Fachartikel : Gebäudeautomation - Änderungen in der überarbeiteten EPBD
Fast 40 Prozent des Energieverbrauchs in der Europäischen Union (EU) entfallen auf Gebäude. Die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) ist das wichtigste Rechtsinstrument in der EU, um dieser Herausforderung zu begegnen. Sie sieht ein umfassendes und integriertes Konzept zur Verbesserung der effizienten Energienutzung in neuen und bestehenden Gebäuden vor, sowohl in Wohn- als auch in Geschäftsgebäuden. Letztendlich ist dies das Instrument, mit dem die ehrgeizigen politischen Ziele in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden können, die die erwarteten Einsparungen im Gebäudesektor ermöglichen.
Da es sich um eine Richtlinie und nicht um eine Verordnung handelt, ist ein wichtiges Element die Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung in nationales Recht. Daher ist es im Sinne der Energieeffizienz und damit auch des Klimaschutzes nicht nur wichtig auf EU-Ebene ambitionierte Ziele und Maßnahmen festzulegen, sondern auch die Umsetzung auf nationaler Ebene zu unterstützen, um sicherzustellen, dass keine Schlupflöcher genutzt werden, die das Erreichen der zuvor vereinbarten Ziele untergraben.
Gebäude mit Köpfchen
Die letzte Revision der EPBD wurde 2018 verabschiedet. Die wichtigsten Änderungen im Vergleich zur vorherigen Version der Richtlinie waren die Stärkung langfristiger Strategien für die Gebäudesanierung und die Einführung von Maßnahmen zur vollen Nutzung intelligenter Technologien durch einen neuen Indikator für Intelligenzfähigkeit (SRI) und Maßnahmen zu Gebäudeautomations und -steuerungssystemen (BACS).
Der Begriff Gebäudeautomation (GA) bezieht sich auf die Produkte, die die Energie verbrauchenden Technologien in Häusern und Gebäuden überwachen und automatisch einstellen, um eine komfortable Umgebung zu schaffen. Sie sind gewissermaßen die "Gehirne" des Gebäudes, da sie die Integration und das optimale Funktionieren der technischen Systeme des Gebäudes sicherstellen und dafür sorgen, dass diese nicht gegeneinander arbeiten und Störungen vermieden werden.
GA-Systeme sind auch die "intelligenten Knotenpunkte" des sie umgebenden intelligenten integrierten Energiesystems. Bedarfssteuerung, Verbrauchsvorhersage, Energiespeicherung, Verwaltung der dezentralen Erzeugung erneuerbarer Energien (z. B. PV-Solaranlagen auf dem Dach) sind alles "intelligente Funktionen", die eng mit dem optimalen Funktionieren des Gebäudes verbunden sind. Dank dieser Funktionen haben die Gebäudemanager*innen in Echtzeit Zugang zu cloudbasierten Analysen, Berichten und Diensten, die eine fundierte Entscheidungsfindung ermöglichen.
Einsparungen in Milliardenhöhe
Nach der neuen EPBD1 müssen alle bestehenden und neuen Nichtwohngebäude mit einer Nennleistung von mehr als 290 kW bis 20252 mit bestimmten GA-Funktionen ausgestattet werden. Diese Anforderungen sind unerlässlich, um die EU-Klimaziele zu erreichen, und die Zahlen belegen dies: Allein3 diese Maßnahmen könnten zu jährlichen Einsparungen führen, die 14 Prozent des gesamten Primärenergieverbrauchs von Gebäuden entsprechen und Einsparungen bei den Energierechnungen in Höhe von 36 Milliarden Euro auslösen, wobei der Wert der Energieeinsparungen den Wert der Investitionen um das Neunfache4 übersteigt.
EPBD: Was ist das?
- Die Abkürzung EPBD steht für "Energy Performance of Buildings Directive" (2010/31/EU).
- Die Richtlinie fördert Maßnahmen, die dazu beitragen:
- einen hoch energieeffizienten und kohlenstoffarmen Gebäudebestand bis 2050 zu erreichen
- ein stabiles Umfeld für Investitionsentscheidungen zu schaffen
- Verbraucher und Unternehmen in die Lage zu versetzen, fundiertere Entscheidungen zu treffen, um Energie und Geld zu sparen
- einen hoch energieeffizienten und kohlenstoffarmen Gebäudebestand bis 2050 zu erreichen
- Die Richtlinie wurde 2018 geändert (durch die Richtlinie 2018/844/EU) und wird in den kommenden Jahren nachgeschärft werden (die EU-Kommission hat im Dezember 2021 einen neuen Vorschlag vorgelegt).
Gebäudeautomation: Eine kosteneffiziente Technologie mit kurzer Amortisationszeit
Dies kann jedoch nur mit einer optimalen Umsetzung erreicht werden. Hier sind zwei Dinge entscheidend:
Erstens unterliegt die Forderung nach der Einführung der GA- Funktionalitäten einer Klausel in der Richtlinie: "sofern technisch und wirtschaftlich machbar". Die Kommission stellte klar5, dass es die Pflicht jedes einzelnen Mitgliedstaates ist, diese Anforderung umzusetzen, indem "klar festgelegte, umrissene und begründete" Parameter für die Definition der Durchführbarkeit bereitstellt werden. Es ist Sache des einzelnen Mitgliedstaates, zu entscheiden, welcher Parameter und welche Schwelle er festlegt. Die Kommission nennt auch zwei Beispiele, die in diesem Rahmen verwendet werden könnten: Amortisationszeit oder Anfangskosten. Frankreich zum Beispiel hat einen Absatz aufgenommen, der besagt, dass die Installation von GA-Funktionen immer als machbar angesehen wird, es sei denn, die Amortisationszeit beträgt mehr als 6 Jahre. In diesem speziellen Fall, wenn ein Gebäude in den Anwendungsbereich der Anforderung fällt, muss ein schriftlicher Nachweis erbracht werden, dass die Amortisationszeit mehr als 6 Jahre beträgt, wenn die geforderten Maßnahmen als wirtschaftlich nicht machbar eingestuft werden sollen. In der niederländischen Gesetzgebung ist ausdrücklich festgelegt, dass die Installation von GA-Funktionen grundsätzlich als machbar gilt.
Zweitens werden die Fähigkeiten in der Richtlinie mit einfachen Worten grob skizziert und ohne technischen Bezug definiert. Um klar zu unterscheiden, welche GA-Systeme die Anforderungen erfüllen und welche nicht, müssen die einzelnen Mitgliedstaaten detailliertere Regelungen entwickeln. Als eu.bac schlugen wir zunächst vor, die in der europäischen Norm EN 15232 definierte Klasse B zu verlangen. Da es in einigen Mitgliedstaaten aber nicht möglich ist, in der Gesetzgebung direkt auf Normen zu verweisen, haben wir die eu.bac EPBD BACS Checkliste6 (BACS=GA) zur Überprüfung der Konformität entwickelt.
Diese Checkliste bietet ein sehr detailliertes Werkzeug für Inspektor*innen, Gebäudeeigentümer*innen, GA-Planer*innen und politische Entscheidungsträger*innen. Sie hilft den Fachleuten der Branche zu verstehen, welche Systeme implementiert werden müssen, und hilft den Behörden, Gebäude, welche die GA-Anforderungen der EPBD erfüllen, von solchen zu unterscheiden, die dies nicht tun.
Keine Verzögerungen mehr
Da die Richtlinie im Mai 2018 in Kraft getreten ist und die Umsetzungsfrist im März 2020 bereits ablief, sollten die Mitgliedsstaaten mit der vollständigen Umsetzung der EPBD nicht länger warten. Die Verzögerung der Umsetzung wirkt sich negativ auf die Umweltvorteile aus, die von der EPBD erwartet werden, und schafft auch eine unfaire Situation für Investor*innen und Fachleute: Erstere können heute in GA-Systeme investieren, die schon 2025 nachgerüstet werden müssen, und letztere riskieren, mit kurzfristigen Projektanfragen überlastet zu werden, wenn die Frist 2025 näher rückt.
Ziel von eu.bac ist es, dass alle Europäer*innen in einer Welt mit smarten, dekarbonisierten und effizienten Gebäuden leben und arbeiten. Folgen Sie uns @eubac auf LinkedIn, Twitter und YouTube als und auf unserer Website eubac.org für künftige Updates, Neuigkeiten und Veranstaltungen im Bereich der Gebäudeautomation und -steuerung.
Richtlinie oder Verordnung - was ist der Unterschied?
Richtlinien und Verordnungen sind verschiedene Formen von Rechtsakten der Europäischen Union. Andere EU-Rechtsakte sind Entscheidungen, Empfehlungen und Stellungnahmen.
- Eine EU-Verordnung ist in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar und gesetzlich durchsetzbar. Als bewährte Praxis erlassen die Mitgliedstaaten nationale Rechtsvorschriften, in denen die zuständigen nationalen Behörden, Kontrollen und Sanktionen zu diesem Thema festgelegt sind.
- Eine Richtlinie gilt für alle Mitgliedstaaten. Sie legt bestimmte Ziele, Anforderungen und konkrete Ergebnisse fest, die in jedem Mitgliedstaat erreicht werden müssen. Sie legt ein Verfahren fest, demgemäß sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss. Die nationalen Behörden müssen eigene Rechtsvorschriften schaffen oder anpassen, um diese Ziele bis zu dem in der jeweiligen Richtlinie angegebenen Datum zu erreichen.
Fußnoten
1 Artikel 14 Absatz. 4 und Artikel 15 Abs. 5 (Richtlinie zur Änderung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (2018/844/EU))
2 Die Gebäudeautomations- und -steuerungssysteme müssen in der Lage sein: A. kontinuierliche Überwachung, Protokollierung und Analyse des Energieverbrauchs sowie die Möglichkeit zur Anpassung des Energieverbrauchs; B. Benchmarking der Energieeffizienz des Gebäudes, Erkennung von Effizienzverlusten gebäudetechnischer Systeme und Information der für die Anlagen oder das technische Gebäudemanagement zuständigen Person über Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz; C. Ermöglichung der Kommunikation mit angeschlossenen gebäudetechnischen Systemen und anderen Geräten im Gebäude sowie Interoperabilität mit gebäudetechnischen Systemen unterschiedlicher proprietärer Technologien, Geräte und Hersteller.
3 Zusammen mit der anderen wichtigen Anforderung von Artikel 8, die den Einbau von selbstregulierenden Geräten zur Temperaturkontrolle in jedem Raum vorschreibt.
4 Weitere relevante Zahlen: Jährliche Einsparungen von 64 Mio. t CO2 (Spitzenwert 2030) und jährliche Einsparungen von 450 TWh Endenergie (Spitzenwert 2035)
5 EMPFEHLUNG (EU) 2019/1019 DER KOMMISSION vom 7. Juni 2019 zur Gebäudemodernisierung (Abschnitt 2.3.4, Seite 23)
6 Weitere Informationen und Links zu allen Dokumenten finden Sie hier