Aus TGA 11: Interview : „Preiszusagen über Jahre oder Monate hinweg sind nicht mehr möglich"

Mag. (FH) Markus Hörtner links und Ing. Andreas Zottler rechts vor einem Vogel & Noot Poster
© TGA Redaktion

Vogel & Noot gehört zur weltweit tätigen finnischen Purmo Group mit dem Headquarter in Wartberg (Steiermark). Ein Teil der Produkte wird in Österreich sowie an weiteren 21 Standorten in Europa produziert. Dass Vogel & Noot im nächsten Jahr auf eine 150-jährige Geschichte zurückblicken kann, spricht für sich. Denn Innovation braucht auch Tradition. Wie es um die Innovation bestellt ist und wie sich der Wärmeübertragungsmarkt entwickelt hat, das wollte der TGA vom Vertriebsdirektor Ing. Andreas Zottler und von Mag. (FH) Markus Hörtner, Marketing Manager Central-, Ost- und Nordeuropa, wissen.

TGA: Vogel & Noot ist ein traditionsreiches österreichisches Unternehmen mit hohem Bekanntheitsgrad, den es im Laufe der Jahrzehnte vornehmlich durch hochqualitative Heizkörper erlangt hat. Was hat sich in den letzten Jahren auf der Produktseite geändert?

Andreas Zottler: Sehr viel. Von einem reinen Heizkörperhersteller sind wir in den letzten zwanzig Jahren zu einem Komplettsystemanbieter geworden. Neben den altbewährten Flachheizkörpern produziert Vogel & Noot Fußbodenheizungen, Elektroheizkörper, Rohr- und Designheizkörper, Konvektoren, Heizwände, Schornsteinsysteme und, was uns besonders stolz macht, seit 5 Jahren auch Installationssysteme. Dieses Komplettangebot für Heizen und Kühlen aus eigener Produktion gibt dem Kunden Sicherheit, weil alles aus einer Hand kommt und mittlerweile unser Eigenfertigungsanteil weit über 90 % ausmacht.

Wie unterstützen Sie Kunden mit Blick auf die steigende Komplexität der verfügbaren Lösungen?

Markus Hörtner: Die zunehmende Komplexität von Heiz- und Kühllösungen wird nur aus der Systemperspektive zu meistern sein. Hierbei geht es uns nicht nur um ein komplettes und aufeinander abgestimmtes Produktangebot, bestehend aus Heizkörpern, Flächenheizungen, Anbindesystemen, Regelungstechnik, Zubehör sowie Elektroheizungen. Es geht uns auch um die Unterstützung von Verkauf, Planung und Bauprozess mit flankierenden Dienstleistungen und um einen minimalen Ressourceneinsatz über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. Ein Beispiel für die steigenden Anforderungen sind Gebäude mit sehr guter Wärmedämmung. Ist die Wärmeübertragung nicht in der Lage, auf Störgrößen wie zusätzliche Wärmequellen angemessen zu reagieren, führt das zu Mängeln bei der thermischen Behaglichkeit und zur Energieverschwendung. Nur ein gut aufeinander abgestimmtes System und innovative Produktlösungen sorgen für thermische Behaglichkeit sowie optimale raumklimatische Bedingungen, und das bei einem geringen Energieverbrauch. Hier hat Vogel & Noot die Expertise, in die innovatives Design, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse sowie umfangreiches Know-how in der industriellen Fertigung einfließen. Außerdem ist Vogel & Noot jahrzehntelang bekannt für Sicherheit, Zuverlässigkeit und Handschlagqualität.

Wie hat sich das Verhältnis Heizkörper zu Fußbodenheizung gewandelt?

Zottler: Wir verzeichnen eine massive Zunahme der Fußbodenheizung, sodass sie bereits annähernd 50 % unseres Gesamtgeschäftes ausmacht. Dagegen ist der Heizkörpermarkt seit dem Jahr 2000 um ca. 70 % geschrumpft. Trotzdem konnten wir unsere Marktstellung in diesem Bereich weiter ausbauen, allerdings mit weniger Volumen.

Die Wärmepumpe boomt in Österreich auch bei der Sanierung älterer Gebäude weiterhin. Welche Entwicklungen hat Vogel & Noot dazu umgesetzt, um ein geeignetes Wärmeabgabesystem für die Sanierung anzubieten?

Zottler: Wir verfolgen diesen Trend zu immer niedrigeren Vorlauftemperaturen schon sehr lange. Diesbezüglich haben wir bereits im Jahr 2012 unseren E2 Wärmepumpenheizkörper auf den Markt gebracht. Dieser E2 Wärmepumpenheizkörper ermöglicht es aufgrund seiner integrierten Lüfter und Regelung, mit Vorlauftemperaturen unter 40 °C die notwendigen Anforderungen einer Wärmepumpe bestens zu erfüllen. Im Laufe der letzten Jahre haben wir den E2 Wärmepumpenheizkörper um eine weitere Wärmepumpeneigenschaft erweitert, die trockene Kühlung. Der E2 Wärmepumpenheizkörper ist somit nun in der Lage, neben der Einhaltung etwaiger Fördervoraussetzungen für die Wärmepumpe (Vorlauf unter 40 °C) auch im Sommer seinen Beitrag zu leisten und damit die zunehmenden Hitzetage in Österreich im Eigenheim erträglicher zu machen. Ein weiteres System, welches in der Sanierung voll eingeschlagen hat, ist das Floortec-Fußbodenheizungs-Frässystem. Hierbei können wir in bestehende Böden (Estrich, Beton etc.) ein normales Fußbodenheizungsrohr staubfrei einfräsen. Dies ermöglicht somit in der Sanierung von Wohnräumen den Komfort einer Fußbodenheizung. Und das Schöne daran ist, dass wir an die ganzheitliche Lösung gedacht haben. Jeder Wohnraum und jeder Nutzer benötigt eine individuelle Wärmeabgabe, welche wir nun ganz leicht ermöglichen. Wie z. B. E2 Wärmepumpenheizkörper in bestimmten Wohnräumen kombiniert mit dem Floortec-Frässystem im Bad und Wohnzimmer sowie rein elektrischen Heizkörpern der Serie Vogel & Noot eLine in Badezimmern sowie Räumen, welche nicht ständig beheizt werden müssen. Sie sehen also, Vogel & Noot hat diesbezüglich nicht nur ein Produkt produziert, sondern ganze Lösungsansätze entwickelt.

Seit Anfang 2021 kommt es in der Installationsbranche zu massiven Materialverknappungen sowie damit gefolgt zu enormen Preisanpassungen. Welche Auswirkungen hat dieser Umstand auf Vogel & Noot gehabt und wie ist man bisher damit umgegangen?

Zottler: Diese aus unserer Sicht weltweite Entwicklung der Rohstoffverknappung/Verfügbarkeit (Anm. durch den weltweit deutlich gestiegenen Konsum, Probleme bei den Transportwegen etc.) hat sich in unseren Produktionsbereichen leider enorm ausgewirkt. Im gesamten Stahlsektor (Fahrzeuge, Weißware, Baustahl, Heizkörper etc.) sowie bei bestimmen Kunststoffen und Elektronik (EPS, E-Chips etc.) kam es seit Ende 2020 zu europaweit deutlichen Steigerungen im Absatz. Zu diesen Steigerungen, welche nicht in diesem Ausmaß von der Industrie erwartet wurde kam zusätzlich der sogenannte Klopapiereffekt dazu, welcher im Bereich der Dämmungen und Rohre zu Hamsterkäufen führte. Dennoch haben wir alle unsere langjährigen Kunden über das gesamte Jahr 2021 mit Material und Produkten versorgen können. Zudem haben wir in partnerschaftlicher Weise die enormen nötigen Preisanpassungen nicht zeitgleich und 1:1 unseren Kunden weitergegeben. Hier haben wir aus unserer Sicht unsere jahrzehntelange Handschlagqualität sowie Partnerschaft unseren Kunden gegenüber unter Beweis gestellt. Dennoch müssen wir uns aufgrund der immer schneller werdenden Veränderungen sowie der weiterhin massiven Preisanstiege beim Rohmaterial neu orientieren. Preiszusagen über Jahre oder Monate hinweg sind nicht mehr möglich. Diese Tatsache ist nun auch in der Baubranche angekommen.

Auch die Digitalisierung hält zunehmend Einzug in der Branche. Wie präsentiert sich Vogel & Noot in der digitalen Welt?

Hörtner: Wir haben uns die letzten Jahre bei dem Thema Digitalisierung immer weiterentwickelt, denn wer hier nicht investiert, wird die Anforderungen der Kunden bald nicht mehr erfüllen können. Hierbei haben wir den kompletten Prozess bis zum Endkunden im Auge, denn alle Beteiligten haben ihre spezifischen Anforderungen, die wir bedienen müssen. Entsprechend haben wir bereits den Fokus auf viele digitale Projekte gesetzt, zum Beispiel in eine neue noch bedienungsfreundlichere Website oder in PIM (Product Information Management), das den Beitrag der Industrie für den BIM-Planungsprozess darstellt, also aufbereitete Produktdaten, die direkt von BIM übernommen werden können. Damit werden wir heute und in Zukunft als Komplettanbieter allen am Bau Beteiligten die Planung von der Wärmeverteilung bis hin zur Wärmeübertragung bei der Nutzung von BIM als Planungsstandard noch weiter erleichtern und digital bestens unterstützen.

Zum Abschluss: 2022 rückt immer näher. Welche Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesetzt?

Zottler: Hier gibt es bereits klare Pläne, welche sich einerseits mit der Nachhaltigkeit unserer Produkte und Prozesse auseinandersetzen. Hier arbeiten wir mit viel Einsatz und Engagement daran, mit unseren internen Prozessen sowie in weiterer Folge mit unseren produzierten Produkten massive Einsparungen von CO₂ zu erwirken und zu unterstützen. Weiters wird unser Fokusziel in den nächsten 5 Jahren im Solution Selling liegen. Wir wollen unseren Kunden einerseits einen klaren Vorteil bei der Systemvielfalt unserer Produkte ermöglichen und andererseits auch diese Systemvielfalt mit maximalem Service in allen Belangen unterstützen. Bleiben Sie hier gespannt, diesbezüglich werden wir in den nächsten Jahren neue Maßstäbe setzen.