Handwerker-Model : „Baustelle und Laufsteg: das ist die Erfüllung meiner Träume“
Warum wurden Sie eigentlich Anlagenmechanikerin?
Die Wahl des Berufs ist eine Entscheidung fürs Leben. Genau wie bei der Wahl des Partners wusste ich einfach sofort: Das ist es. Ich glaube, mein Vater, ein selbstständiger Fliesenleger, und mein Bruder, ein selbstständiger Landwirtschaftlicher Lohnunternehmer, sind dafür mit verantwortlich. Nach der Schule habe ich ihnen immer zugesehen und geholfen.
Als ich dann meine Praktika machte, habe ich auch eins als Anlagenmechanikerin gemacht. Und von dem Moment an wusste ich: Das will ich werden. Ich war in einer Bad-Ausstellung und mein Chef sagte: „Diese Badezimmer bauen wir für unsere Kunden. Aus einer Rohbaustelle entsteht eine Wohlfühloase.“
Wenn ich mit Kunden ein Bad plane und die Einzelheiten bespreche, bin ich fasziniert von der Vielfalt und Schönheit. Immer wenn das Badezimmer komplett fertig ist, probiere ich alles einmal aus. Wenn aus der neuen Armatur das Wasser fließt und in die neue Badewanne läuft, hat es etwas einzigartig Schönes. Das ist ein beruhigender und schöner Moment.
Was lieben Sie besonders und was mögen Sie weniger?
Eigentlich mag ich alles an meinem Beruf, ich freue mich morgens auf den Tag. Was ihn etwas verderben kann: Wenn man vor dem Frühstück schon eine verstopfte Toilette reinigen muss. Ich wundere mich oft, was Menschen alles im Klo runterspülen.
Wie haben Sie sich 2012 auf Ihre Teilnahme zur „Miss Handwerk“ vorbereitet?
Eigentlich gar nicht; kein Solarium, keine Maniküre oder so. Ich bin einfach hingegangen, war freundlich und überrascht was eigentlich passierte. Es hat mir großen Spaß gemacht, ein wenig erinnerte es mich daran, wie es war, früher Barbie zu spielen. Der Tag verging wie im Flug, und plötzlich war ich Zweite. Dass dieser Tag mein Leben mal so verändern würde, war mir damals nicht klar.
Was passierte dann?
Eine TV-Produktionsfirma suchte Protagonisten für die TV Sendung „Aschenputtel Projekt“. Ich sollte mit einer reichen Frau mein Leben für 14 Tage tauschen. Dafür gab es 1.500 Euro, genau so viel kostete mein Traum-Sattel fürs Dressur-Reiten. In meiner Ausbildung zur Anlagenmechanikerin, war das eine ganze Stange Geld. Darum machte ich mit und flog nach Marbella. Am schönsten war es aber, als ich wieder zu Hause war. Ich liebe einfach mein Dorf, das hat sich bis heute nicht verändert.
Nach der Ausstrahlung nahmen mich Model-Agenturen in ihrer Kartei auf. Schnell entdeckten mich Kunden bei den Agenturen und plötzlich war ich ein gut gebuchtes Model. Bis heute ist es die Mischung aus Baustelle und Laufsteg, die mich fasziniert. Es ist dieses abwechslungsreiche Leben, das mich fasziniert.
Die Designer sagen immer, ich sei so schön, und hätte so ein aufregendes Gesicht. Ich selber sehe mich als eine ganz normale junge Frau. In der Schule wurde ich oft gemobbt. Ich war sehr schlaksig, hatte rote Haare und Sommersprossen. Heute folgen mir diese Jungs von damals auf Instagram und liken meine Fotos.
Sie haben auch mit der Österreicherin Lena Hoschek zusammengearbeitet. Was war das Besondere daran?
Als ich bei der Fashion Week das Atelier von Lena in Berlin betrat, spürte ich diese Herzlichkeit. Es waren Snacks für die Models bereit gestellt, keine Selbstverständlichkeit. Ich sah ihre bezaubernden Kleider. Ich bekam den Job – und aus einem kurzen Casting wurde eine tolle Zusammenarbeit. Im nächsten Sommer hat Lena mich ohne Casting direkt für die Fashion Week gebucht. Im Anschluss hat mein Freund mir einen Heiratsantrag gemacht. Das ganze Team von Lena Hoschek hat mitgeholfen, die Überraschung für mich perfekt zu machen. Und wenn wir heiraten, werde ich mir ein Hochzeitskleid bei Lena aussuchen. Sie macht so schöne Kleider, einfach traumhaft.
Was fehlt Ihnen am Laufsteg und was im Heizungskeller?
Fehlen würde mir nur etwas, wenn ich auf eins von Beidem verzichten müsste. Es ist die Abwechslung, die mich so glücklich macht. Sushi am Laufsteg, geschminkt im Blitzlicht-Gewitter und dann ein Mettwurst-Brot auf der verstaubten Baustelle, nachdem ich eine Rohrleitung aufgestemmt habe. Der Staub knirscht noch etwas in den Zähnen beim Brot essen, und man überlegt sich die nächsten Arbeitsgänge.
Wo gibt es Überschneidungen zwischen den beiden Bereichen?
Das passiert in letzter Zeit immer häufiger. Mit wachsendem Bekanntheitsgrad buchen mich immer mehr Konzerne, die mit dem Handwerk zu tun haben. Für den Arbeitskleidung-Hersteller Mascot bin ich Markenbotschafterin und ich bekomme immer die neueste Arbeitskleidung. In meiner Ausbildung zur Klempnerin habe ich meine Arbeitsschuhe immer getragen, bis sie fast keine Sohle mehr hatten, zuletzt kam dann immer schon Wasser durch. Ein neues Paar kostete ja auch einen erheblichen Teil meines Lehrlingsgehalt.
Auf der SHK-Messe 2018 in Essen moderiere ich an einem Stand für einen großen Sanitär-Hersteller. Anstatt eine Eintrittskarte zu kaufen, um die neusten Produkte zu bestaunen, bekomme ich eine Gage, damit ich da bin. Wahnsinn, wie sich das alles entwickelt hat. Manchmal denke ich, hoffentlich ist es nicht nur ein Traum.
Was sind die größten Unterschiede?
Auf der Baustelle fokussiere ich mich auf meine Arbeit. Es ist ruhig und vertraut. Beim Modeln ist es diese Schnelllebigkeit. Ich liebe beides, aber dosiert. Ich arbeite in einem kleinem Klempner-Betrieb, dadurch ist die Arbeit sehr abwechslungsreich – von der Heizungswartung über Dacharbeiten bis hin zum neuen Bad. Auf RTL2 bin ich zu sehen, wie ich mein Haus selbst renoviere. Die neuen Folgen werden Anfang 2018 gezeigt.
Wie groß ist der Handwerksbetrieb, in dem Sie arbeiten?
Es gibt nur meinen Chef und mich. Als ich meine Ausbildung begann, war es gar nicht so einfach, einen Betrieb zu finden. Meine Schulnoten waren gut, aber viele Betriebsleiter hatten Bedenken: ein Mädchen unter den ganzen Jungs, das bringt sicherlich Unruhe. Sie ist so dünn, es ist sicherlich körperlich zu anstrengend.
Bei meinem Chef bin ich seit sieben Jahren und er ist sehr zufrieden mit mir. Ich fahre immer mit den Kunden zur Bad-Ausstellung und besonders die Frauen fühlen sich sehr gut beraten. Ältere Kundinnen sagen, dass sie sich wohler fühlen, wenn eine Frau zur Reparatur kommt. Inzwischen kommen immer mehr Aufträge von neuen Kunden die von mir in der Zeitung gelesen oder im TV gehört haben.
Welche Unterstützung bekommen Sie von Ihrem Chef?
Mein Chef hat mich immer unterstützt und ich ihn. Ich arbeite seit einem Jahr nur noch halbtags auf der Baustelle. Also zwei oder drei Tage Woche die Woche. Die restliche Zeit bin ich als Model unterwegs. Jede Woche planen wir zusammen die Tage, an denen wir die Baustellen abarbeiten und legen diese um meine Model-Jobs herum. Er freut sich mit mir über den Erfolg als Model. Wenn es abends mal länger wird, schau ich auch nicht auf die Uhr. Feierabend ist für mich, wenn die Reparatur abgeschlossen ist.
Wer ist Ihr größter Fan?
Meine Familie und mein Verlobter. Sie freuen sich immer mit mir und begleiten mich oft. Inzwischen sprechen mich Menschen auch an und wollen Fotos mit mir machen. Das fühlt sich für mich aber etwas seltsam an. Denn eigentlich bin ich doch nur das kleine Baumädchen und kein Popstar oder Schauspielerin.
Wollen Sie sich als Anlagenmechanikerin selbstständig machen?
Ich bin gerne Arbeitnehmerin: nur Baustellen ohne den ganzen Papierkram. In meiner Tätigkeit als Model bin ich ja schon selbstständig. Ich finde es erschreckend, wie hoch der Verwaltungsaufwand etwa bei der Buchführung in Deutschland ist, in Österreich wird das wohl ähnlich sein. Die Kunden sehen oft nur die Arbeit auf der Baustelle und empfinden den Lohn als zu hoch. Aber eigentlich ist das Handwerk unterbezahlt. Denn neben der handwerklichen Arbeit, die riesig Spaß macht, müssen Angebote und Rechnungen geschrieben werden – und dann der enorme Aufwand an Buchführung. Ich will meine Arbeitskraft auf der Baustelle einsetzen und nicht im Büro, darum bleibe ich vorerst lieber Angestellte.
Ich möchte für die Zukunft weiter beide Berufe ausüben: Baustelle und Laufsteg, für mich die Erfüllung meiner Träume.