Forschung : „Rohstofflieferanten der Zukunft"

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Aus einem alten Haus ein neues bauen - das ist das Kernziel des Forschungsprojekts CICO (Circular Concrete), das vor rund einem Jahr auf Initiative der Salzburg Wohnbau gestartet wurde und sich über drei Jahre und vier Projekte erstreckt. Praxis und Forschung laufen dabei Hand in Hand. Aktuell wird mittels BIM und einer besonderen Digitalisierungstechnologie, kombiniert mit einer weiterentwickelten Schad- und Störstoffanalyse, Projekt Nummer drei - der Rückbau des alten Seniorenwohnheims in Golling - in Angriff genommen. Gewonnenes Abbruchmaterial, das in Zukunft als Rohstoff bezeichnet wird, wird dort für den Neubau einer Wohnanlage mit 36 Eigentums-, Mietkauf- und Mietwohnungen fragmentiert und aufbereitet. Nach der Vorbereitungsphase wurde Anfang 2021 wurde das Leadmanagement an die Bautechnische Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg (BVFS) übergeben. Mit im Boot sind auch die Universität Salzburg, die Fachhochschule Salzburg, Deisl-Beton (Hallein) und die Baufirma Steiner (Radstadt).

Second Life für Abbruchmaterial

„Wir erleben derzeit eine besondere Entwicklung, nämlich die Kombination aus der Digitalisierung im Bau und der Nachhaltigkeit von Rohstoffen. Hinzu kommt, dass ab 2024 mineralische Stoffe aus Abbruchmaterial in Österreich nicht mehr deponiert werden dürfen. Wenn also Bestandsgebäude mit Unterstützung innovativer Digitaltechnik rückgebaut und alte Baustoffe gereinigt und wiederaufbereitet werden, löst das viele positive Effekte aus. Bestandsgebäude sind keine Belastung mehr, sondern wichtige Rohstofflieferanten der Zukunft“, weiß Salzburg Wohnbau-Geschäftsführer Roland Wernik, der durch den eingeschlagenen Weg einen Anteil von Recyclingbeton bei Neubauten bis zu 70 Prozent für absolut realistisch hält.

Bereits beim ersten Projekt, einer Wohnanlage in Schwarzach, gelang es 1.100 Tonnen der Bestandsmasse des alten Gebäudes, das sich am Grundstück befand, im neuen Objekt wiederzuverwerten. Bei der alten Volksschule in Anif - dem zweiten Projekt - wurden rund 3.300 Tonnen Altbeton abgebrochen und recycelt, die in der Folge für den Neubau verwendet werden. „Wir wollen Abbruchmaterial ein Second Life geben und zwar mindestens mit derselben Intelligenz wie vorher. Was früher eine Mauer war, soll wieder mindestens ein aufgehendes Mauerwerk werden. Dafür gilt es neue Methoden zu finden und neue Wege zu beschreiten, da wir uns dem Upcycling verschworen haben, im Gegensatz zum Downcycling, wo Abbruchmaterial als Schüttmaterial dem Tiefbau dient. Wir haben schon mit den ersten Projekten wertvolle Erfahrungen gesammelt und große Fortschritte gemacht. Nun treten wir mit einem innovativen digitalisierten Zugang und einer weiterentwickelten Schad- und Störstoffanalyse in eine neue Phase ein“, teilt Wernik mit.

Scan to BIM

Auch für Klaus Höckner, Vorstand der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg, ist die Verwendung der verbesserten Verfahren ein wichtiger Schritt, denn: „Eine intelligente Schad- und Störstoffanalyse digital unterstützt, ist die Grundlage für einen gelungenen Rückbau. Damit können jene Stoffe bereits vor dem Abbruch identifiziert werden, die sich negativ auf eine weitere Verwertung auswirken würden. Darunter fallen unter anderem Asbest, Schadstoffe in der Dämmung, teerhaltige Materialien, Abdichtungen oder Asphalt. Die Analyse betrifft aber generell alles, was den Abbruch stören könnte wie Fenster, Türen, Gipskartonwände oder abgehängte Decken und vieles mehr.“ Mittels Drohnen- und Fotoaufnahmen wird das Altgebäude digital erfasst und mit der „Scan to BIM“-Methode in 3D am Plan als Grundlage für die Neuplanung abgebildet. Damit lässt sich genau erfassen, welches Material für die Wiederverwertung geeignet ist und in welchen Mengen. „Wir können die Anzahl der Fenster ablesen oder auch die Stückzahl der Dachziegel errechnen und erkennen, welches Material selektiert beziehungsweise in die Hauptbestandteile für die Wiederverwertung getrennt oder fragmentiert werden muss“, so Wernik.

Beim Abbruch des alten Seniorenwohnheims am Gangsteig in Golling sollen mit der Anwendung der weiterentwickelten Methoden rund 4.300 Tonnen an Recyclingmaterial gewonnen werden. Mehr als ein Drittel davon wird für die Errichtung der neuen Wohnanlage verwendet, darunter auch der alte Holz-Dachstuhl und 570 Tonnen Ziegel. Der Baustart für das Wohnbauprojekt der Salzburg Wohnbau ist im Juli 2022 geplant.