Gebäudereinigung : "Putzen kann jeder, reinigen nicht"

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„Putzen kann jeder, reinigen nicht“. Danach lebt und arbeitet Christoph Guserl, Geschäftsführer der Wiener Gebäudereinigungsakademie. Auf den mehr als 1.100 Quadratmetern sieht es ein bisschen aus wie in der Kulisse eines mittelgroßen deutschsprachigen Theaters: ein Hotelzimmer findet man hier, einen OP und einen U-Bahn-Waggon. Geprobt wird aber immer das gleiche Stück: die richtige Behandlung verschiedener Oberflächen.

Wider den Wurm

Betritt man die Akademie, so kommt man zuerst in eine große Halle mit mehreren Abteilen, die mit verschiedenen Bodenbelägen ausgestattet sind. Hier lernen die Kursteilnehmer und Auszubildenden, welche Reinigungsmittel Schmutz am besten entfernen, und vor allem auch, welche den Boden nicht beschädigen. In der Halle befindet sich außerdem ein Konstrukt aus Holzbalken, an denen die Schädlingsbekämpfung demonstriert und geübt werden kann.

Nur die Patienten fehlen

Neben den Ein- bis Sechstageskursen kann man in der Akademie auch die Ausbildung zum Reinigungstechniker machen. Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, gibt es elf Musterräume, in denen den Lehrlingen das Zusammenspiel von Oberflächen und Reinigungsmittel beigebracht wird. Zu den Musterräumen zählen ganz gewöhnliche Hotelzimmer und Arzträume, aber auch ein OP, mit Liege und diversen Gerätschaften - nur die Patienten fehlen. Das Spannende dabei: Alle Geräte in den Musterräumen sind voll funktionsfähig. Die einzige Ausnahme ist der Lift – der befördert niemanden und ist nur für Demonstrationszwecke da. Das Highlight ist jedoch der originale Wagon einer ehemaligen Wiener U-Bahn. Dieser befindet sich im ersten Stock des Gebäudes, direkt im Besprechungsraum.

Wider den Niedriglohn

Die meisten Kursteilnehmer und Auszubildenden kommen von Reinigungsunternehmen, aber auch Privatpersonen nehmen an den Einheiten teil. Durch die Teilnahme und den Erhalt eines Zertifikats sollen die Jobchancen deutlich steigen, meint Christoph Guserl. „Gerade in Führungsposition – egal ob als einfacher Vorarbeiter oder als ausgebildeter Meister – hat man viel höhere Chancen, einen guten Arbeitsplatz zu finden“, erklärt Guserl im Interview mit TGA. Das Problem der mangelnden Professionalität in der Reinigungsbranche sieht Guserl in den Auftraggebern: „Wenn ich mein Auto in die Werkstatt bringe, dann macht es mir nichts aus, 80 Euro für eine kleine Reparatur zu bezahlen. Doch die Reinigungskraft darf nicht mehr als 20 Euro die Stunde kosten“, veranschaulicht er das Denken der Unternehmen. Eine professionelle Reinigung führt nicht nur zu mehr Hygiene, sondern schützt auch vor der Beschädigung sensibler Oberflächen.

Wider den Essigreiniger

Mangelhaft ausgebildete Reinigungskräfte verwenden häufig zu aggressive Reinigungsmittel auf sensiblen Oberflächen. Als Beispiel nennt Guserl den im Haushalt sehr beliebten Essigreiniger: Dieser ist nicht nur für viele Oberflächen ungeeignet sondern schadet zudem auch noch den Atemwegen. In der Gebäudereinigungsakademie soll es nicht um das schnöde Auswendiglernen von Reinigungsmitteln und Oberflächen gehen, sondern um das Zusammenspiel der Elemente. „Am wichtigsten ist es, zu verstehen, wie sich die Inhaltsstoffe von Putzmitteln zu bestimmten Möbeln oder Böden verhalten“, erklärt Guserl mit Leidenschaft. Denn Putzen, das wissen wir nun, kann ja jeder. Aber Reinigen nur die wenigsten.