Kolumne : Beim Schadenersatz gelten Wortsinn und Wille

Eine Person in Anzug hält ein rotes Paragrafen-Zeichen in der Hand.
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Was ist eine Konventionalstrafe? Darunter versteht man einen pauschalisierten Schadenersatz, der von den Parteien im Vorhinein vereinbart wird. Sie soll vor allem „Erfüllungsdruck“ bewirken, indem sie den Schuldner zur korrekten Erfüllung seiner Verpflichtungen veranlasst. Wann sie tatsächlich zu entrichten ist, ist von der Vertragsauslegung abhängig.

GU im Verzug: Ein Sachverhaltsbeispiel

Eine Generalunternehmerin (GU) wurde von einem Bauherrn mit der Errichtung einer Wohnhausanlage beauftragt. Im GU-Vertrag war eine Konventionalstrafe bei Verzug bei den Lieferterminen vereinbart. Die GU beauftragte wiederum ein Subunternehmen (SubU) mit der Anfertigung und Montage der Wohnungseingangs- und Innentüren. Mit diesem wurde ein Leistungszeitraum und eine gestaffelte Vertragsstrafe für „Zwischentermine und Endtermin“, sowie eine Höchstgrenze von „maximal 5 Prozent der Auftragssumme“, vereinbart.

Aufgrund verzögerter Leistungen des SubU konnte der GU erst verspätet an den Bauherrn liefern, woraufhin das GU eine Pönale zu zahlen hatte. Die GU verlangte vom SubU daraufhin zusätzlich zur Vertragsstrafe Schadenersatz.

Rechtliche Beurteilung des OGH

Dieser Rechtsstreit landete vor dem Obersten Gerichtshof, der gegen einen Anspruch auf Schadenersatz über die vereinbarte Konventionalstrafe hinaus entschied (OGH 24.01.2020, 8 Ob 119/19m). Gemäß § 1336 Abs 3 ABGB kann neben der Konventionalstrafe auch der Ersatz des übersteigenden Schadens geltend gemacht werden. Dabei handelt es sich um dispositives (nicht zwingendes) Recht. Daher kann davon durch Vereinbarung abgewichen werden. Ob Schadenersatz geltend gemacht werden kann, ist demnach vom Einzelfall abhängig und nach der Vertragsauslegung zu bestimmen.

Zunächst ist dabei auf den Wortsinn der Vertragsregelung und auf seine gewöhnliche Bedeutung abzustellen. Darüber hinaus ist die Absicht der Vertragsparteien ausschlaggebend, letztlich ist die Übung des redlichen Verkehrs maßgeblich dafür, wie der Vertrag auszulegen ist. Der OGH stellte zum konkreten Sachverhalt fest, dass durch eine Begrenzung der Vertragsstrafe für den Schuldner Rechtssicherheit zur Höhe des drohenden Schadenersatzes geschaffen wird.

Der GU wusste, dass die vereinbarte Pönalstrafe mit dem Bauherrn jene mit dem Subunternehmer wesentlich überschreitet und dadurch die vereinbarte Höchstgrenze übersteigen kann. Daher sah der OGH keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien einen höheren Schadenersatz festlegen wollten.

Fazit: Der Wille der Vertragsparteien ist entscheidend

Eine vertragliche Höchstgrenze bei Konventionalstrafen (Pönale) ist ein Indiz dafür, dass die Vertragsparteien keinen höheren Schadenersatz vereinbaren wollten. Bei der Vereinbarung von Konventionalstrafen sollte daher ausdrücklich geregelt werden, ob ein darüberhinausgehender Schadenersatz geltend gemacht werden kann.