Raumklima : Österreichisches Startup präsentiert "atmende Bauteile"

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© abaton/Anna Niederleitner

Aufgrund der Klimaerwärmung kommt dem Kühlen mittlerweile dieselbe Bedeutung wie dem Heizen zu. Die internationale Energieagentur (IEA) sagt voraus, dass die Gebäudekühlung bis 2050 den weltweit den größten Stromverbrauch nach der Industrie verursachen wird. Flächenkühlsysteme und aktivierte Bauteile werden dabei explizit als Teil der Lösung genannt - eine energieeffiziente Kühlung von Flächen stieß aufgrund der damit verbundenen Feuchtigkeitsentwicklung bisher aber an ihre physikalischen Grenzen.

Ebenjene Gesetze der Physik für statt gegen sich arbeiten zu lassen, gelang dem österreichischen Startup abaton mit der Entwicklung atmender Bauteile für ein optimales Raumklima. Die abaton-Gründer Benedikt Goehmann und Maximilian Gruber bringen ein neues System auf den Markt: Die patentierte Bauteilatmung reguliert mit einer speziellen Porenstruktur das beim Kühlen entstehende Tauwasser.

Klimafitte Gebäude

Die Bauteile sollen damit das bisher existierende Leistungsproblem der Flächenkühlungen überwinden. Sie sorgen für Raumkomfort ohne Zugluft - laut Herstellern in Wohnungen, Büros und öffentlichen Gebäuden jeden Baujahres und in jeder klimatischen Lage. Auch die Klimabilanz spricht für diese Art der Flächenkühlung: Es winkt ein Einsparungspotenzial von rund 25 % an Energie gegenüber luftgekühlten Systemen.

„Im Kern geht es bei abaton darum, zwei wesentliche Prinzipien zu vereinen: das Lebensgefühl von wohltemperierten Räumen mit der Effizienz und Zukunftssicherheit einer nachhaltigen Energielösung“, bringt es Gründer und abaton-Geschäftsführer Benedikt Göhmann auf den Punkt. Angesichts weltweit steigender Temperaturen und dem damit verbundenen Bedarf an nachhaltigen Kühlungssystemen stelle dies einen Paradigmenwechsel in der Klima- und Umwelttechnik dar: „Wir haben eine Schlüsseltechnologie für klimafitte Gebäude entwickelt.“

Lösung der Feuchtmauerproblematik

Die Idee entsprang dem Versuch, ein Problem zu bearbeiten, indem bestehende Lösungen auf neue Problematiken übertragen werden: Die langjährige Erfahrung mit der Sanierung von Feuchtmauern wurde auf das relativ neue Problem von Feuchtigkeitsbildung bei der Flächenkühlung übertragen. Diese Feuchtmauerproblematik aufgrund von Kondensation erschwert Gebäude-Sanierungen und ist beispielsweise auch im Denkmalschutz ein großes Thema. Mit der davon abgeleiteten Bauteilatmung wird die Kondensation in das Innere von Bauteilen verlagert.

Jochen Käferhaus und Wieland Moser widmen sich seit 30 Jahren der Erforschung und Umsetzung von nachhaltigen Energiesystemen und zählen zu den Pionieren der Bauteilaktivierung. Auch Leo Obkircher ist seit ca. 20 Jahren auf ökologische Energielösungen und saisonale Wärmespeicher zur Nutzung von Abwärme spezialisiert. Alle drei widmen sich zudem seit Jahrzehnten der Feuchtmauersanierung. Die Grundidee von Käferhaus, Moser und Obkircher wurde von Göhmann und Gruber aufgegriffen. Gemeinsam entwickelten sie die abaton Bauteilatmung – unterstützt von der Wirtschaftsagentur Wien und der FFG – in enger Zusammenarbeit mit der TU Wien, dem Karlsruhe Institute of Technology (KIT) sowie erfahrenen Bauphysikern und Architekten.

Produktionsstart

Das abaton Trockenbau-Paneel wird momentan von der oberösterreichischen Industriegruppe Kirchdorfer Industries produziert. Die aktivierten Platten sind mit allen gängigen Trockenbausystemen kompatibel, können in Decken oder Wänden eingebaut oder als Kühlpaneele in Sichtbeton-Optik an die Inneneinrichtung angepasst werden. Zusätzlich ist es auch möglich, die Paneele direkt auf der Baustelle in die vorbereitete Schalung der zu betonierenden Rohdecke einzulegen. Kleinserien bis 500 Quadratmeter können ab sofort bestellt werden, die Lieferzeit beträgt 2 bis 3 Monate. Die erste serielle, halbautomatische Fertigung ist ab dem zweiten Quartal 2022 geplant.