Kalte Nahwärme in der Praxis : Anergie: Heizen mit dem, was bisher verloren ging
Auf dem Weg zur Definition von Anergie beginnt man am besten mit bereits bekannten Begriffen: Da wäre zum Beispiel die Fernwärme, ebenso ihr "kleiner Bruder", die Nahwärme. Anders als bei diesen klassischen Systemen, die ein Heizwerk und den Einsatz von Brennstoffen erfordern, kommt das innovative Konzept der Anergie, auch kalte Nahwärme genannt, ganz ohne Verbrennung aus. Was genau steckt dahinter und warum wird darüber zunehmend in der Gebäudetechnik gesprochen?
Energie als physikalische Größe, mit der Arbeit verrichtet wird – sei es in Form von Wärme, Bewegung oder elektrischer Energie – ist einfach erklärt. Damit treiben wir Autos oder Elektrofahrräder an, und wenn wir in uns genug Energie haben, treten wir selber in die Pedale, um von A nach B zu kommen. Anergie hingegen beschreibt jenen Energieanteil, der "übrig bleibt", zum Beispiel die natürliche Wärme des Erdbodens oder die Abwärme von Klimaanlagen. Die Temperatur ist dabei zwar zu niedrig, um direkt für Raumwärme oder Warmwasser genutzt zu werden, kann jedoch mithilfe von Wärmepumpen umgewandelt werden.
Dieses Konzept ermöglicht eine effiziente und nachhaltige Energieversorgung und wird zunehmend nachgefragt. Ein innovatives Beispiel für die Nutzung von Anergienetzen ist das Projekt Smart Block in der Wiener Geblergasse. Nach einer Sockelsanierung wurde erstmals eine Solar- und Geothermie-basierte Energieversorgung in einem Gründerzeit-Häuserblock realisiert. Mit der Zeit soll so ein dezentrales Anergienetz für den gesamten Häuserblock entstehen.
Die TGA ist der Sache für "reNEWSable" auf den Grund gegangen und hat dafür bei der ÖGUT, einem Planungsbüro, direkt beim Betreiber des Smart Blocks Geblergasse und einem Experten für intelligente Regelgeräte nachgefragt.
Kalte Nahwärme in Theorie und Praxis
⇨ Bianca Pfefferer von der österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) ist Expertin für Energie und innovatives Bauen. Im Studiogespräch mit Klaus Paukovits lotet sie aus, was Anergienetze genau sind und warum sie statt einem Grenadiermarsch zum Heizen eher mit dem Herauftauchen von Perlen gleichzusetzen sind.
⇨ Der erfahrene Gebäudetechnik-Planer Wieland Moser vom Ingenieurbüro Käferhaus hat in den letzten Jahren nicht nur rund 150 Machbarkeitsstudien zu Anergieprojekten durchgeführt, sondern auch die Gebäudetechnik für das Projekt in der Geblergasse geplant. Gemeinsam mit ihm deckt Lena Wechselberger das Rezept hinter erfolgreichen Projekten auf.
⇨Architekt und Bauherr der Geblergasse, Johannes Zeininger von Zeininger Architekten, stellt den mit dem Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit ausgezeichneten Smart Block aus nächster Nähe vor. Ein Blick in den Technikraum zeigt das ausgeklügelte Energiekonzept hinter den Kulissen.
⇨ Komplexe Energiesysteme, wie sie in Anergienetzen oft ausgeführt sind, benötigen auch ein zentrales "Hirn" in Form einer Regelung. Expertin Tina Miedler von der Technische Alternative RT GmbH zeigt, welche Möglichkeiten es dafür gibt und erklärt, warum eine Lösung von der Stange häufig nicht ausreicht.