Die „Anergie-Avantgarde“ ist in der Schweiz daheim. Bereits 2013 wurde ein Anergienetz am Campus Hönggerberg der ETH Zürich in Betrieb genommen. Seit gut zehn Jahren ragen hier 400 Erdwärmesonden mit in Summe 82 Sondenkilometern in die Tiefe, um den Wärme- und Kältebedarf der Forschungseinrichtung mit 12.000 Studierenden und Mitarbeitenden zu decken.
Drei Erdsondenfelder speichern Wärme und Kälte im Boden. Ein Leitungssystem verbindet die Speicher mit den Energiezentralen, die die Versorgung der mehr als 30 Gebäude regeln. Diese werden somit über ein Niedertemperatur-Verteilnetz versorgt.
Vom
geringen Temperaturniveau rührt die Bezeichnung der Anergie als „kalte Nahwärme“. Dieses bewegt sich in einem Bereich zwischen
5 und 20 Grad Celsius und reicht damit nicht für die direkte Beheizung eines Objekts. Daher sorgen Wärmepumpen in den Gebäuden selbst für eine Anhebung der Temperaturen zur Beheizung. Aufgrund der geringen Netztemperatur kann mit Anergie auch Kälte für die direkte passive Kühlung bereitgestellt werden.
Während die Schweiz einen Frühstart hingelegt hat, wurden auch im skandinavischen Raum bis heute überdurchschnittlich viele Anergie-Projekte umgesetzt. Eine wissenschaftliche Arbeit listet knapp 50 kalte Nahwärmenetze in Deutschland auf (
Stand: Dezember 2022). Ein näherer Blick auf die Projekte zeigt die
Vielfalt möglicher Wärmequellen. Das reicht von
Geothermie-Kollektoren und -Sonden bis zur
Solarthermie, von Grund- und Brunnenwasser bis zu Abwässern, von industrieller und gewerblicher Abwärme über Kühllasten von Bürokomplexen bis zur Außenluft.