Energiewende : Ein Licht am Ende des Holzwegs

Eine weltweite Rückkehr zum Holzbau zur Bekämpfung der Klimakrise fordert Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber im Rahmen der Webkonferenz „Wald.Holz.Energie“ des Österreichischen Biomasse-Verbandes (ÖBMV) am 9. Juni 2021. Was dies für die heimische Waldbewirtschaftung bedeutet, diskutiert er mit Franz Titschenbacher, ÖBMV-Präsident, der EU-Parlamentsabgeordneten Simone Schmiedtbauer und weiteren Vertretern der Forstwirtschaft, Bioenergie, Politik, Verwaltung und Naturschutz.

Bau- und Energiewende

„Die Stabilisierung des Klimas ist die größte Herausforderung des Jahrhunderts“, unterstreicht Schellnhuber, Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. 2020 lag die globale Temperatur bereits 1,25 °C über jener der vorindustriellen Zeit - es bleibe also nicht mehr viel Spielraum zum Einhalten des im Pariser Klimaschutzabkommen angestrebten 1,5 °C-Ziels. Als Antwort darauf fordert Schellnhuber eine weltweite Wende beim Bauen. Rund 40 % des Ausstoßes von Treibhausgasen entstünden durch Errichtung und Betrieb von Gebäuden sowie der Infrastruktur. „Der Gebäudesektor ist der Elefant im Klimaraum. Die Rückkehr zum Holzbau ist der wichtigste Beitrag gegen die Erderwärmung“, erklärte Schellnhuber, der auch Berater von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei der Initiative „Neues Europäisches Bauhaus“ ist.

„Wenn wir die Waldzerstörung stoppen, großflächig aufforsten und mit Holz statt Beton bauen, wird der Bausektor vom Klimasünder zum Klimafreund. Der Klimaschutz wird vor allem beim Bauen in den Städten entschieden", so Schellnhuber. Die Klimaerhitzung solle durch Nutzung des Waldes abgemildert, Holz zum wichtigsten Rohstoff für den Gebäudesektor werden. Titschenbacher bestätigt: „Unser nachhaltig bewirtschafteter Wald ist der beste Klimaschützer. Er entzieht der Atmosphäre klimaschädliches Kohlendioxid, baut Kohlenstoffspeicher in Holzhäusern auf und ersetzt fossile Treibhausgasemissionen." Während Brennholz, Hackgut, Sägespäne oder Ablauge aus der Papierindustrie für die Wertschöpfungskette Holz ein Nebenprodukt darstellen würden, seien sie die Grundlage für die Energiewende. Mit dem Ausstieg aus fossilen Energien werde sich die Bioenergie laut des ÖBMV-Präsidenten zum bedeutendsten Energieträger entwickeln.

Nutzung der holzigen Ressource

Auch Schmiedtbauer (ÖVP) schlägt in dieselbe Kerbe. Ihr nach sei es der falsche Ansatz anzunehmen, dass mit einer Nicht-Nutzung von Wäldern die Aufnahme von CO2 gesteigert werden könne. Europa habe genug Holz, das täglich nachwachse und sinnvoll genutzt werden solle. "Kommen wir weg von populistischen Aussagen, die uns nicht weiterbringen. Bleiben wir beim Hausverstand: Wald nachhaltig nützen, bedeutet das Klima schützen", lautet der Appell der EU-Parlamentsabgeordneten.

Angesichts von Forderungen aus dem Naturschutz nach verringerter Holznutzung und erhöhten Holzvorräten als Kohlenstoffsenker, verweist Professor Ernst-Detlef Schulze vom Max-Planck-Institut für Geochemie darauf, dass Vorräte im Wirtschaftswald laut Daten der deutschen Bundeswaldinventur etwa gleich hoch seien wie jene im unbewirtschafteten Wald. Auch die Bodenkohlenstoffvorräte sind im nicht bewirtschafteten Wald laut Studien nicht höher als im Wirtschaftswald. „Wird das Holz nicht zum Bau und zur Energiegewinnung genutzt, verrottet es im Wald, dabei gelangt das CO2 genauso wieder in die Atmosphäre“, gibt Schulze zu bedenken.

Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald, stellt die Zusammenhänge zu Holznutzung, Kohlenstoffspeicherung und Biodiversität aus Sicht der österreichischen Forstwissenschaft dar: „Der österreichische Wald speichert etwa 990 Millionen Tonnen Kohlenstoff, 60 % davon im Boden. Durch die Klimaerwärmung geht die Kohlenstoffspeicherkapazität zurück. Wald kann nicht unendlich viel CO2 speichern und wird in allen Szenarien der Studie CareforPairs in den nächsten 15 bis 100 Jahren zur Kohlenstoffquelle."

Energieertrag

„Eine Holzbauoffensive ist ein Bioenergieturbo“, so Christoph Pfemeter, Geschäftsführer des Österreichischen Biomasse-Verbandes. Pro Kubikmeter verbautem Holz würden etwa 6 Kubikmeter Nebenprodukte anfallen, die auch energetisch verwertet werden können. Der mit dem Klimawandel einhergehende Trend zu mehr Laubholz führe auch zu höheren Bioenergiemengen, da Laubholz derzeit zu 70 % energetisch genutzt wird, während dieser Anteil bei Nadelholz nur 20 % betrage.

Laut Studie der Universität für Bodenkultur Wien spart 1 Kubikmeter genutztes Fichtenrundholz durch Speichereffekte im Bauholz die Substitution energieintensiver Materialien wie Stahl und Beton sowie den Ersatz fossiler Brennstoffe etwa 1,125 Tonnen CO2 ein. „Ohne Bioenergie hätten Holzprodukte eine weitaus schlechtere CO2-Bilanz, weil die Holzindustrie dann auf fossiles Erdöl und Erdgas zurückgreifen müsste“, berichtet Pfemeter.