Aus TGA 7-8: Kommentar : Wenn die Stromversorgung zum Problem wird

Aktuell werden seit geraumer Zeit keine Ölheizungen für die Raumheizung und Warmwasserbereitung behördlich zugelassen. Der fossile Brennstoff Gas soll im Jahr 2025 ausgedient haben bzw. es dürfen ab diesem Zeitpunkt keine neuen Anlagen mehr gebaut werden. Die Ingenieurbüros sind natürlich von dieser Umstellung betroffen. Gleichzeitig wird auch ein sehr weites Tätigkeitsfeld eröffnet. Wenn man bei bestehenden Gebäuden davon ausgeht, dass eine Ölheizungsanlage und die Tankanlage sowie der Rauchfang demontiert und fachkundig entsorgt werden müssen, so sind entsprechende Ingenieursleistungen erforderlich.
Die klassischen, seit Jahrzehnten bestehenden Heizsysteme waren alle im Temperaturbereich höher 60 °C angesiedelt. Niedertemperaturheizkreise wurden regeltechnisch zur Verfügung gestellt. Durch die hohe Temperatur im Heizungsbereich war die Einbringung der erforderlichen Wärmemenge in das zu beheizende Objekt kein Problem. Eine Isolierung des Bauwerks konnte, in vielen Fällen aus denkmalpflegerischen Gründen, nicht durchgeführt werden oder wurde bei Errichtung der Anlage vernachlässigt. Wird für die weitere Raumbeheizung eine Wärmepumpe eingesetzt, so geschieht dies in der Regel im Niedertemperaturbereich zwischen 30° und 40 °C. Mit diesem Temperaturniveau ist die Einbringung der Wärmemenge nicht im komfortablen Bereich sichergestellt. Durch Zusatzmaßnahmen wie vergrößerte Heizflächen, elektrische Zusatzheizungen, IR-Heizungen usw. können komfortable Bedingungen geschaffen werden. Die Wärmebedarfsberechnung für ein Bestandsgebäude ist eine Herausforderung, um hier die entsprechende Behaglichkeit sicherzustellen.
Integration von WP in Altbestand oft schwierig
Abhängig vom eingesetzten System Luft-Wasser-Wärmepumpe oder Wasser-Wasser-Wärmepumpe sind ebenfalls massive Eingriffe in die Fassade zwecks der erforderlichen Zu- und Abluft unerlässlich. Bei Wasser-Wasser-Wärmepumpen oder Sole-Wasser-Wärmepumpen ist eine entsprechende Grundfläche für die Tiefenbohrungen oder die Flächenkollektoren notwendig. Dieser Zugang zu der erforderlichen Primärenergie gestaltet sich jedoch im verbauten, urbanen Bereich als äußerst schwierig und kaum durchführbar. Bei der Verwendung von Tiefensonden ist die geologische Bodenbeschaffenheit ein wesentliches Leistungsmerkmal und die wasserrechtliche Genehmigung Voraussetzung für die behördliche Einreichung. Es sind also erhebliche Baumaßnahmen in den Gebäuden erforderlich, um die entsprechenden Versorgungs- und Verteilleitungen sowie Kanäle einbauen zu können. Es ist in der Praxis der Fall, dass die Zusatzmaßnahmen die Anlagenkosten bei weitem überschreiten! Die Ingenieurbüros sind hier für die spezifische Wärmebedarfsberechnung und bei einem bivalenten Betrieb auch für die Kühlbedarfsberechnung verantwortlich. Für die tatsächliche Nutzung mit Wärmeentzug aus dem Boden ist eine Simulation der Ertragssituation unerlässlich. Hier ist das Fachgebiet technische Geologie gefordert.
EVUs sind gefordert
Durch die Umrüstungsmaßnahmen steigt natürlich auch der elektrische Energiebedarf sprunghaft an. Haben für Öl- und Gasheizungen einige hundert Watt, in der Regel 2 bis 3 kW für die Versorgung ausgereicht, so ist für den Betrieb von Wärmepumpen, unabhängig mit welchen Systemvarianten man sich auseinandersetzt, ein Vielfaches erforderlich. Hier sind ebenfalls die Ingenieurbüros gefordert. Die Installationen hausintern sind auf die erforderlichen Leistungen abzustimmen. Bis zum Übergabepunkt im Gebäude können sämtliche Leistungen hergestellt werden. Für die Versorgung aus dem öffentlichen Netz sind die zuständigen EVUs vor eine große Herausforderung gestellt. Die Leistungen in den bestehenden Verteilnetzen können nicht wahllos und sprunghaft, entsprechend dem Bedarf, angehoben werden. Es sind sämtliche 400-Volt-Verteilnetze entsprechend zu erneuern und dichtere Versorgungsstationen herzustellen, um die erforderliche Leistung garantiert abgeben zu können. Dass der Strom, wie jedem Ingenieur bekannt ist, nicht aus der Steckdose kommt, sondern sich dahinter entsprechende Energieerzeugungs- und Verteilanlagen verbergen, ist bekannt. Die Kapazität jedes Kraftwerks, egal ob Wasserkraft, Windkraft und von kalorischen Kraftwerken erzeugter Strom zur Spitzenabdeckung, ist begrenzt. Auch diese Einrichtungen mit den zugehörigen Wandlern und Transformatoren unterliegen einer Leistungsgrenze und können nicht wahllos überlastet werden. Die Übertragungsleitungen im Hochspannungsbereich, im Mittelspannungsbereich und im Niederspannungsbereich sind nicht unbegrenzt belastbar.
So sehr die Beendigung der fossilen Brennstoffe für den Heizungsbetrieb, die Warmwasserversorgung oder sonstige der Behaglichkeit dienenden Einrichtungen begrüßt wird, so schwierig ist es, kurzfristig genügend Primärenergie auf der elektrotechnischen Seite zur Verfügung zu stellen. Das so wichtige Thema der Einschränkung der fossilen Brennstoffe und das Vorantreiben von alternativen-regenerative Energien wurde nur zum Teil beleuchtet. Bei jedem Thema ist noch eine Vertiefung möglich. Der gegenständliche Artikel soll nur aufzeigen, welchen nachfolgenden Rattenschwanz an Maßnahmen eine noch so attraktive und notwendige Innovation auslösen kann.