Energieautarkes Stadion : Sanierung von Ernst-Happel-Stadion startet

Der Wiener Gemeinderat hat im November 2023 beschlossen, das Ernst-Happel-Stadion zu einer emissionsneutralen Sportstätte umzubauen. 12.000 Photovoltaik-Module am Dach sowie Erdwärme mit 270 Bohrungen und Erdkollektoren neben dem Stadion werden künftig die Energieversorgung stellen. 100 Mio. Euro hat die Stadt Wien für die Erneuerung des Stadions genehmigt, auch ein zusätzliches mobiles Dach (siehe unten) für Ganzjahresveranstaltungen, soll kommen.

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Erdwärme und Sonnenkraft

Die Baumaßnahmen für eine der größten Erdsondenanlagen Wiens haben nun begonnen, die notwendigen Bohrungen finden auf den derzeitigen Trainingsplätzen vor dem Stadion statt. „Die Erdwärme wird uns gemeinsam mit der Photovoltaik mehr Energie liefern als das Stadion verbraucht“, so Sportstadtrat Peter Hacker. Man geht von einem Jahresertrag von 4.377 MWh aus, das sind circa 800 MWh mehr als die derzeit benötigte Energie im Stadion. Die überschüssige Energie soll dann nebenan im Stadionbad Verwendung finden.

Bevor die Bohrgeräte auffahren, müssen unter anderem noch die Flutlichtanlagen und die Kunstrasen- und Rasenflächen entfernt werden. Die Erneuerung der elf Trainingsplätze – inklusive sechs Felder in Wettkampfgröße – soll bis Herbst 2024 abgeschlossen sein, der gesamte Umbau bis 2026. Für die Teams des SK Rapid und des WFV wurden alternative Trainingsstätten gefunden.


>> TGA-Chefredakteur Klaus Paukovits erklärt hier, warum das Ernst-Happel-Stadion kein Solardach braucht.

VIENNA, AUSTRIA - JUNE 05, 2017: The outside of Ernst Happel Stadium on blue sky background
© unclepodger - stock.adobe.com

Die Sache mit dem Dach

Die Stad Wien hat das auf etwa 50 Mio. Euro geschätzte Projekt rund um die mobile Dachkonstruktion Ende 2023 als "als funktionale Totalunternehmerausschreibung" ausgeschrieben. Die von 8. Dezember bis 9. Jänner laufende Einreichfrist sorgte für scharfe Kritik vom Präsidium der Kammer der Ziviltechniker:innen für Wien, Niederösterreich und Burgenland. Anzeigen der Kammer in der Wochenzeitung Falter mit dem Titel „I wer, narrisch! Oder: Wie man möglichst schnell viel Steuergeld ausgibt" folgten.

Die Zukunft des denkmalgeschützten Bestands „als eine der wichtigsten Architektur- und Ingenieuraufgaben" sei in einer Nacht-und-Nebel-Aktion „erledigt“ worden, wird darin angeprangert. Weil die Ausschreibungsphase für das ca. 14.200 m2 große, neue Stadiondach voraussetzte, dass Bieter das Stadion vorab besichtigen müssen und die zur Terminvereinbarung angegebene Telefonnummer zwischen den Weihnachtsfeiertagen laut Kammer nicht erreichbar gewesen sei, hätten mögliche "Überraschungsanbieter" also gar nicht zum Zug kommen können.

Die Vertretung der Ziviltechniker*innen ortet eine intransparente Abwicklung und wirft ein, dass elf Tage nach dem Fristende bereits ein Auftragnehmer gefunden wurde: „Nicht abwegig, wenn einige gut informierte Unternehmen bereits ihre Sportschuhe geschnürt hatten, um das Angebot rechtzeitig einwerfen zu können."

Von Seiten der Stadt Wien – genauer, von den für den Ausschreibungsprozess zuständigen Wiener Sportstätten, Tochterunternehmen der Wien Holding – heißt es, dass „die gesetzliche Frist nicht nur eingehalten, sondern um vier Tage überschritten" wurde, wie der Standard berichtete. Grund für die Totalnehmerleistung sei, dass „es sich um ein außergewöhnliches Projekt handelt, für das keine Blaupause existiert und bei dem die Einhaltung zeitlicher Fristen von großer Bedeutung ist". Außerdem sei man über die Weihnachtsfeiertage erreichbar gewesen, eine Anfrage für einen Besichtigungstermin war auch per Mail möglich.

Die Architektenkammer hat das Verfahren inzwischen beeinsprucht und einen Nachprüfungsantrag an das Verwaltungsgericht gestellt, das die Einreichfrist zuvor bis 1. Februar verlängert hatte. Bis zum Vorliegen eines Urteils wird die Frist vorläufig wöchentlich verlängert, die letzte Erstreckung gilt aktuell bis 19. Februar.