Forschung : Mit Wärmepumpe: Dampf für den industriellen Betrieb
Das biopharmazeutische Unternehmen Takeda hat gemeinsam mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), dem Klima- und Energiefonds und dem AIT Austrian Institute of Technology (AIT) ein New Energy for Industry-Projekt der FTI (Forschung, Technologie und Innovation)-Initiative „Vorzeigeregion Energie“ präsentiert: Das Forschungsprojekt AHEAD (Advanced Heat Pump Demonstrator).
Im Forschungsprojekt wird erstmals eine dampferzeugende Wärmepumpe im industriellen Betrieb integriert. Die erdgasfreie Dampferzeugung zielt darauf ab, eine CO2-Reduktion von bis zu 90 Prozent an einem der größten Takeda-Arzneimittelproduktionsstandorte in Wien zu erreichen und dabei ausschließlich natürliche Kältemittel zu verwenden. Dieses technologische Vorzeigeprojekt stärkt die Rolle Österreichs in der Hochtemperatur-Wärmepumpenforschung und soll als Praxisbeispiel für die gesamte pharmazeutische Industrie und auch für viele andere Industriebetriebe und Branchen dienen, die ihre Prozesse CO2-frei gestalten möchten. Das AHEAD-System kann Temperaturen von 200-260°C erreichen. Bei Takeda werden 184°C für die Dampfversorgung benötigt.
Wärmepumpen werden in Zukunft ein wesentliches Element der Energieinfrastruktur sein, auch im industriellen Kontext.Wolfgang Hribernik, Head of Center for Energy, AIT Austrian Institute of Technology und NEFI Verbundkoordinator
Energieintensive Produktion
„Das Projekt AHEAD setzt einen neuen Meilenstein mit der Entwicklung einer dampferzeugenden Wärmepumpe, die bei 11 bar und 184°C ausschließlich mit natürlichen Kältemitteln betrieben wird", weiß Wolfgang Hribernik, Head of Center for Energy, AIT Austrian Institute of Technology und NEFI Verbundkoordinator. Im Temperaturbereich unter 200°C habe der Einsatz von industriellen Hochtemperaturwärmepumpen enormes Potenzial, denn in diesen Bereich fallen 37 Prozent des Prozesswärmebedarfs der europäischen Industrie. „Mit dem Innovationsnetzwerk NEFI haben wir die Möglichkeit neue Schlüsseltechnologien wie diese bei industriellen Anwendern wissenschaftlich zu begleiten und zu testen. Das reduziert das technische und wirtschaftliche Risiko der Betriebe am Weg zur Dekarbonisierung", so Hribernik.
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Die Arzneimittelproduktion ist sehr energieintensiv, um Rohstoffe, Zwischenprodukte und Medikamente zu kühlen; gleichzeitig bedarf es Wärme und Dampf, um chemische und biologische Prozesse in Gang zu setzen oder ein steriles Produktionsumfeld zu gewährleisten. Mit einem hohen Bewusstsein für den Umweltschutz erfordert dies eine bewusste Entscheidung für die jeweils nachhaltigsten Energieträger (z.B. Strom statt Gas) und die Verwendung von Hilfsmitteln mit der jeweils besten CO2-Bilanz (z.B. natürliche Kältemittel).
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Harald Erös, AHEAD-Projektleiter bei Takeda
„Das Forschungsprojekt AHEAD übernimmt eine Vorreiterrolle und liefert eine umweltfreundliche Lösung für die Dampfversorgung industrieller Prozesse. Ein großer Teil des Prozesswärmebedarfs in der Arzneimittelproduktion wird bis dato hauptsächlich durch Erdgas gedeckt. Im Projekt AHEAD ist das nicht mehr nötig, da ein innovatives Wärmepumpensystem etabliert wird. Es besteht aus einer dampferzeugenden Wärmepumpe der Firma SPH Sustainable Process Heat GmbH, die mit Dampfverdichtern kombiniert wird und Dampf mit 11 bar(a)/184°C erzeugt.Dabei wird eine CO2-Reduktion von bis zu 90 Prozent und über sieben Monate völlige CO2-Emissionsfreiheit pro Jahr, unter ausschließlicher Verwendung von natürlichen Kältemitteln, an einem der größten Takeda-Arzneimittelproduktionsstandorte in der Langen Allee 24 in Wien erreicht. Dies entspricht 1.900 Tonnen CO2 pro Jahr und ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele von Takeda, vor 2035 seine Betriebsstätten mit Netto-Null Treibhausgasen Emissionen zu betreiben.“
Wärmerückgewinnung durch zentralisierte Kühlung
Im Forschungsprojekt wird weiters auch ein Konzept zur Implementierung des AHEAD-Systems für weitere Takeda-Standorte in Österreich und weltweit erstellt. Außerdem wird das Dekarbonisierungspotenzial dieser Technologie für andere wichtige Industriesektoren mit hohem Energieaufwand, wie Papier-, Chemie- und Lebensmittelindustrie, in Österreich untersucht. Veronika Wilk, AHEAD-Projektleiterin beim AIT erklärt: „Das AIT Center for Energy wird eine optimierte Betriebsstrategie für das AHEAD-System mit einem umfassenden Systemmodell entwickeln. Für das CO2-Einsparungspotenzial wird ein neuartiger Ansatz entwickelt. Dabei werden Prozessanforderungen und erwartete Prozessveränderungen, Lernkurven für Hochtemperatur-Wärmepumpen basierend auf den Erfahrungen des Projektes sowie statistische Daten kombiniert.“
Das technische Fundament des AHEAD-Projekts ist eine bereits in Betrieb befindliche CO2-neutrale Energiezentrale am Takeda-Standort in Wien, in der die Kälteerzeugung auf 100 Prozent natürliche Kältemittel umgestellt wurde. Diese Kältemittel zeichnen sich durch eine hohe Effizienz aus und geben kein CO2 ab (GWP – Global Warming Potential von 0 CO2 pro kg Kältemittel). Mit der Zentralisierung der Kühlung des Standorts wurde auch die Möglichkeit geschaffen, diese gleichzeitig für eine Wärmerückgewinnung zu nutzen. Dabei wird die Abwärme der Kälteanlage weiterverwendet und mit einer Wärmepumpe auf 65 bis 70°C erwärmt. Diese wird bereits jetzt für das Heizungswasser des Standorts verwendet.
So geht es mit AHEAD weiter
AHEAD wird in Zukunft die vorhandene Wärme des Heizungswassersystems durch eine weitere spezielle Wärmepumpe zur Dampferzeugung nutzen. Die technische Herausforderung dabei ist, dass es aufgrund der hohen Temperaturen zu thermischen Problemen im Verdichter oder Problemen mit dem Kältemaschinenöl kommen kann. Auch sind die meisten herkömmlichen Kältemittel nicht für so hohe Temperaturen verwendbar. Sustainable Process Heat (SPH) hat bereits eine Wärmepumpe entwickelt, die bis zu 165°C liefern kann und auf einem Kolbenverdichter beruht. Diese Wärmepumpe wird nun für den Einsatz natürlicher Kältemittel adaptiert, um so das Heizungswasser zuerst von 65 auf etwa 130°C zu erwärmen und dabei zu verdampfen. Dieser Dampf wird auf 11 bar verdichtet und dabei auf über 184°C erhitzt, so wie es für die Arzneimittelproduktion erforderlich ist.
AHEAD wird voraussichtlich Ende 2024 in Betrieb gehen und Ende 2025 soll die finale Auswertung stattfinden. Das Forschungsprojekt wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen der Forschungsinitiative „NEFI – New Energy for Industry“ als Teil der österreichischen Innovationsoffensive „Vorzeigeregion Energie“ durchgeführt.
Zur Projektpräsentation: https://www.publichealth.at/10...