TGA in der Sanierung : Brandschutzkonzept mit Zeitreise

Haus am Schottentor Außenansicht.

Das Haus am Schottentor schlägt 2021 nach einer umfassenden Revitalisierung ein weiteres Kapitel in seiner Geschichte auf.

- © Robert Tober

Zurück in die Errichtungsjahre

Hoyer Brandschutz hatte die Aufgabe das Gebäude brandschutztechnisch zu modernisieren. „Alles neu“ war aber nicht die Devise, denn viele Bereiche stehen unter Denkmalschutz. Sie mussten erhalten bleiben, aber dennoch zeitgemäßen Anforderungen entsprechen. Dazu zählen der monumentale Kassensaal im Hochparterre sowie im 1. OG – der früheren Direktionsetage – das prunkvolle Oktogon. Für das Brandschutzkonzept musste der Blick zunächst in die Vergangenheit gerichtet werden. Die sprichwörtlich größte Baustelle war der Erhalt der Eisenbetonrippendecke über dem Hochparterre. Sie wurde mit einer brandschutztechnischen Einzelbewertung in aufwendiger Kleinarbeit analysiert. Dabei prüfte Projektleiterin Margit Petrak-Diop über 140 Seiten mit statischen Berechnungen aus dem Jahr 1913, verortete jeden Bauteil in den damaligen Plänen und rekonstruierte so den Feuerwiderstand der Decke Stück für Stück. „Erst dann konnten wir planen, denn nun waren wir in der Lage zu beurteilen, wo der Schutz ausreicht und wo Teile der Decke ertüchtigt werden müssen“, so Petrak-Diop.

Die Glasdecke im Oktogon steht auf der Kippe

Ein planerischer Drahtseilakt war auch die Decke des Oktogons, die mit einem denkmalgeschützten ornamentierten Glasfeld abschließt. „Glas kann Feuer nicht viel entgegensetzen – trotzdem musste die Decke im Brandfall neunzig Minuten Feuerwiderstand bieten“, erklärt Petrak-Diop.

Nach einer Analyse der Konstruktion wurde die Decke in drei Strukturebenen – Glasfeld, Hauptträger und Sekundärträger – eingeteilt und die eigentliche Tragstruktur festgelegt. Diese wurde ertüchtigt und über der Glasdecke ein Hohlboden eingezogen, der den nötigen Feuerwiderstand für den Raumabschluss bietet. Dass sich letztlich eine genehmigungsfähige Lösung findet, war lange unklar, erinnert sich Petrak-Diop: „In Zusammenarbeit mit dem Architekt*innen, erfahrenen und geprüften Professionist*innen und der Behörde haben wir alle Planungs- und Ertüchtigungsoptionen ausgeschöpft.“

Das Oktogon mit seinem denkmalgeschützten ornamentierten Glasfeld.
Das Oktogon mit seinem denkmalgeschützten ornamentierten Glasfeld: Ertüchtigungen der Tragkonstruktion sicherten dessen Fortbestand im Original. - © Robert Tober

Verbesserte Anlagentechnik

Insgesamt wurden mehr als 100 Räume revitalisiert, die Haustechnik erneuert und auch der anlagentechnische Brandschutz wesentlich verbessert. So wurde nicht nur die Brandmeldeanlage komplett neu hergestellt, sondern es kamen auch brandfallgesteuerte Rauchableitungsöffnungen, Anlagen zur Brandrauchverdünnung und Sicherheitsbeleuchtung auf dem neuesten Stand der Technik hinzu. Eines sucht man aber weiterhin vergeblich: Löschanlagen. „Sprinkler lassen sich in historischen Gebäuden kaum unsichtbar unterbringen und zerstören zwangsläufig Bausubstanz. Im Haus am Schottentor waren andere Maßnahmen außerdem deutlich wirtschaftlicher“, erklärt Petrak-Diop.

Der denkmalgeschützte Kassensaal im Hochparterre: Die Eisenbetonrippendecke konnte durch eine aufwendige brandschutztechnische Einzelbewertung erhalten werden. Um den Feuerwiderstand der Decke zu prüfen, wurden die statischen Berechnungen aus dem Jahr 1913 herangezogen.

- © Robert Tober

Rentabel entscheiden und planen

Apropos Wirtschaftlichkeit: Das neue Nutzungskonzept stammt von Projektentwicklerin PEMA Holding. Bauherr*innen und Architekt*innen schon bei der Projektierung Entscheidungsgrundlagen im Brandschutz zu liefern, sieht Petrak-Diop als zentrale Aufgabe von Fachplaner*innen: „Was ändert sich, wenn ein Gebäude zum Hotel wird? Kann ich eine Garage einbauen oder ein Restaurant? Welche Nutzung hat welche brandschutztechnischen Anforderungen und wie hoch sind die Kosten? Dazu müssen wir Fakten bereitstellen.“

Das Projekt

  • Bauherr: PEMA Holding
  • Architekt: HNP architects ZT GmbH
  • Leistungen: Brandschutzkonzept, brandschutztechnische Einzelbewertung einer historischen Bestandsdecke, Ausführungsplanung, projektbegleitendes Consulting, Brandschutzpläne, Fluchtwegorientierungspläne
  • Leistungszeitraum: 2018-2021
  • Bruttogeschoßfläche: 24.500 m²

www.hoyer-brandschutz.at

Interessiert an TGA in der Sanierung? Hier gibt's mehr zu unserem Online-Highlight im Februar!
Zum Vortrag von Werner Hoyer-Weber über dieses Projekt