Dekarbonisierung : Was sich durch Green Deal, EPBD und Regierungsprogramm für Facility MangerInnen ändert

Doris Bele M.Sc.
© Jana Madzigon

Klimaschutz und Energieeffizienz sind die großen Herausforderungen unserer Zeit. Die Facility ManagerInnen tragen als Entscheidungsträger und Meinungsbildner in ihren Unternehmen Verantwortung für einen aktiven Beitrag zu Reduktion von Energieverbrauch, Ressourceneinsatz und CO2-Ausstoß der von ihnen gemanagten Gebäude und Anlagen. Der European Green Deal stellt die FM-Branche vor neue Herausforderungen.

Konkrete Ergebnisse? Bitte warten

Obwohl schon seit Jahren an internationalen Willensbekundungen und Projekten wie dem Pariser Klimaschutzabkommen oder nationalen Energieeffizienzgesetzen gearbeitet wird, lassen die konkreten Ergebnisse auf sich warten. In den letzten 12 bis 18 Monaten ist die unmittelbare Bedeutung des Klimaschutzes für unsere Gesellschaft einer breiteren Basis ins Bewusstsein gerückt. Der beeindruckende Erfolg der Fridays-for-Future-Bewegung ist sowohl Motor als auch starker Ausdruck davon.

Nun haben auch die politischen Verantwortungsträger, allen voran die Europäische Union (EU), klare Schritte hin zu einem nachhaltigen Wandel unserer Gesellschaft eingeleitet. Mit dem European Green Deal will die EU nicht weniger als die Umgestaltung der europäischen Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft und ein klimaneutrales Europa bis 2050 erreichen. Auch die neue Europäische Richtlinie für energieeffiziente Gebäude (EPBD) und das österreichische Regierungsprogramm 2020 enthalten bereits konkrete Vorgaben dazu.

Die Rolle des Facility Managements

In Österreich ist Facility Management eine Branche mit über 200.000 Beschäftigten und einem Umsatz von über 18 Mrd. EUR und zeichnet für rund 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verantwortlich. Jeden Tag sorgt Facility Management für das Wohlergehen von mehr als 2,5 Mio. KundInnen und NutzerInnen. Als Managementdisziplin vereint Facility Management die erforderlichen Unterstützungsprozesse des Kerngeschäfts eines Unternehmens und sorgt für die wirtschaftliche Bereitstellung von Immobilien, Arbeitsplätzen und Services für Unternehmen und Organisationen.

Facility ManagerInnen haben dadurch aber auch wesentlichen Einfluss auf die effiziente Nutzung und den Betrieb von Gebäuden und betrieblicher Infrastruktur. Eine Hochrechnung in Deutschland zeigt, dass etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen beim Betrieb von Gebäuden entstehen, wenn zu den direkten Emissionen (10 bis 14 Prozent) auch die indirekten Emissionen, die bei der Versorgung mit Strom und Wärme (wie etwa Fernwärme) durch Unternehmen der öffentlichen Versorgung entstehen, hinzugerechnet werden.

Die aus dem European Green Deal, der Europäischen Richtlinie für energieeffizienten Betrieb und dem österreichischen Regierungsprogramm resultierenden Vorgaben, Maßnahmen und Rahmenbedingungen werden auch unmittelbare Auswirkungen auf Errichtung, Sanierung, Nutzung und den Betrieb von Gebäuden und Infrastrukturen und damit auf das Facility Management haben.

White Paper der IFMA Austria

Ein kürzlich erschienenes White Paper, das im IFMA Austria-Zukunftsforums entstanden ist, zeigt auf, was Facility ManagerInnen zum Thema Energieeffizienz und Klimaschutz wissen müssen und wie sie dazu beitragen können die Ziele zu erreichen.

Ziel des White Papers ist es einerseits, die bereits bekannten und angekündigten Herausforderungen und Aufgaben aus dem European Green Deal, der Energy Performance of Buildings Directive und dem österreichischen Regierungsprogramms 2020 für die Branche zusammenzufassen und übersichtlich darzustellen. Andererseits soll der Versuch unternommen werden, die Auswirkungen dieser Vorgaben auf das Facility Management von Morgen zu beleuchten und all jene Aspekte zusammenzufassen, die Facility ManagerInnen schon heute kennen müssen.

Vorgaben zu erneuerbaren Energien und energetischer Sanierung

Das energetische Ziel der neu errichteten Gebäude ist das Nullenergiehaus bzw. Plusenergiehaus. Hierbei wird eine gute Kenntnis der technischen Zusammenhänge, der Leistungsfähigkeit und der Qualitäten der Gebäudehülle sowie der Gebäudetechniksysteme wesentlich sein.

Bei der energetischen Sanierung werden Niedrigstenergiestandards zu erreichen sein. Dies wird bei der Gebäudehülle den Einsatz von Passivhausbauteilen erfordern und oft umfassende Sanierungseingriffe bedeuten. Die entsprechend bauphysikalisch abgestimmten Konzepte sind auch bei etappenweiser Sanierung essenziell und müssen auch aus der FM-Sicht gut funktionieren.

PV-Elemente werden künftig verstärkt eingesetzt werden, auch bei fassadenintegrierten Lösungen oder auf Zäunen und auf Freiflächen. In Hinblick auf Betrieb, Reinigung und Brandfall wird also die FM-Betreuung anspruchsvoller.

Nachhaltige Heizsysteme verdrängen im Neubau sehr schnell fossile Energiequellen. Neben Fernwärme und Fernkälte werden außerhalb dieser Versorgungsgebiete vor allem Wärmepumpen und Holz-Biomasseheizungen stark zunehmen.

Der sommerliche Wärmeschutz und bei Bedarf auch ein Kühlsystem mit Bauteilaktivierung bzw. niedrigen Luftgeschwindigkeiten werden durch den Klimawandel zunehmend wichtig. Auch Fassadenbepflanzungen nehmen zu und somit auch der Anspruch an deren Pflege und Bewässerung. Durch die fortschreitende Technisierung werden IoT-Anwendungen (Internet of Things), wie Sensorik zur Lichtsteuerung oder Raumklimamessung, in vielen Fällen die schnelleren und kostengünstigeren Anwendungen zur Generierung von wichtigen Steuerungsdaten sein.

Monitoring-Daten zum Energie- und Ressourcenverbrauch oder auch zur durch PV erzeugten Energie werden über Smartphones und Apps einer viel breiteren Interessentenschicht in Echtzeit zur Verfügung stehen. Dadurch ergeben sich viele Chancen fürs FM, aber auch die Herausforderung der Datenverfüg- und -auswertbarkeit.

Energieeffizientes Betreiben

Die tatsächliche Energieeffizienz eines Gebäudes, insbesondere in Bezug auf Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen, kann mithilfe von regelmäßigen Monitoring-Werten beurteilt werden. Betriebsbedingungen ändern sich dynamisch, Anlagen müssen also laufend überwacht und eingestellt werden. Das gelingt nur mit entsprechenden Gebäudeautomationssystemen. Die EPBD führt zudem aus, dass sich die Einführung von Gebäudeautomation und elektronischer Überwachung als wirksamer und in großen Gebäuden kosteneffizientester Ersatz für Inspektionen erwiesen hat und zudem großes Potenzial für Energieeinsparungen bietet. Bei Inspektionen muss künftig entsprechend auf den korrekten energieeffizienten Betrieb der Anlagen geachtet werden.

Gegenwärtig ist selbst in modernen Gebäuden die Effizienz der eingesetzten Energie kaum bis gar nicht bekannt. Meist fehlt es an Messmitteln, Sensorik und elektronischen Überwachungssystemen bzw. werden diese, falls vorhanden, nicht ausgewertet. Weiters werden oft auf Grundlage falscher Daten und Prognosen Investitionen getätigt, die wiederum zu falschen Anlagendimensionierungen und somit zu weiteren Energieeffizienzverlusten führen. Zudem beziehen sich Energieziele meist primär auf die Gebäude und nicht auf die Primärprozesse der Unternehmen in den Gebäuden. Folglich werden diese Energieziele meist nur eingeschränkt mit Berücksichtigung der Kunden- bzw. Endkunden-Prozesse gesetzt und verfolgt – dadurch können weder das ganze Potenzial noch die dementsprechenden Synergien genutzt werden.

Energiecontrolling

Grundbestandteil des Energiecontrollings ist das Monitoring von Verbrauchswerten, Verbrauchskennzahlen und der Kosten von Energie und Medien. Im Mittelpunkt des Energiecontrollings steht ein permanenter Soll-/Ist-Vergleich. Ziel des Energiecontrollings ist es, einen auf das Kerngeschäft optimierten Energieverbrauch bzw. entsprechende Energiekosten zu erreichen. Eine kontinuierliche Optimierung des Energieverbrauches und der damit verbundenen Kosten kann durch aktives Energiemanagement sichergestellt werden.

Energiemesskonzepte

Um Verbrauchswerte überhaupt monitoren zu können, ist ein Energiemesskonzept in Form einer Richtlinie für Bestandsgebäude, jedenfalls aber für Neubau- bzw. Umbau/Sanierungsprojekte erforderlich. Diese Richtlinie dient als Wegweiser für eine einheitliche Ausrüstung von Gebäuden und Gewerken mit Messeinrichtungen. Das Konzept muss dabei unter anderem folgende Aspekte berücksichtigen:

Klare Definition der Systemgrenzen (sog. Bilanzgrenzen)

Messung aller Energie- und Medienzuflüsse ins Objekt

Messung der gebäudeübergreifenden Wärmerückgewinnung (Energie- und Medientransfer)

Die Investitionskosten der Messeinrichtung müssen in Relation zu dem Optimierungspotenzial im Lebenszyklus (LC-Betrachtung z.B. 15 Jahre) stehen.

Smart Readiness Indicator (SRI)

Ziel des SRI ist es, gesündere und komfortablere Gebäude zu schaffen, die sich an die Bedürfnisse der NutzerInnen und des Energienetzes anpassen und gleichzeitig einen geringen Energieverbrauch und eine geringe Kohlenstoffbelastung haben. Mit dem SRI soll eine Entwicklung in Richtung energieeffiziente und klimaverträgliche Stadt unterstützt werden, die auch dazu beiträgt, die Lebensqualität und die wirtschaftliche Standortattraktivität zu erhöhen.

Mit dem SRI soll die technologische Fähigkeit eines Gebäudes bewertet werden, mit dem Bewohner und dem Netz zu kommunizieren und den Gebäudebetrieb effizient zu regeln.

Neue Anforderungen an Facility ManagerInnen

Das Aufgabenfeld von Facility ManagerInnen wird sich durch die kommenden regulatorischen Rahmenbedingungen deutlich verändern und erweitern. Neben den bisherigen Aufgaben zur Aufrechterhaltung des Gebäudebetriebs und der Servicierung der NutzerInnen wird die laufende Optimierung des Energie- und Ressourceneinsatzes eine noch wichtigere Rolle als bishe einnehmen. Dafür werden digitale Werkzeuge und Technik zur Verfügung stehen, deren Einsatz ein fixer Bestandteil des täglichen Arbeitens sein wird, deren korrekte Bedienung jedoch eine Erweiterung und Vertiefung der vorhandenen Kompetenzen darstellt.

Den Facility ManagerInnen kommt eine Schlüsselposition zu um diese Aufgaben zu bewältigen. Ihr Wissen über die Nutzung der und das Nutzerverhalten in den/dem gemanagten Gebäude/n ermöglicht schließlich erst eine optimierte Auslegung und Anlagendimensionierung und einen optimierten Gebäudebetrieb.

Die Facility ManagerInnen werden zwar keine Bauteile und Anlagen konstruieren, müssen aber die energetischen Kennwerte und Atteste der Fachingenieure beurteilen können, um den Bauherrn/ Eigentümer in der Inbetriebnahme- und Betriebsphase gut zu beraten. Dies geht von den U-Werten der Gebäudehülle bis zum Test der Luftdichtheit (Blower Door Test).

Mess-, Steuer- und Regelungstechnik wird noch wichtiger. Die Sensorik wird zunehmend über LAN-Netze kommunizieren. Da verschiedene Techniken nebeneinander im Einsatz sein werden, sind die Schnittstellen wichtig. Der Bereich Informationstechnologie (IT) nimmt durch IoT, Sensorik und Digitalisierung immer mehr Raum in modernen Gebäuden ein und es wird immer wichtiger, hier zumindest Grundbegriffe zu kennen. Auch die Datendicht und die Anforderungen an die Datensicherheit rund ums Gebäude nehmen zu.

Die Möglichkeit, Förderungen für Optimierungsmaßnahmen lukrieren zu können, wird beim Kunden einen Wettbewerbsvorteil bringen.

Neben der Kenntnis von den Stellschrauben und Kenngrößen des energieeffizienten und klimaneutralen Gebäudebetriebs (kWh/m2a, kg CO2e/m²a) wird daher die Bedeutung der Befähigung in folgenden Feldern steigen:

Energetische Sanierung und damit zusammenhängende Kenntnis der Fördermöglichkeiten

Nachhaltige Energieerzeugung, Speicherung und Verteilung

Energetische Einregulierung und Nachführung

Messtechnik und Sensorik

Steuer- und Regelungstechnik, Gebäudemanagementsysteme

IT und IP-Kommunikation und Automationstechnologie

Vernetzung der gebäudetechnischen Komponenten zu einem sinnvollen Gesamtsystem