Coronavirus : Wer am meisten unter der Coronakrise leidet

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Auf 569 Millionen Euro sollte sich der coronabedingte Verlust an Bruttowertschöpfung in Österreich für das Gesamtjahr belaufen, so die Industriellenvereinigung (IV) im Februar. Damals ging man davon aus, dass lediglich die bilateralen Geschäfte zwischen China und Österreich Auswirkungen auf das BIP haben werden. Dann kam der globale Shutdown. Nun spricht die Industriellenvereinigung von einem Gesamtverlust von 30,9 Milliarden Euro und damit einem Rückgang der Bruttowertschöpfung um 7,6 Prozent. Damit befindet sich Österreich in der tiefsten Rezession in Friedenszeiten seit der Großen Depression. Stimmen die Schätzungen der IV, fällt der Rückgang der österreichischen Wirtschaftsleistung damit voraussichtlich doppelt so hoch aus wie jener im Zuge der Wirtschaftskrise 2008.

Nicht nur der globale Shutdown lässt den Gesamtverlust in die Höhe schnellen, die IV hat noch zwei weitere Faktoren in ihre Berechnungen einbezogen: Das asynchrone Wiederhochfahren der Wirtschaft und fortbestehende Verluste durch abgesagte Messen und Marktaustritte durch Geschäftsschließungen beeinflussen das Ergebnis der Analyse zusätzlich. Dabei ist nicht nur das Ausmaß der COVID-19 Pandemie außergewöhnlich, es handelt sich hier um eine ganz neue Art der Krise, ist IV-Chefökonom Christan Helmenstein überzeugt: „Das Neue an dieser Krise ist, dass primär der Dienstleistungssektor betroffen ist.“ In bisherigen Rezessionen war es vor allem der globale Handel, der unter der Krisensituation litt. „Unternehmen, die international stark exponiert waren und sind, haben mit globalen Krisen Erfahrung. Der Dienstleistungssektor ist aber nicht international exponiert und hat damit auch keinerlei Erfahrung mit Großkrisen. Wir sprechen hier also nicht von einem Problem, das sich unter Großkonzernen und KMUs aufteilt, es geht hier um ein sektorales Problem“, so Helmenstein. Die Industrie sieht der Ökonom hier erprobt, denn sie durchlebt alle paar Jahre eine globale Großkrise. Dienstleister hingegen waren bisher selten von internationalen Krisen betroffen und stehen nun vor völlig neuen Herausforderungen. Plötzliche Schließungen der Filialen und Betriebe verunsichern viele Unternehmer und drängen manche sogar an den Rand der Existenz.

Nicht ohne Digitalisierung

„Die Unternehmen müssen nun dringend darauf achten, liquide zu bleiben. Die Angebote der Regierung sollten genutzt werden. Gleichzeitig gilt es, die Kostenbasis zu minimieren“, sagt Helmenstein und lobt darauf das Kurzarbeitsprogramm: „Es ist schwieriger, Personen, die bereits arbeitslos waren, wieder in einen Betrieb zu integrieren als sie einfach aus der Kurzarbeit zu holen. Betriebe sollten dieses Modell daher dringend nutzen.“ Durch die Hilfsmaßnahmen der Regierung und liquiditätssichernde Maßnahmen, könne man gut durch die Krise kommen, meint der IV-Chefökonom. Gleichzeitig gilt es aber auch in die weitere Entwicklung des Unternehmens zu investieren. Einen Punkt spricht der Experte dabei ganz explizit an: Die Digitalisierung. „Man muss im Onlinehandel präsent sein, um den Lockdown zu überstehen“, ist Helmenstein überzeugt. In den vergangenen Wochen hat sich gezeigt, dass Unternehmen, die Onlineshops betreiben, besser durch die Krise kommen, als jene Unternehmen ohne digitales Einkaufsangebot. Mit dem Ende des Lockdowns, ist nicht automatisch damit zu rechnen, dass Kunden nun die Läden stürmen. Durch Zugangsbeschränkungen und Hygienevorschriften in Geschäften, bleiben Onlineshops weiterhin attraktiv.

Am stärksten profitieren aber immer noch etablierte und große Onlinehändler, allen voran Amazon. Der Umsatz des Konzerns stieg mit der Coronakrise um 26 Prozent auf 75,5 Milliarden US-Dollar. Um dem entgegenzuwirken und die Wertschöpfung in den rund 12.000 österreichischen Webshops zu halten, hat der Handelsverband ein Verzeichnis für den digitalen Nicht-Lebensmittelhandel erstellt. Der Handelsverband lädt alle Händler mit weniger als 10 Millionen Euro Umsatz oder weniger als zehn Mitarbeitern ein, den Service kostenlos zu nutzen. "Alle Onlineshop-Betreiber, die bei eCommerce Austria gelistet werden wollen, können das ganz einfach und kostenlos über unsere Plattform KMU RETAIL machen", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Auf den verstärkten analogen Verkauf hoffen die Händler indes seit 2. Mai. An diesem Samstag durften Geschäfte und Showrooms wieder betreten werden. So öffnete unter anderem auch Daikin Anfang Mai die Pforten seines Flagship-Stores in Wien. Auch das Werk in Belgien läuft nun wieder mit voller Kapazität. In Italien wird der Betrieb aber nur langsam wieder aufgenommen: „Die Daikin Produktionsstätten in Italien werden aktuell schon wieder Schritt für Schritt hochgefahren“, so Claus Albel, General Manager Sales Austria bei Daikin.

Grenzöffnung muss synchron erfolgen

Italien ist wegen der extrem schnellen Ausbreitung des Coronavirus für die gesamte österreichische Industrie nach wie vor ein Sorgenkind. Positiv hat sich hingegen China entwickelt, dort wurde die Produktion wieder voll aufgenommen. Auch der Import laufe dank des Luftverkehrs gut, meint Helmenstein: „Der Luftverkehr ist derzeit das logistische Rückgrat.“ Schwieriger gestalten sich Import und Export an Land – nicht nur interkontinental. „Sobald mehrere Grenzen passiert werden müssen, wird es kompliziert.“ So gibt es laut Helmenstein derzeit auch Probleme beim Transport von Produkten aus den Niederlanden oder Frankreich. Wichtig sei es hier, zusammenzuarbeiten: „Es braucht eine synchrone Bewegung in Europa“, sagt Helmenstein gegenüber TGA.

Mit einer wirtschaftlichen Erholung rechnet die Industriellenvereinigung im dritten Quartal 2020. „Ein kräftiger Rebound-Effekt ist ab dem vierten Quartal 2020 vor allem im Bereich der Investitionsaktivitäten zu erwarten, während sich die privaten Konsumausgaben nur allmählich während der Jahre 2020 und 2021 erholen werden“, schreibt die IV in einem öffentlichen Paper. Helmenstein warnt aber vor einem zu schnellen Normalitätsgefühl in den Betrieben: „Das Abstandhalten und Tragen von Masken muss auch weiterhin eingehalten werden. Letzten Endes geht es nicht um das Datum des Hochfahrens, sondern um die Disziplin aller Beteiligten.“