Aus TGA 12: Kolumne : Mut zum Bestbieterprinzip!

Liebe Leserinnen und Leser!

In den vergangenen Monaten habe ich immer wieder festgestellt, dass bei Wettbewerben häufig ein „Billigstbieterprinzip“ bzw. ein „verstecktes Billigstbieterprinzip“ angewandt wird.
Inzwischen hat die letzte Novelle zum Bundesvergabegesetz (2018) bereits klar die Weichen in Richtung Bestbieterprinzip gestellt.

Seit 2018 muss bei den meisten Dienstleistungen der öffentlichen Hand ein stärkerer Fokus auf Qualitätskriterien und Folgekosten gelegt werden. Auch soziale Aspekte können in die Bewertung von Angeboten einfließen. Bei Dienstleistungen, die im Verhandlungsverfahren vergeben werden – insbesondere bei geistigen Dienstleistungen –, bei einer im Wesentlichen funktionalen Beschreibung der Leistung, bei einem wettbewerblichen Dialog sowie bei Auftragsvergaben im Zuge einer sogenannten Innovationspartnerschaft ist das Bestbieterprinzip verpflichtend zu wählen.

Die Bewertung bei einem Bestbieterverfahren ist nicht immer einfach. Insbesondere weil oft nicht direkt messbare Kriterien (z.B. Art eines Energiekonzeptes) als Messgröße zu definieren sind, die zumeist durch eine Kommission im delphischen System erfolgt und zwangsläufig starke subjektive Elemente enthält. Generell gilt, dass die Konzeption und Durchführung eines Vergabeverfahrens nach Möglichkeit so zu erfolgen hat, dass auch kleine und mittlere Unternehmen, sogenannte KMUs, daran teilnehmen können.

Christoph Passecker
Ing. Christoph Passecker, M.Sc., MBA - © David Pichler

Begründet wird die Forcierung des Bestbieterprinzips nicht zuletzt damit, dass eine Fokussierung bei Auftragsvergaben allein auf den niedrigsten Preis als Zuschlagskriterium einen hohen Preisdruck erzeugt, der in letzter Konsequenz zu Lohn- und Sozialdumping führen kann. Weiters schadet der Preisdruck maßgeblich der Qualität! Beim „versteckten Billigstbieterprinzip“ handelt es sich um eine Vergabeart, bei dem zuerst die Eignung der Bieter abgefragt wird – also ob beispielsweise relevante Referenzen vorliegen – und danach erfolgt zwischen den z. B. zehn geeigneten Bietern eine Vergabe nach dem billigsten Preis. Dadurch, dass bei diesen zweistufigen Wettbewerben im zweiten Teil nur noch der Preis abgefragt wird, fällt die Innovationskraft während der Abwicklung des Auftrages gering aus, denn die Motivation wird ausschließlich über den Preis getrieben.


Einfacher ist es natürlich, nach dem Billigstbieterprinzip zu vergeben. Der Aufwand und Gegenstand des Vergabeverfahrens müssen natürlich immer in einer gewissen Relation stehen. Ich würde mir jedoch trotz des Mehraufwands für Bestbieterverfahren wünschen, in Zukunft vermehrt jene Vergabeverfahren am Markt zu erleben.