Kartellverdacht : Gab es Preisabsprachen am heimischen Pelletmarkt?

Energy. Pellets on the table
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Es ist bestätigt: Von 18. Oktober bis 20. Oktober 2022 führt die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) Hausdurchsuchungen im Markt für Pellets durch. Pellethersteller und Pellethändler stehen im Verdacht, Preisabsprachen getroffen, Kund*innen aufgeteilt sowie den Absatz gemeinsam eingeschränkt bzw. kontrolliert zu haben. Betroffen von den laufenden Ermittlung sind eine Reihe von Unternehmen sowie ein Verband in den Bundesländern Wien, Kärnten und Tirol. Die Arbeiterkammer begrüßt die Ermittlungen der BWB. Anhaltspunkte für den Verdacht seien, dass die Rohstoffpreise für Pellets nicht annähernd im selben Ausmaß gestiegen sind – auch die Holzlager seien gut gefüllt.

„Heizen ist ein Grundbedürfnis. Die gegenwärtige Krisensituation darf nicht durch Absprachen weiter verzerrt werden. Wir gehen allen Hinweisen mit höchster Priorität nach“, äußert sich die interimistische Generaldirektorin der BWB Natalie Harsdorf-Borsch zur Thematik. Vier Prozent aller Haushalte in Österreich heizen mit Pellets, der Verbraucherschutzverein rät bereits dazu, Rechnungen über den Pelletkauf aufzuheben. 2021 wurden 1,6 Mio. Tonnen Pellets in Österreich produziert. Davon wurden 1,2 Mio. Tonnen in Österreich verbraucht.

Gut zu wissen: Kartellverbot

Nach § 1 Kartellgesetz sind alle Vereinbarungen verboten die den Wettbewerb verhindern oder beschränken. Insbesondere sind Absprachen über Preise, Einschränkungen der Kontrolle oder der Erzeugung des Absatzes, die Aufteilung von Märkten verboten. Bei Verstößen gegen das Kartellgesetz kann eine Geldbuße bis zu 10 Prozent des Gesamtumsatzes eines Unternehmens durch das Kartellgericht verhängt werden.

proPellets Austria bezieht Stellung

proPellets Austria, die Branchenvertretung der Pellet-Industrie in Österreich, bestätigt indes eine Hausdurchsuchung durch die Bundeswettbewerbsbehörde, dementiert aber den Verdacht von Preisabsprachen. „Wir kooperieren natürlich vollumfänglich mit den Behörden“, so Christian Rakos, Geschäftsführer von proPellets Austria. Rakos führt in diesem Zusammenhang drei Argumente an, um den Preisanstieg zu erklären:

1. Steigende Produktionskosten für Pellets

Dafür seien starke Preissteigerungen bei Sägespänen, den Stromkosten sowie Ersatzteilen und Transportkosten mitverantwortlich.

2. Steigende Nachfrage nach Pellets

Rund 34 Mio. Tonnen werden aktuell pro Jahr in privaten Heizanlagen, bei gewerblichen Kunden sowie in Kraftwerken genutzt. In den vergangenen beiden Jahren sei es zu einer Steigerung der Nachfrage gekommen. Unterstützt wird dieses Argument von den aktuellen Zahlen der VÖK: Heizungen mit Holz und Pellets konnten einen Zuwachs von deutlich über 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Umgerechnet entspricht das rund 25.000 Stück.

Christian Rakos
„Wir sind überzeugt, dass die Bundeswettbewerbsbehörde keinerlei Fehlverhalten von proPellets zu Tage fördern wird", betont Rakos. - © proPellets Austria/ Wilke

3. Kriegsbedingte Lieferausfälle in Europa

Als Folge des Kriegs in der Ukraine wurde der Pelletimport aus Russland, Weißrussland und der Ukraine nach Europa unterbrochen. Auch wenn Österreich kaum Pellets aus diesen Ländern bezogen hat, so fehlen sie anderen Importländern. Laut proPellets Austria fehlt eine Menge von 3,5 Mio. Tonnen – rund 10 Prozent des Bedarfs – am europäischen Markt. Die Folgen seien ein Pelletmangel und Preissteigerungen in ganz Europa, die sich indirekt auch auf Österreich auswirken würden. Pellets aus Russland oder der Ukraine machten laut BWB nur 1 Prozent der österreichischen Importe aus.

Zum Vorwurf der Preisabsprachen

Rakos pocht in der Aussendung des Verbandes zudem auf drei weitere Argumente, um den Verdacht von Absprachen zu entkräften:

1. Große Preisdifferenz bei Pellets pro Tonne und Händler

Die durchschnittliche Variation der Preise (die sogenannte Standardabweichung) lag im vergangenen August bei 60 Euro pro Tonne. Dem gegenüber steht in den Jahren 2017-2021 eine mittlere Abweichung der Preise vom Durchschnittspreis von rund 10 Euro pro Tonne.

2. Günstigerer Preis in Österreich

Im internationalen Preisvergleich sind die Pelletpreise in Österreich niedriger als in den Nachbarländern Deutschland, Schweiz und Italien. Während der durchschnittliche Pelletpreis im Oktober in Österreich bei 633 Euro pro Tonne lag, waren es in der Schweiz 673 Euro pro Tonne, in Deutschland 743 Euro pro Tonne und in Italien rund 800 Euro pro Tonne.

3. Weniger Export österreichischer Händler

Die österreichischen Pelletexporte im laufenden Jahr bis Juli waren laut proPellets Austria um elf Prozent niedriger, als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Demnach hätten heimische Hersteller, trotz des vergleichsweise niedrigen Preisniveaus in Österreich, der Versorgung des Heimmarkts Priorität eingeräumt und auf Gewinne aus dem Export in hochpreisigere Länder verzichtet, erklärt Rakos. Die Verknappung am heimischen Markt ergebe sich aus einer Reduktion der heimischen Pelletimporte, die aufgrund der allgemeinen Verknappung in Europa bei insgesamt 21 Prozent lag. Die Importe aus den Hauptimportländern Tschechien und Deutschland seien fast auf die Hälfte der Menge des Vorjahrs gesunken.

Ein etwas anderes Bild zeichnet die BWB: Laut Statistik Austria ist im Vergleich zu 2021 ein "leichter Rückgang" von Pelletexporten im Jahr 2022 zu entnehmen, die Importe seien "leicht" zurückgegangen.

Update Februar 2023: OGH bestätigt Hausdurchsuchungsbefehl

Nach der Hausdurchsuchungen durch die BWB hat eine betroffene Unternehmensgruppe beim Obersten Gerichtshof (OGH) als Kartellobergericht Einspruch erhoben. Die Gruppe argumentierte unter anderem, dass keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für einen rechtfertigenden Anfangsverdacht vorliegen würden, um eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Der OGH ist diesem sowie den anderen vorgebrachten Gründen nicht gefolgt – die Hausdurchsuchung war demnach also rechtens. „Aufgrund des eingelegten Rechtsmittels wurden seitens der BWB die sichergestellten Daten versiegelt bewahrt. Der OGH hat jetzt Klarheit geschaffen und die Daten können ausgewertet werden“, erklärt die interimistische Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch.