EAG : Warnung vor Kostenbelastung durch Grünes Gas

Grundsätzlich seien die Betreiber der Strom- und Gas-Verteilernetze Feuer und Flamme für das bevorstehende Gesetz zum Ausbau der Erneuerbaren Energien (EAG), betont Thomas Maderbacher, Geschäftführer der Wiener Netze. Doch im Detail enthält der aktuelle Entwurf eine Reihe von Fallstricken, die bei der Umsetzung zu Problemen führen und zu hohen Mehrkosten für die Konsumenten führen könnten. Davor warnte Maderbacher gemeinsam mit der Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 11. Mai 2021.

„Das EAG ist ein wichtiger Baustein der Energiewende“, so Ederer, „es ist uns aber wichtig, dass dabei neben dem Klimaschutz auch zwei andere Ziele im Auge behalten werden müssen, nämlich die Versorgungssicherheit und die soziale Verträglichkeit. Eine unnötige Mehrbelastung der Bezieher von Gas und Strom muss unbedingt vermieden werden.“

Energiegemeinschaften: Komplizierte Abrechnung

Höhere Netzkosten könnten entstehen, wenn die derzeitigen Regeln für Energiegemeinschaften unverändert Gesetz werden, rechnete Maderbacher vor. Demnach könnte nämlich ein einzelner Stromkunde Mitglied in beliebig vielen Energiegemeinschaften werden. Auch die Zahl der Mitglieder einer solchen Gemeinschaft ist nicht limitiert. Es wird Aufgabe der Netzbetreiber sein, den wechselseitigen Bezug von Strom unter diesen Haushalten zu messen und abzurechnen. „Das wird ab einer gewissen Anzahl unübersehbar komplex“, so Maderbacher, „weil es auch keine Regeln für die serielle Bearbeitung gibt. Man kann die eine Gemeinschaft erst abrechnen, wenn die Zuteilungen aus einer anderen fertiggestellt wurden. Wenn die Energiegemeinschaft nicht nur lokal organisiert ist, sind noch dazu mehrere Netzbetreiber involviert.“

Die Vielzahl an Mess- und Rechenoperationen kosten Geld, die Netzgebühren (die Teil des Strompreises sind) würden unweigerlich massiv ansteigen. Zudem müsste die nötige IT für derart komplexe Abrechnungsvorgänge erst noch aufgebaut werden, was die Einführung von Energiegemeinschaften verzögern würde. Maderbacher forderte daher: „Das Gesetz sollte klarstellen, dass ein Stromkunde immer nur bei einer Energiegemeinschaft Mitglied sein kann. Alles andere kostet nur Geld und bringt dem Klimaschutz keinerlei Vorteile.“

Im Notfall muss abgeregelt werden

Mit der Zunahme an kleinen und mittelgroßen Erzeugungsanlagen von Ökostrom wird auch die Netzstabilität zu einer Herausforderung. Damit die Netze bei Überlastung nicht zusammenbrechen, haben die Netzbetreiber das Recht, Leistungsspitzen abzuregeln. Das heißt, dass Strom nicht ins Netz geliefert werden kann, obwohl er gerade – bei heftigem Wind oder besonders strahlendem Sonnenschein – im Übermaß zur Verfügung steht. Die Regierung plant, dieses Abregeln mit maximal 1Prozent der durchschnittlichen Jahreserzeugung zu beschränken.

Im Ernstfall könnte das zu wenig sein, sagte Maderbacher: „Viel sinnvoller wäre es, nicht die Menge zu regeln, sondern wie in Deutschland einen Prozentsatz der maximalen Leistung zu definieren.“ Andernfalls müsste die Kapazität der Netze massiv ausgebaut werden, damit auch seltene Leistungsspitzen bewältigt werden können, was hohe Kosten verursachen würde. Kosten, die vermeidbar sind, betonte Maderbacher: „Wenn die Netzbetreiber die Möglichkeit haben, bei Bedarf 25-30 Prozent der maximalen Leistung abzuregeln, dann gehen den Erzeugern nur 3-5 Prozent der produzierten Jahresmenge verloren – aber die Netze können insgesamt wesentlich mehr Energie aufnehmen.“

Wer zahlt für Grünes Gas?

Das Urteil „gut gemeint, aber…“ trifft auch auf die geplante Förderung für die Produktion von Gas aus erneuerbaren Quellen zu, erläuterte Maderbacher abschließend. Zwar begrüßen es die Verteilernetzbetreiber, dass Grünes Gas in der Klimastrategie eine wichtige Rolle spielt. Die Netzbetreiber lehnen aber das Vorhaben ab, die Produktion von Wasserstoff und Biomethan über einen Zuschlag zu den Netzgebühren (analog zum Ökostrom) zu fördern. „Damit würden diese Gebühren massiv in die Höhe schnellen“, so Maderbacher. Vor allem aber soll nach den Plänen der Regierung Grünes Gas künftig aus den Haushalten verdrängt werden, also nicht mehr für Heizung und Warmwasser zur Verfügung stehen, sondern nur mehr für gewerbliche und industrielle Zwecke. Maderbacher: „Es ist nicht einzusehen, dass die Netzkunden für die Produktion von Gas bezahlen, das später gar nicht zu ihnen gelangt.“