Erneuerbares Wärme Gesetz : Gaswirtschaft und Heizungsbranche gehen in die Offensive

Porträtfoto von Michael Mock
© Gabriela Koch

Das EAG (Erneuerbare Ausbau Gesetz), das entgegen seinem Namen ausschließlich die Stromversorgung Österreichs umkrempeln soll, ist noch nicht beschlossen. Doch die Diskussion der letzten Monate zeigt, wie hart beim Umbau des Energiesystems in Richtung CO2-Neutralität um jeden Satz gerungen wird. Dabei ist eine Ökologisierung auf dem Stromsektor in Österreich im Vergleich zum Heizungssektor noch einfach zu bewerkstelligen, schon alleine wegen des hohen Anteils an Wasserkraft bei der Stromerzeugung.

EWG als Jahrhundertprojekt

Nach dem EAG steht ein "Erneuerbares Wärme Gesetz" im Raum - und dieses EWG steht vor noch wesentlich größeren Hürden. Es geht bei der Wärmeversorgung nicht nur um deutlich größere Energiemengen (Strom macht derzeit kaum mehr als 20 Prozent des heimischen Energieaufkommens aus), sondern auch um die Energiequellen: Mehr als 50 Prozent der dafür genutzten Energie stammt aus den fossilen Quellen Öl und Gas, wie Elisabeth Berger, Geschäftsführerin der VÖK (Verreinigung Österreichischer Kessellieferanten) vorrechnet. Wie hier ökologisiert werden soll, das ist ein Jahrhunderprojekt - und wird die Energieinfrastruktur Österreichs in jedem Fall massiv verändern. Einen ersten Vorgeschmack auf die Diskussion gab es vor zwei Wochen, als die Einigung über ein vermeintliches "Gasheizungsverbot" bis 2040 zwischen Klimaministerium und Ländern kolportiert wurde.

Der offene Brief im Wortlaut

Am Freitag, 30. April sind daher führende Unternehmen der Heizungsbranche und der Gaswirtschaft in die Offensive gegangen und haben dem Bundeskanzler sowie den Landeshauptleiten einen "Offen Brief zu Innovation und Technologievielfalt statt Heizungsverboten“ übermittelt. Der Brief ist von ÖVGW (Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach), dem FGW (Fachverband Gas Wärme), allen Landesenergieversorgern, den führenden Heizungsherstellern, der Innung der Installateure sowie der Rauchfangkehrer und darüber hinaus weiteren Unternehmen und Privatpersonen aus dem Bereich der Raumwärme und Energiebereitstellung unterzeichnet.

Klimaneutralität unterstützt

Michael Mock, als Geschäftsführer von ÖVGW und FGW an der zentralen Schaltstelle von Österreichs Gaswirtschaft, erklärt die Beweggründe: "Unsere Unternehmen unterstützen das Ziel der Klimaneutralität der österreichischen Bundesregierung und arbeiten mit Hochdruck an technischen Lösungen zur Dekarbonisierung des Wärmemarktes in Österreich. Heute festzulegen, mit welcher Technologie ein solches Ziel erreicht werden soll, halten wir für den falschen Weg. Verbote hemmen bekanntlich Innovation und wirtschaftliche Entwicklungen."

Technische Herausforderungen lösen

Elisabeth Berger, die als Geschäftsführerin der VÖK die heimische Heizungsbranche nahezu geschlossen hinter sich weiß: "Niemand kennt dabei die technischen Herausforderungen und unterschiedlichen Gebäudestrukturen besser, als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Unternehmen. Schon jetzt können viele mit fossiler Energie betriebenen Heizungstechnologien höchst effizient auch mit erneuerbaren Energien und damit klimaneutral betrieben werden."

Technologiesprünge wie bei Photovoltaik

Konkret geht es den beiden Initiatoren des offenen Briefs darum, statt eines Komplettausstiegs aus der Gas- und auch der Ölheizung auf "Grünes Gas" und "Grünes Öl" zu setzen. Das hätte den Vorteil, die bestehende Infrastruktur von den Gasnetzen bis hin zu den einzelnen Anlagen in den Wohnungen und Häusern weiter betreiben zu können, statt alles rauszureißen und durch neue Anlagen ersetzen zu müssen. Dem Kritikpunkt, dass sowohl Verfügbarkeit als auch Kosten für Grünes Gas derzeit deutlich höher sind als für Erdgas oder andere Erneuerbare, begegnet Berger mit einem Verweis auf die Photovoltaik: Hier wird seit den 1970ern geforscht, ab 1992 gab es laut Elisabeth Berger wissenschaftliche Begleitung und Förderung der PV-Projekte: "2008 hat ein Kilowatt Peak 5.100 Euro gekostet, heute sind wir bei 1.700 Euro - also rund ein Drittel in nur 12 Jahren. Die Tarifförderung betrug damals 56 Cent pro eingespeister kW/h, heute kommen die Anlagenbetreiber mit 7 Cent pro kW/h aus." Ähnliche Technologie- und Kostensprünge sind auch bei Biomethan und Wasserstoff zu erwarten - den politischen Willen dazu erwarten sowohl Berger als auch Mock anstelle der jetzt im Raum stehenden Technologieverbote.

Appell an den Bundeskanzler

Ihre Konsequenz: "Wir appellieren daher an Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, im Kampf gegen Klimawandel für Technologievielfalt und Innovation einzutreten, statt für teure Heizungsverbote!"