Seit nunmehr 45 Jahren ist Robert Breitschopf Installateur, seit 32 Jahren führt er sein eigenes Installateurs-Unternehmen in Wien. Er hat Lehrlinge kommen und gehen gesehen und weiß, worauf es bei jungen Nachwuchstalenten ankommt. Wie man Jugendliche für verschriene Jobs wie die des Installateurs gewinnt und auch langfristig behält, erzählt er im TGA-Interview.
Herr Breitschopf, Sie sind Wiener Innungsmeister und Leiter eines Installateur-Betriebs im 4. Wiener Gemeindebezirk. Ist der Fachkräftemangel bei Ihnen angekommen?
Ich persönlich spüre den Fachkräftemangel in meinem Betrieb nicht, aber ich bekomme sehr wohl mit, dass er in der Branche ein Problem darstellt. Ich bin froh, dass der Mangel an Nachwuchs in meinem Betrieb kein Thema ist, dennoch ist der Fachkräftemangel allgegenwärtig.
Hat man hier in der Vergangenheit wichtige Chancen verpasst, die den Fachkräftemangel verhindern können hätten?
Egal in welcher Branche, in der Lehrlingsausbildung haben wir alle dasselbe Problem: Es gibt zu wenig Nachwuchs. Damit fehlen uns die Leute für die Lehre und somit kommt es auch zu weniger Fachkräften. Glücklicherweise sind die Lehrlingszahlen in Wien zuletzt wieder gestiegen, darauf darf man sich jetzt aber keinesfalls ausruhen.
Was müssen Unternehmen machen, damit sie den Fachkräftemangel umgehen können?
Die einzige Chance ist hier meiner Meinung nach Teambuilding. Es muss einen Zusammenhalt in der Firma geben, damit die bereits vorhandenen Mitarbeiter bleiben und auch gerne dort arbeiten. Der Chef muss mit den Mitarbeitern eine gemeinsame Zukunft erarbeiten und klar kommunizieren. Große Arbeitgeber wie Spar werben Lehrlinge sogar damit an, ihnen den Führerschein zu finanzieren. Auch das ist eine Möglichkeit, wenn man es sich leisten kann. Grundsätzlich gilt: Die Leute müssen gerne im Betrieb arbeiten.
Das klingt nach einer Utopie. Hat ein Unternehmer genug Zeit für diesen Aufwand?
Für einen höflichen Umgang miteinander hat jeder Zeit und auch seinen Mitarbeitern Wertschätzung zu zeigen, ist nicht aufwändig. Im Idealfall lässt sich der Arbeitgeber aber auf jeden einzelnen Mitarbeiter ein und schaut, wie er ihn im Betrieb am besten einsetzen kann. Ich sage gerne, dass man als Unternehmer in Wahrheit ein Psychologiestudium absolviert haben muss, denn man muss schon sehr auf die Mitarbeiter eingehen können, um den Arbeitsplatz möglichst attraktiv für sie und uns zu machen. Natürlich klappt das nicht immer und auch bei mir gibt es hin und wieder kleinere Ungereimtheiten, man sollte aber sowohl als Chef, als auch als Mitarbeiter dazu bereit sein, aufeinander zuzugehen und Probleme gemeinsam zu lösen. Das ist wie in einer Partnerschaft, auch die muss man wertschätzend führen, damit sie funktioniert. Ein Unternehmer hat im übertragenen Sinne nicht nur eine Partnerschaft mit seiner Familie, sondern auch mit seinen Mitarbeitern.
Das klingt, als ginge es bei der Mitarbeiterzufriedenstellung nur um die soziale Komponente. Welche Rolle spielt das Gehalt?
Das Gehalt ist natürlich immer wichtig, darf aber nie an erster Stelle stehen. In unserer Branche ist das Gehalt ohnehin sehr gut, da wir einen tollen Kollektivvertrag haben, der Arbeitnehmern hohen Löhne ermöglicht. Aus meiner Sicht bekommen Lehrlinge in Installateur-Betrieben schon in der Startphase ein gutes Gehalt. Im Endeffekt kann ich dem Mitarbeiter aber auch unendlich viel zahlen – wenn er nicht zufrieden ist, wird er nicht lange in der Firma bleiben.
Lehrberufe leiden derzeit auch an einem ziemlich schlechten Image. Wie können Unternehmer dazu beitragen, dass die Lehre wieder attraktiver wird?
Wir sind da als Innung bereits dran. Die Bundesinnung hat einige Lehrlingsfilme gemacht und trägt mit der Webseite meinelehre.at zum positiven Image der Lehre bei. Bei der Werbung für Lehrberufe müssen wir endlich weg vom Schmuddelimage der schwitzenden und stemmenden Männer. Wir müssen daran arbeiten ein positives Bild nach außen zu tragen. Das kann zum Beispiel mit Hightech-Reglungen und energieeffizienten Anlagen gelingen. Natürlich stehen solche hochwertigen Installationen nicht an der Tagesordnung, aber sie machen den Job attraktiver. Ganz ehrlich: Wen interessiert schon wie ein Klo funktioniert? Das ist nicht sexy und es ist ohnehin schon schwierig genug, unseren Beruf sexy zu machen.
Handwerksberufe sind nach wie vor eine Männerdomäne, weniger als 10 Prozent der Arbeitsplätze ist mit Frauen besetzt. Warum halten sich Klischees im Handwerk so lange?
Unser Berufsbild ist bei Frauen nach wie vor nicht beliebt und daran müssen wir arbeiten. Der Job des Installateurs muss auch für Frauen attraktiver machen. So kann natürlich auch ein Teil der fehlenden Fachkräfte abgedeckt werden, aber auch hier braucht es ganz klar einen Imagewandel.
Sie bilden bereits seit 25 Jahren Lehrlinge aus. Wie unterscheiden sich heutige Anwärter von jenen von vor 25 Jahren?
Das Basiswissen, das junge Leute heute in die Lehre mitbringen ist mehr als ausbaufähig. Es scheint als würde jeder versuchen, einen Berufsweg zu finden, bei dem man sich möglichst körperlich nicht anstrengen muss und wo man leicht Geld verdienen kann. Bei uns im Betrieb ist nicht der mangelnde Nachwuchs das Problem, sondern die geringen Grundkenntnisse, die die Bewerber mitbringen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir unseren Beruf nicht nur attraktiv, sondern auch realistisch darstellen. Wir müssen auf die Vielseitigkeit und Zukunftsfähigkeit unseres Jobs eingehen, damit wir nicht nur Lehrlinge gewinnen, sondern auch behalten können.