Sachverhalt
Ein Architekt wurde mit der Einreichplanung für den Umbau eines Familienhauses beauftragt. Bei der Prüfung des erstellten Plans durch die Baubehörde stellte sich heraus, dass dieser gravierende Mängel aufwies, welche ohne Abänderung des ursprünglich geplanten Gebäudes nicht behoben werden konnten. Die Lösungsvorschläge lagen nicht im Interesse der Auftraggeberin. Daher trat sie ohne Setzung einer Nachfrist vom Vertrag zurück und verlangte für die mangelhafte Leistung die Rückzahlung eines Teils des Werklohns.
Rechtliche Beurteilung des OGH (OGH 22.04.2022, 4 Ob 9/22k)
Die Auftraggeberin berief sich auf das freie Abbestellungsrecht. Laut OGH kann dieses bei einer Rückforderung des Werklohns nicht angewendet werden, da § 1168 Abs 1 ABGB bestimmt, dass der Werkunternehmer seinen Entgeltanspruch behält, wenn die Leistung aufgrund von Umständen, die auf Seiten des Werkbestellers liegen, unterbleibt.
Nach Ansicht des OGH lässt ein nicht genehmigungsfähiger Einreichungsplan nicht automatisch darauf schließen, dass der Architekt nicht in der Lage sei, die Mängel zu beheben, oder dass das bestellte Werk endgültig gescheitert sei. Die Mängel des Einreichungsplans waren zwar so gravierend, dass das ursprünglich geplante Gebäude abgeändert werden musste, sie waren aber nicht verbesserungsunfähig. Daher wurde die Nichterbringung der Leistung von der Werkbestellerin herbeigeführt. Der OGH schloss sich der Meinung der Vorinstanzen an, dass ein Rücktritt ohne Nachfristsetzung nicht gerechtfertigt ist, wenn die Mängel behebbar sind.