Adiabates Kühlen bei Argelith : How-to: Raumklima mit geringem Energieaufwand verbessern

Optimales Raumklima in der Fertigung ist eine Herausforderung – insbesondere mit Hochtemperaturöfen, wie sie in der Produktion der Argelith Bodenkeramik H. Bitter GmbH zum Einsatz kommen. Seit 2020 setzt der Hersteller daher auf adiabate Kühlung. Argelith ist besonders für seine qualitativ hochwertiger Industriefliesen bekannt. Mit einer langen Tradition seit 1870 produziert das Familienunternehmen am Stammsitz in Bad Essen im Osnabrücker Land vorrangig Feinsteinzeugfliesen.

Diese zeichnen die sich durch hohe Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Abrieb, Schmutz und Chemikalien aus. Argelith produziert pro Jahr etwa 1,5 Millionen Quadratmeter Fliesen und Platten, die hauptsächlich im Automobil-Bereich, der chemischen Industrie, der Lebensmittelindustrie sowie im öffentlichen Bau eingesetzt werden. Die Produktionsstätten von Argelith machen sich dabei die innovative Technologie der Verdunstungskälte zu Nutze.

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Argelith Bodenkeramik in Bad Essen
Argelith Bodenkeramik in Bad Essen - © Argelith

Bewältigung hoher Wärmelasten: Herausforderungen und Energiemanagement

Der Brennvorgang ist entscheidend für die Fliesenherstellung: Argelith nutzt unter anderem automatisierte Rollenöfen. Dort ist das Brenngut unterschiedlichen Temperaturzonen mit bis zu 1.220 °C ausgesetzt. Um den Energieverbrauch zu minimieren, sind die Rollenöfen kontinuierlich in Betrieb und halten die Wärme konstant. Das verursacht kürzere Brennzeiten ermöglicht, weil die Öfen nicht wiederholt aufgeheizt werden müssen.

„Als nach DIN EN ISO 50001 zertifiziertes Unternehmen folgen wir einem systematischen Energiemanagement und nutzen, wo immer möglich, innovative Technologien für eine energiesparende Produktion“, erklärt Markus Aulbert, verantwortlich für das Argelith Energie- und Umweltmanagement. Um die Abwärme der Öfen effiziebt zu nutzen, werden in verschiedenen Produktionsbereichen Wärmerückgewinnungsanlagen eingesetzt.

Dennoch bleiben die thermischen Prozesse der Produktion eine Herausforderung für die Mitarbeitenden, besonders in Bereichen wie Sortierung und Farbaufbereitung, wo im Sommer Temperaturen von bis zu 40 °C gemessen wurden. „Für unsere Mitarbeitenden bleiben die hohen Wärmelasten durch die thermischen Prozesse der Produktion allerdings eine große Belastung“, weiß Aulbert.

Markus Aulbert (links) wird vom Condair Systems Fachberater Patrick Gumnior (rechts) beraten.
Markus Aulbert (links) wird vom Condair Systems Fachberater Patrick Gumnior (rechts) beraten. - © Condair Systems

Technische Lösungen zur Kühlung: Prinzip der adiabaten Verdunstung

Zusätzlich zur Abwärme belastet die allgemeine Klimaveränderung die Situation. „Seit 2017 haben wir von Jahr zu Jahr wärmere Sommer mit mehr heißen Tagen von über 30 °C gehabt. Damit stiegen auch die Belastungen unserer Mitarbeitenden“, betont Aulbert.

Hohe Temperaturen können Gesundheitsprobleme und Produktivitätseinbußen verursachen, von Kopfschmerzen bis zum Hitzeschlag. Studien* belegen Produktivitätsverluste von 3 bis 12 Prozent in Zeiten hoher Wärmebelastung. Um für eine Entlastung der Mitarbeitenden zu sorgen und Beschwerden zu minimieren, war Markus Aulbert gemeinsam mit der Betriebsleitung auf der Ausschau nach geeigneten Kühllösungen.

„Umluft-Ventilatoren, mit denen ein Temperaturausgleich durch die Mischung der Innenluft erreicht werden soll, erschien uns zu wenig wirksam für unsere Wärmelasten. Gegen den Einsatz von Kältemaschinen sprachen die erwarteten Energiekosten und der nötige Installationsaufwand", führt er aus. Die Wahl fiel schlussendlich auf ein Luftbefeuchtungssystem mit Hochdruckdüsen, die in den Produktionshallen für einen ultrafeinen Sprühnebel sorgen – und damit das Prinzip der adiabaten Verdunstung nutzen.

>> Lesen Sie auch: Verdunstungskälte: Die Kühlkraft hinter dem Prinzip

*BCO: Whole Life Performance Plus Study (2018), www.wlpplus.com

Adiabate Verdunstungskühlung in der Argelith Fertigung.
Adiabate Verdunstungskühlung in der Argelith Fertigung. - © Condair Systems

Warum kühlt Feuchtigkeit?

Die Kühlung ist das Ergebnis der Verdunstung von kaltem Wasser in die Umgebungsluft. Um den Aggregatzustand von flüssig zu gasförmig zu ändern, muss Energie aufgewendet werden, die der Luft in Form von Wärme verloren geht. Durch die Verdunstung des Wassers kühlt sich die Luft ab.Eine adiabate (wärmedichte) Verdunstung findet statt, wenn dieser Prozess ohne Austausch von Wärmeenergie mit der Umgebung passiert.

Energieeffizient und effektiv: Wirtschaftliche Vorteiler adiabater Kühlung

Seit 2020 ist das Luftbefeuchtungssystem Condair ML Flex bei Argelith im Einsatz. Es arbeitet mit einer Hochdruckpumpe und erzeugt über einen Düsen-Strang aus Edelstahl mit einem Betriebsdruck von bis zu 70 bar einen mikrofeinen Sprühnebel. Der Sprühnebel aus Hochdruckdüsen wird sofort von der Raumluft aufgenommen, verteilt sich gleichmäßig und verdunstet.

Intelligente Steuerungen aktivieren die Luftbefeuchter in Abhängigkeit von der Klimasituation in den Hallen und kontrollieren den Sollwert der relativen Luftfeuchte. Die individuelle Anlagenpositionierung reduziert gezielt Wärmelasten und entlastet Beschäftigte.

>> Lesen Sie auch: Experte für Luftbefeuchtung erklärt: Adiabat Kühlen mit Direkt-Raumluftbefeuchtung: Was ist zu beachten?

Das Raumvolumen der hohen Produktionshallen ermögliche außerdem hohe Sollwerte der Luftfeuchte und lange Befeuchtungszeiträume, ohne dass es zur Überfeuchtung oder Schwüle komme, beschreibt Patrick Gumnior, Fachberater bei Condair Systems, die Effektivität der Anlage. Energiekosten sind dabei laut Markus Aulbert zu vernachlässigen: „100 Liter Wasser dieser Hochdruckdüsen-Luftbefeuchtung absorbieren rund 70 kW Wärme bei nur 0,6 kW Energieaufwand. Im Vergleich zu den Spitzenleistungen von 2.500 bis 3.000 kW an unserem Standort ist das ein sehr effizientes Verfahren.“

Neben der Kühlung bewirkt die höhere Luftfeuchtigkeit auch eine Bindung der bei der Produktion entstehenden Keramikstäube. Ein zusätzlicher Wasserfilm umhüllt die Partikel. Dadurch nehmen sie Wasser auf, was zu einer Gewichtszunahme führt. Die Staubpartikel schweben kürzer in der Luft, fallen schneller zu Boden und stellen somit eine geringere Belastung für Mensch und Maschine dar.

Wasseraufbereitung und Hochdruckpumpe des Condair ML Systems.
Wasseraufbereitung und Hochdruckpumpe des Condair ML Systems. - © Condair Systems

Eine adiabate Direkt-Raumluftbefeuchtung kühlt und bindet gleichzeitig auch Stäube, die in der Produktion entstehen.

- © Condair Systems
Für unsere Mitarbeitenden hat sich das Raumklima deutlich verbessert. Die adiabate Direkt-Raumluftbefeuchtung ist eine überschaubare Investition mit großer Wirkung.
Markus Aulbert, Argelith

Hygienische Wasserverneblung: Technologie und Wartung

Um hygienisch und sicher arbeiten zu können, muss das Wasser für die Luftbefeuchtung systemintern aufbereitet werden. Die erforderliche Umkehrosmose ist platzsparend in die Hochdruckpumpe integriert.

In einem mehrstufigen Prozess werden Mineralien, Verunreinigungen und Bakterien aus dem Wasser gefiltert, um eine hygienische Wasservernebelung zu gewährleisten. Alle 6 Monate wird zusätzlich eine Wartung der Anlage vor Ort durch den Hersteller durchgeführt. Dank der Wasseraufbereitung und des Wartungskonzeptes erfüllt das Befeuchtungssystem die Anforderungen der DGUV (Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung) und trägt das Testzeichen "Optimale Luftbefeuchtung".

>> Lesen Sie auch: So funktioniert Hybrid-Luftbefeuchtung

„Die Anlage ist sehr wartungsfreundlich und zuverlässig in der Anwendung und lässt sich gut regeln. Für unsere Mitarbeitenden hat sich das Raumklima deutlich verbessert. Die adiabate Direkt-Raumluftbefeuchtung ist eine überschaubare Investition mit großer Wirkung“, zieht Aulbert ein Resümee nach drei Jahren Betrieb.

Weiterführende Informationen

>> Ein Whitepaper über die Einsatzmöglichkeiten einer Direkt-Raumluftbefeuchtung zur adiabatischen Verdunstungskühlung kann hier kostenfrei bestellt werden: www.condair-systems.at/kuehlung