Interview : „Gebäudereinigung ist nicht nur Putzfetzen und Kübel“

© Martin Steiger

Noch bevor die Corona-Krise in seinem Unternehmen spürbar wurde, saß Oliver Attensam schon in Quarantäne. Sieben Wochen lang musste er die gesamte Attensam Gruppe aus dem Tiroler Ferienhaus leiten. Wie ihm das gelungen ist, worauf es bei der Gebäudereinigung ankommt und was davon auch nach der Corona-Krise bestehen bleiben wird, erzählt er im Gespräch mit TGA.

TGA: Sie wurden von der Tiroler Quarantäne überrascht und mussten Ihre 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter plötzlich aus der Ferne führen. Wie ging es Ihnen damit?

Oliver Attensam: Wir sind anfangs erstmal alle in Schockstarre verfallen. Ich bin nicht mehr aus Tirol weggekommen und hatte schnell zahlreiche Telefonate und Zoom-Konferenzen. In den ersten Tagen sind uns gleich 40 Prozent aller Büroreinigungsaufträge verloren gegangen, aber wir haben dennoch die Ärmel hochgekrempelt und uns gesagt, dass diese Corona-Krise wieder vorbeigehen würde. Deshalb haben wir unsere Geräte erweitert und begonnen, auf Desinfektionsmittel umzusteigen.

TGA: Zu dem Zeitpunkt war Desinfektionsmittel schon ein gefragtes Gut. Gab es Schwierigkeiten bei der Beschaffung?

Oliver Attensam: Ja, es war schwierig noch an Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel zu kommen. Wir haben zwei, drei Reinigungsmittellieferanten, die uns immer gut versorgen. Dadurch hatten wir im Lager genug Desinfektionsmittel für die nächsten drei Wochen. Es war aber auch klar, dass die Corona-Krise länger dauern wird, weshalb wir alle Quellen weltweit angezapft haben. Die Lieferungen haben wir uns von überall zusammengestückelt und so das Lager vollgefüllt.

TGA: Reichen die normalen Reinigungsmittel nicht aus, um Flächen gründlich zu reinigen und virenfrei zu bekommen?

Oliver Attensam: Ich möchte nicht anzweifeln, dass die Reinigungsmittel vorher auch desinfizierend waren. Aber sie waren eben auch nicht so extrem keimtötend wie wirkliches Desinfektionsmittel. Außerdem haben wir zuvor nur in rund fünf Prozent der Gebäude –überwiegend in OPs und Ordinationen – mit Kaltvernebelung gearbeitet, jetzt kommt diese Art der Desinfektion auch in anderen Gebäuden zum Einsatz. Wir haben auch einige Mitarbeiter, die durch den Lockdown nicht mehr in Bürogebäuden arbeiten konnten, zu Desinfektions-Spezialisten umgeschult.

TGA: Welche Maßnahmen haben Sie bei Attensam beibehalten? Ist die Maske schon gefallen?

Oliver Attensam: Ja, die Maskenpflicht ist auch bei uns aufgehoben und langsam normalisieren sich die Prozesse. Das gute an der Gebäudereinigung ist, dass die Mitarbeiter ohnehin in einer Art Reinigungs-Wolke arbeiten und somit keinerlei Infektionsgefahr besteht. Im Auto darf sich bei uns jedoch nach wie vor immer nur eine Person befinden.

TGA: Haben Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt?

Oliver Attensam: Nein, die Kurzarbeit war eine Katastrophe in der Abwicklung. Im Fernsehen klang das Modell super. Wir wollten zu Beginn 600 Mitarbeiter beim AMS zur Kündigung anmelden und dachten nach der Präsentierung der Regierung, dass es viel einfacher wäre, die Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Daraufhin habe ich beim AMS angerufen und erfahren, dass das Amt selbst erst durch die Nachrichten von dem Kurzarbeitsmodell erfahren hat. Eine Woche später habe ich es erneut versucht, da hat gar niemand mehr abgehoben, das AMS wurde ja nieder bombardiert mit Anfragen. Wir brauchten aber sofort eine Lösung, deshalb haben wir die Mitarbeiter gebeten, Urlaube abzubauen. Das hat gut funktioniert – auch ohne Kurzarbeit. Und wir mussten niemanden kündigen.

TGA: Die Corona-Krise ließen Sie aber auch nicht ungenutzt und haben kurzerhand ein neues Werbevideo präsentiert. Was war das Ziel hinter der Kampagne?

Oliver Attensam: Nach dem ersten Schock haben wir angepackt und binnen 14 Tagen einen Werbespot gedreht. Wir wollten zeigen, dass unsere Mitarbeiter systemrelevant sind und gerade einen großartigen Job machen. Und das zeigt Wirkung: Die Leute erkennen jetzt endlich, dass Gebäudereinigung nicht nur Putzfetzen und Kübel ist. Dadurch merkt man nun auch deutlich, dass unsere Mitarbeiter selbstbewusster und motivierter sind – davon profitieren wir letztendlich auch als Unternehmen.

TGA: Nun ist der Lockdown schon eine Weile her. Konnten Sie die Umsatzeinbrüche wieder aufholen?

Oliver Attensam: Im Endeffekt ging es nur um rund acht Wochen, in denen die Bürogebäude stillgelegt waren. Dafür ist in diesem Zeitraum aber die Nachfrage bei der Grünflächenpflege stark gestiegen, da die Leute mehr daheim waren und sich dem endlich annehmen konnten. Jetzt sind wir von den Aufträgen her wieder bei 90 bis 100 Prozent.