BIM & Digitalisierung im Gebäude : So steht es um die digitale & technologische Transformation des Gebäudesektors

Rendering von blauen Gebäudeshilouetten auf schwarzem Untergrund.
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Die Markterhebung vom Beratungsunternehmen owl lab gemeinsam mit dem Zukunftsforum Connected Buildings analysiert die Stärken und Learnings, die Unternehmen aus der COVID-Pandemie mitnehmen sowie die fehlenden Fachkräften und Skills am Arbeitsmarkt. Dafür wurden 35 Führungskräfte des Gebäudesektors befragt. Im Fokus: Die Wertschöpfungskette Smart Buildings. Das Ergebnis ist eine Landkarte der wichtigsten Treiber des wirtschaftlichen Erfolgs sowie der Klimaschutzmaßnahmen.

Die 10 Key Findings

1. Unternehmen verlieren die Planungs- und Prognosefähigkeit

Die Sektoren entlang der Wertschöpfungskette Bauen, Wohnen und Sanieren kommen im Allgemeinen gut durch die Krise: Förderungen bieten einen Anreiz für Investitionen, private Wohnwelten wandeln sich zum Home Office und Schulzentrum. Aber: Während die einen eine exzellente Auftragslage haben, brechen Unternehmen mit Kernzielgruppen in den strauchelnden Sektoren Gastronomie, Tourismus und Hotellerie die Umsätze weg.

Wer flexibel reagiert, kann zumindest einen Teil des Umsatzes ersetzen. Das bringt aber nicht immer den gewünschten Erfolg: Etwa im Versuch, den Wegfall großer B2B-Projekte durch viele kleine Aufträge von Endkonsumenten zu ersetzen. Die Pandemie und die Überhitzung des Marktes führen weiters zu Materialengpässen, die Kosten für Projekte steigen.

2. Nachhaltig & langfristig agierende Unternehmen haben in der Bewältigung der Pandemie einen Vorteil

Wer die „Hausaufgaben“ gemacht hat, geht erfolgreicher durch die Pandemie: Unternehmen, die sich bereits vor der Krise mit der Digitalisierung ihres Businessmodells und mit neuen Arbeitsmodellen auseinandergesetzt haben, haben es einfacher in der Bewältigung der Pandemie.

Die Lockdowns haben laut der Studie vor allem KMUs in Mitleidenschaft gezogen: Sie verfügen oft nicht über das Personal und das Know-how, um schnell und flexibel auf schwerwiegende Veränderungen am Markt zu reagieren. Während Großunternehmen den Digitalisierungs-Turbo einschalten, stellt sich die Lage für KMUs schwieriger dar. Daten zeigen, dass sich KMUs grundsätzlich schwerer in der Digitalisierung schlagen als Großunternehmen – diese Kluft hat sich nochmals verschärft.

3. Energiewende & Dekarbonisierung sind essentielle Treiber smarter Gebäudetechnologie

Durch die ambitionierten Klimaziele halten Intelligenz und Logik Einzug in die Gebäude: Global betrachtet ist der Bau und Betrieb von Gebäuden für etwa 40% der CO₂-Emissionen verantwortlich, daher ist der Erfolg der Energiewende und der Dekarbonisierung mit der Innovationsfähigkeit am Gebäude-Sektor gekoppelt.

Die Energie-Produktion befindet sich inmitten einer grundlegenden Transformation. Heute können auch kleine Produzenten einspeisen, Private und Unternehmen werden zu sogenannten Prosumenten: Sie produzieren Energie, die sie selbst zu einem möglichst hohen Anteil konsumieren. Auch die Digitalisierung stellt einen wichtigen Treiber dar.

4. Zukunftsthemen sind Hoffnungsträger und Herausforderung zugleich

Die Zukunftsthemen Dekarbonisierung, Energiewende und Klimawandel sind zum einen Hoffnungsträger der Sektoren, zum anderen aber auch große Herausforderung. Aus diesem Grund wurde die Krise seitens der Unternehmen genutzt, um sich auf die Zeit nach der Pandemie vorzubereiten: Die Interviewpartner gehen davon aus, dass zukunftsweisende Projekte lediglich verschoben wurden.

Angesichts der Veränderungen ist die Entwicklung neuer, fachübergreifender Businessmodelle essentiell: Durch die fortschreitende Vernetzung von Fachgebieten und der steigenden Komplexität sind die Gewerke nicht mehr in der Lage, Herausforderungen alleine zu lösen. In einem vernetzten Gebäude ist es wesentlich, mit den beteiligten Sektoren gemeinsame Lösungen zu entwickeln.

5. Sektoren sind auf die Zukunftsthemen nicht vorbereitet

Gesamtheitlich betrachtet sind wichtige Teile der Wertschöpfungsketten noch nicht auf die digitale und technologische Transformation eingestimmt. So stehen die Sektoren bei der Mitnahme der bestehenden Player am Markt, der Mitarbeiter sowie der Kunden noch am Anfang. Es mangelt laut der Erhebung am technischen Grundverständnis, an der Umsetzung und am Überblick. Fehlplanungen in der Praxis sind die Folge, weil sie aus altem Wissen geschöpft sind.

6. Neue Skills gefordert: Trend hin zu Kundenmarkt & Individualisierunt

Der Trend geht von Standardlösungen hin zur Individualisierung – hin zu einem Kundenmarkt. Neben einer guten Aus- und permanenten Weiterbildung des Personals rücken damit auch die Softskills verstärkt in den Fokus. Dazu gehören die emotionale Intelligenz, das Selbstreflexionsvermögen und die Kooperationsfähigkeit. Dazu gehört auch, das Kundenerlebnis positiv zu gestalten – und zwar entlang der gesamten Customer Journey.

Das stellt wiederum den Aus- und Weiterbildungsmarkt vor große Herausforderungen, da sich die Welt schneller dreht als sich die Programme weiterentwickeln. Eine große Herausforderung besteht auch in der thematischen Mitnahme des Lehrpersonals.

7. New Work: Clash of Culture

Angesichts der Veränderungen am Markt und in den Unternehmen prallen auch in den Unternehmen die Kulturen aneinander: Auf der einen Seite die „alte“ Mannschaft, auf der anderen Seite die junge Generation, die „new work“ verlangt. Die Arbeitswelt von heute spricht junge Talente immer weniger an. Unternehmen sind gefordert, attraktiv zu sein, bzw. zu werden für eine junge Generation, die laut Interviewpartnern „völlig anders tickt.“ Die Challenges für die ältere Generation: Kein eigenes Büro, Home Office und vermehrt Teamwork.

8. Die Zukunft gehört der Kollaboration: Gesucht werden „Weltenwandler, die vernetzen“

Die fortschreitende Vernetzung der Fachgebiete ändert die Art und Weise, wie in den Sektoren gearbeitet wird. Die Zukunft gehört der Kollaboration. Es gilt, die richtigen fachübergreifenden Teams und Kooperationen zu bilden. Zitat einer Interviewpartnerin: „Die Zukunft gehört den interdisziplinären WeltenwandlerInnen, die vernetzen.“ Laut den Interviewpartnern gibt es aber kein niederschwelliges, interdisziplinäres Angebot am Markt, das den Überblick schult. Ebenfalls noch nicht geklärt ist die Schnittstellenübergabe und welches Gewerk wofür verantwortlich zeichnet – etwa in einem Gewährleistungsfall. Das Resümee mehrerer Interviewpartner angesichts der Herausforderungen: „Uns läuft die Zeit davon.“

9. Die Kluft zwischen KMUs und Großunternehmen wird größer

Für KMUs sind diese Entwicklungen besonders herausfordernd: Großunternehmen haben durch hohe Investitionen in Employer Branding und Kommunikation einen entscheidenden Vorteil im Kampf um gut ausgebildetes Personal. Auch sind Großunternehmen fachübergreifende Teams und Kollaborationsmodelle eher gewohnt als KMUs. Die Befürchtung: Die Kluft zwischen Großunternehmen und KMUS wird zukünftig größer werden. Ein Teilnehmer: „Wenn wir keine kritische Masse haben, die weiß, wie Prozesse funktionieren, dann tut man sich als kleines Unternehmen schwer.“

10. Diversität & Requalifizierung: Neue Zielgruppen für Jobs in der Technik begeistern

Ob die Herausforderungen der Zukunft gestemmt werden können, hängt maßgeblich von der Qualifizierung des Personals ab: Nur mit einem kompetenten Personal, das sich der Veränderungen am Markt bewusst ist und das proaktiv an den Herausforderungen mitarbeitet, ist die Transformation des Gebäudesektors umsetzbar.

Eine große Chance stellen hier die Diversität und die Requalifizierung dar: Unternehmen könnten durch die Ansprache neuer Zielgruppen wie etwa Frauen, ältere Arbeitnehmer und Menschen, die nicht mehr ausreichend qualifiziert sind, das heimische Arbeitsmarktpotential besser ausnützen. Zitat einer Interviewpartnerin: „Hier stecken wir noch in den Kinderschuhen.“

Das Fazit

Das Navigieren durch die Krise ist herausfordernd: Unternehmen sind mehr denn je gefordert, Antworten auf die rasanten Entwicklungen zu finden. „Wer sein Unternehmen nicht transformiert, wird transformiert. Und das ist immer schmerzhafter als ein strukturierter Veränderungsprozess“, appelliert die Studienverantwortliche Mag. (FH) Anja Herberth. Die Markterhebung mache sichtbar, auf welche Stellschrauben am Gebäudesektor es jetzt ankomme.