diesem Fall kWh/m2 (oder alternativ kWh/m3, falls statt der Fläche der umbaute Raum betrachtet werden soll).

Der Vergleich zeigt, dass entgegen der Erwartung Gebäude B weniger Energie pro Quadratmeter verbraucht.

Wie bereits oben bemerkt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass Gebäude B effizienter mit Energie umgeht. Andere Faktoren wie Nutzungstyp, klimatische Bedingungen etc. haben erheblichen Einfluss auf die Energieeffizienz. Die reinen Verbrauchsdaten können durch andere Größen „angereichert“ werden, um solche Einflüsse zu kompensieren.

Gradtagzahlen (GTZ) bzw. Heizgradtage (G) sind Maße für den Wärmebedarf eines Gebäudes während der Heizperiode und können zur Witterungsbereinigung von Verbrauchswerten herangezogen werden. Auf einen Zeitabschnitt bezogen (z.B. einen Kalendermonat), erlauben sie Aussagen zu saisonalen Bedarfsschwankungen. Entsprechendes gilt für Kühlgradtage. Nach VDI 3807 werden zur Berechnung der Heizgradtage eine individualisierte, gebäudespezifische Heizgrenze thg (z.B. 15° C) und die mittlere Außentemperatur ta in Beziehung gesetzt. Gezählt werden nur Tage, an denen die Außentemperatur unter der Heizgrenze liegt.

Gradtagszahlen berechnen sich nach VDI 2067 ähnlich, wobei statt der Heizgrenze die mittlere Raumtemperatur eingesetzt wird.

Formellegende:

HGThg: Heizgradtage der betrachteten Periode, bezogen auf die Heizgrenze.

z: Anzahl der gemessenen Heiztage in der Periode, bezogen auf die individuelle Heizgrenze. Liegt die mittlere Außentemperatur über der Heizgrenze, so wird der Tag nicht berücksichtigt.

thg: Heizgrenze, z.B. 15° C.

ta: Mittlere Außentemperatur des jeweiligen Heiztages

Zur Witterungsbereinigung kann entweder der zeitliche Verlauf der Gradtage und der Energieverbrauch im Rahmen der Auswertung in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt werden (siehe Abb. 3). Alternativ können die Gradtage direkt in die Normierung einbezogen werden, indem beispielsweise der Energieverbrauch auf den Heizbedarf normiert wird: Man teilt den gemessenen Verbrauch durch die Gradtagzahlen der jeweiligen Periode (siehe Abb. 4) und verwendet somit als Energiekennzahl kWh/HGT.

Auch eine Kombination verschiedener Normierungen kann sinnvoll sein: Eine einzige Energiekennzahl kann beispielsweise sowohl eine Witterungsbereinigung als auch eine Normierung auf die genutzte Fläche berücksichtigen (kWh/(HGT*m2))

Welche Energiekennzahlen gebildet werden sollten, hängt stark davon ab, wie der Gebäudenutzer „Energieeffizienz“ definiert. Für einen Brauereibesitzer ist eventuell der Energieeinsatz pro produzierter Flasche Bier interessant, für eine Stadtverwaltung der Verbrauch pro Quadratmeter und Lehrstunde an Schulen. Bei der Planung eines Energiemanagementsystems müssen also Kennzahlen definiert werden, die für den Anwender verständlich und aussagekräftig sind.

Wichtig ist, dass das eingesetzte technische System flexibel genug ist, um verschiedenste Normierungen und beliebige mathematische Operationen zur Anreicherung von Daten zu gewährleisten, wie beispielsweise die Berechnung der Heizgradtage aus der gemittelten Außentemperatur. Anpassungen und Änderungen an der Kennzahlenberechnung müssen schnell und unkompliziert durchführbar sein. Die flexible Umsetzung mathematischer Beziehungen kann auch für Konvertierungen genutzt werden, die im Energiemanagement häufig vorkommen, da Energieverbräuche teilweise indirekt gemessen werden müssen. Beispiele hierfür sind:

a) Der Gasverbrauch: Dieser wird meist in Volumen (m3) gemessen. Der Energieverbrauch ergibt sich aus dem Produkt des Volumens und des Energiegehaltes (Heizwert, sortenabhängig, zwischen 9,7…12,5kWh/m3 für Erdgas)

b) Der Ölverbrauch: Dieser wird in der Regel in Litern gemessen. Der Energieverbrauch ergibt sich aus dem Produkt des verbrauchten Volumens in Litern, der Dichte (0,820-0,845 kg/Liter) und des Energiegehaltes (Heizwert, zwischen 11,8 kWh/kg).

Hier stellt sich auch die Frage, an welcher Stelle der Systemarchitektur die Normierung, Konvertierung und Datenanreicherung durchgeführt werden soll. Viele Energiemanagementsysteme führen diese Operationen auf der obersten Systemebene – der Managementebene – durch. Das CentraLine-System geht einen etwas anderen Weg: Hier ist es dem Systempartner überlassen, ob er mathematische Zusammenhänge auf Managementebene oder auf Automatisierungsebene implementiert. Die Vorgehensweise zur Umsetzung ist in beiden Fällen identisch. Eine Implementierung auf Automatisierungsebene bietet jedoch den Vorteil, dass die Automatisierungsstationen „always on“, also ständig in Betrieb sind, und nicht wie ein PC auf Managementebene vom Anwender heruntergefahren werden können. Damit ist eine höhere Verfügbarkeit und somit eine bessere Datenqualität gewährleistet. Darüber hinaus kann die Automatisierungsstation bereits Vorauswertungen machen, zum Beispiel die Berechnung und Anzeige der Tages-, Monats- und Jahresverbräuche.

Das CentraLine-System erlaubt einen vollständigen Fernzugriff über einen Standard-Webbrowser sowohl auf den Supervisor als auch auf einzelne Automatisierungsstationen. Über den Browser können dabei nicht nur Verbrauchswerte abgefragt, sondern – eine entsprechende Berechtigung vorausgesetzt – alle notwendigen mathematischer Zusammenhänge programmiert und geändert werden. Teure, zeitraubende Anfahrtswege entfallen und eine flexible Anpassung des Systems im laufenden Betrieb ist möglich. Dies beinhaltet auch die Einbindung zusätzlich installierter Zähler in die Datenerfassung.

Archivierung der erfassten Daten und Kennzahlen

Erfasste Verbrauchsdaten und normierte Energiekennzahlen müssen gespeichert werden, um deren Zeitverläufe zu protokollieren. Da beim Energieverbrauch Langzeitbetrachtungen interessant sind, erfolgt die Speicherung der Daten meist auf Managementebene, da ein PC-basiertes System über erheblich mehr Speicherplatz verfügt als ein „Datenlogger“ auf Automatisierungsebene. Der Nachteil hierbei ist, dass Daten verloren gehen, wenn der PC heruntergefahren wird. Dies ist beispielsweise bei Betriebssystem-Updates der Fall. Das CentraLine AX-System geht deshalb auch hier einen etwas anderen Weg und kombiniert die Vorteile der ständigen Verfügbarkeit einer Automatisierungsstation mit dem hohen Speicherplatzangebot der Supervisor-Software. Die Automatisierungsstation dient als „Zwischenspeicher“ und kann Verbrauchsdaten für einen begrenzten Zeitraum puffern, wenn der Supervisor „offline“ ist. Der Zeitraum hängt vom Datenaufkommen ab und kann mehrere Wochen umfassen. Ist der Supervisor online, holt er sich die Daten aus den Automatisierungsstationen und legt sie für die Langzeitspeicherung in einer Datenbank ab. Dieses Vorgehen garantiert eine lückenlose Verbrauchswerterfassung. Die Datenbank der Supervisor-Software kann in die informationstechnischen Backup-Prozesse des Unternehmens integriert werden, wodurch die regelmäßige Sicherung der Daten gewährleistet ist.

Zusammenfassung Teil1:

Der bisherige Teil des Artikels hat sich auf die notwendigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen für Energiemanagementsysteme konzentriert: Welche Infrastruktur ist notwendig, welche Normierungen sind sinnvoll, um für den Kunden verständliche Kennzahlen zu ermitteln, wie kann eine Systemarchitektur aussehen und an welchen Stellen dieser Architektur sollte welche Information berechnet und gespeichert werden. Der Fokus im zweiten Teil liegt auf der Visualisierung und Auswertung von Verbrauchsdaten. Hier wird erläutert, wie Optimierungspotenzial entdeckt und analysiert werden kann.