Klimapolitik : Offener Brief: Die 1. Antwort
Wenige Tage nach der Forderung von Gaswirtschaft und Heizungsbranche haben am Donnerstag 245 österreichische Unternehmen einen weiteren Appell an die Bundesregierung veröffentlicht. In diesem offenen Brief werden allerdings völlig andere Forderungen aufgestellt. Konkret geht es um den Ausstieg aus fossilen Energieträgern und einen "österreichischen Green Deal".
Auf Initiative der Umweltschutzorganisationen WWF Österreich und GLOBAL 2000 fordern die Unternehmen gemeinsam mit dem WIFO von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler, "den Weg aus der Coronakrise auf allen Ebenen klima- und naturverträglich zu gestalten, damit Österreich langfristig krisensicher ist". Die Unternehmen beschäftigen gemeinsam 216.000 Menschen und repräsentieren einen Umsatz von 62 Mrd. Euro.
Neustart gefordert
„Damit sendet die österreichische Wirtschaft eine klare Botschaft an die Politik: Ein echter Neustart kann nur gelingen, wenn wir unsere Natur und unser Klima besser schützen. Es gibt kein Wirtschaften auf einem kaputten Planeten und es ist an der Politik, für eine krisensichere, planbare Zukunft der Wirtschaft zu sorgen“, sagen Lisa Simon vom WWF Österreich und Johannes Wahlmüller von GLOBAL 2000. Gemeinsam mit den Unternehmen fordern die Umweltschutzorganisationen einen österreichischen Green Deal, der Lebensgrundlagen schützt und zugleich Chancen für neue Arbeitsplätze und Unternehmen in Zukunftsbranchen eröffnet. Neben einem neuen Klimaschutzgesetz brauche es dafür auch eine öko-soziale Steuerreform.
Klar definierter Ausstieg aus fossilen Energien
Der geforderte Aktionsplan soll an fünf zentralen Punkten ansetzen, um die wirtschaftliche Zukunft Österreichs zu sichern und sie in Einklang mit Natur- und Klimaschutzmaßnahmen zu bringen. Damit können wichtige Schritte in Richtung des Regierungsziels der Klimaneutralität 2040 gesetzt werden. „Ein klar definierter Plan zum Ausstieg aus fossilen Energien schafft das Fundament für eine langfristige Planungs- und Investitionssicherheit. Österreich könnte so seinen Wirtschaftsstandort langfristig stärken und eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen“, erklärt WIFO-Expertin Daniela Kletzan-Slamanig.
Vorgaben fürs Energiesparen
Möglich wird die Energiewende nur durch eine starke Senkung des Energieverbrauchs. Unternehmen und ihre Kunden brauchen hier klare Vorgaben, sagt Robert Schmid, Geschäftsführer der Schmid Industrie Holding: „Die einzige Energie, die klimaneutral ist, ist die nichtverbrauchte Energie. Daher ist das Dämmen von Häusern und die Versorgung mit Waren aus der Region der beste Weg, um unser Leben nachhaltiger zu machen ohne auf Komfort zu verzichten. Wir können damit tausende Arbeitsplätze in unseren Branchen schaffen und sichern.“ Vöslauer-Geschäftsführer Herbert Schlossnikl betont: „Der Einsatz erneuerbarer Energien in Produktionsprozessen ist eine zentrale Herausforderung, für die es eine Lösung braucht, ebenso wie Unterstützung für die Realisierung nachhaltiger Innovationen im Recyclingbereich, um die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen zu stärken. Die Regierung muss einen verlässlichen Fahrplan vorlegen.“
Für den Bereich Verkehr und Mobilität betont Clemens Först, Vorstandssprecher der ÖBB Rail Cargo Group: „Wir unterstützen die Bundesregierung auf ihrem Weg zur nachhaltigen Mobilitätswende. Um noch mehr Unternehmen zu überzeugen, arbeiten wir intensiv an innovativen Produkten und einem einfachen Zugang zum System Schiene im Rahmen unserer Digitalisierungsoffensive. Erfolgsentscheidend sind jedoch faire Wettbewerbsbedingungen mit der Straße, Kostenwahrheit und eine leistungsfähige europäische Infrastruktur.“
Die fünf Forderungen im Detail
Planungs- und Investitionssicherheit schaffen: Ein verbindlicher und klar definierter Ausstiegspfad aus fossilen Energien bis zur Erreichung der im Regierungsprogramm beschlossenen Klimaneutralität 2040 ist eine zentrale Grundlage für vorausschauende Investitionen der Wirtschaft. Neben einem neuen Klimaschutzgesetz braucht es dafür ein optimiertes Steuersystem, das Investitionen in klimafreundliche Technologien begünstigt und den Einsatz fossiler Energien schrittweise unattraktiver macht.
Energiespar-Offensive starten: Wir können die Klimaziele nur dann erreichen, wenn der gesamte Energieverbrauch deutlich gesenkt wird. Notwendig dafür sind ein erfolgreiches Energie-Effizienz-Gesetz und stärkere Anreize für energiesparende Technologien.
Erneuerbare Energien ausbauen: Der naturverträgliche und effiziente Ausbau Erneuerbarer Energie ist eine Win-Win-Situation für die heimische Wirtschaft. Die knappen Potentiale sollen zielgerichtet eingesetzt werden. Erneuerbare Gase (Wasserstoff, Biogas etc.) sollen daher nur in jenen Bereichen eingesetzt werden, in denen noch keine anderen Alternativen vorhanden sind. Vor allem sind das einige industrielle Prozesse, der Einsatz als Rohstoff in einzelnen Bereichen der Chemischen Industrie und Ausgleichsenergie im Stromnetz. Im Raumwärmebereich und im Straßenverkehr gibt es effizientere Alternativen.
Klima- und naturverträgliche Konjunkturpakete schnüren: Bei den kommenden Konjunkturpaketen in Österreich und der EU sind die vorhandenen Mittel bestmöglich für Klima- und Naturschutz-Investitionen zu nützen. Investitionen in naturverträgliche saubere Energien, in umweltfreundliche Mobilitätsformen und in den Schutz von Ökosystemen beleben unsere Wirtschaft deutlich nachhaltiger als Investitionen in fossile Energieträger.
Konsequente Vorreiterrolle in Europa einnehmen: Starke EU-Initiativen und entsprechende Rahmenbedingungen helfen uns, die Klimaziele rascher und effizienter zu erreichen. Wenn andere EU-Staaten den gleichen Weg gehen, eröffnet das neue Märkte für sparsame Energietechnologien, erneuerbare Energien und die heimische Umwelttechnologie-Branche. Die Bundesregierung sollte daher bei allen klimarelevanten EU-Beschlüssen eine positive Vorreiterrolle einnehmen und damit dazu beitragen, dass Arbeitsplätze in Österreich geschaffen werden und heimische Klimaschutzlösungen exportiert werden können.