OGH-Urteil zum Contracting : Heizkostenabrechnung: Diese gesetzliche Regelung bietet die Grundlage
Aktive Mitgliedschaft erforderlich
Das WEKA PRIME Digital-Jahresabo gewährt Ihnen exklusive Vorteile. Jetzt WEKA PRIME Mitglied werden!
Sie haben bereits eine PRIME Mitgliedschaft?
Bitte melden Sie sich hier an.
Sachverhalt
Eine Bauvereinigung errichtete auf einem ihrer Grundstücke eine Wohnhausanlage. Sie wurde mit zwei Technikräumen mit Luft-Wasser-Wärmepumpen ausgestattet. Eine Pumpe versorgt Stiege 1 bis 3 und die andere Stiege 4 bis 6 mit Heizung und Warmwasser. Die klagende Mieterin wohnt in einer der 33 Wohneinheiten von Stiege 4 bis 6, die mit per Funk ablesbaren Verbrauchsmessern ausgestattet sind.
Die Mieterin kann die Wärmeabgabe im Objekt individuell beeinflussen. Eine GmbH betreibt im Namen und Auftrag der Bauvereinigung die Wärmepumpenanlage, die durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach mit Strom versorgt wird. Dies ist ein Fall von Energie-Contracting.
⇨ Exkurs Energie-Contracting: Dabei handelt es sich um ein Finanzierungsmodell, bei dem ein spezialisiertes Unternehmen auf eigene Kosten eine Anlage zur Energieerzeugung plant, finanziert, errichtet und betreibt. Kund*innen zahlen nur die tatsächlich benötigten Leistungen wie z. B. die verbrauchten Kilowattstunden (kWh) für eine vorab definierte Laufzeit. Die Kosten für die Errichtung der Anlage werden durch erzielte Energieeinsparungen bzw. aus dem Verkauf von Strom/Wärme refinanziert. Das Eigentum der Anlage geht erst nach dem Ablauf der Vertragslaufzeit an die Kund*innen über.
Nun zum „Kern“ des konkreten Falls: Die Mieterin einer Wohneinheit schloss mit der GmbH einen Einzelwärmelieferungsvertrag ab. Sie behauptete, dass die ihr zugestellte Heizkostenabrechnung inhaltlich und formell nicht richtig sei, und forderte die Feststellung der korrekten Abrechnung. Die GmbH habe eine falsche gesetzliche Bestimmung als Grundlage für die Berechnung angenommen, die auf die konkrete Contractingstruktur nicht anwendbar sei.
Rechtliche Beurteilung (OGH 5 Ob 5/22d, 21.04.2022)
Das Heiz- und Kältekostenabrechnungsgesetz (HeizKG) gilt für die Aufteilung der Versorgungskosten in Gebäuden und wirtschaftlichen Einheiten mit mindestens vier Nutzungsobjekten (z. B. Wohnungen), die durch eine gemeinsame Versorgungsanlage mit Wärme, Warmwasser oder Kälte versorgt werden und mit Vorrichtungen zur Ermittlung der Verbrauchsanteile ausgestattet sind oder aufgrund anderer einschlägiger Rechtsvorschriften ausgestattet sein müssen (§ 3 Abs. 1 HeizKG). Eine davon abweichende Heizkostenabrechnung gemäß § 3 Abs. 2 HeizKG ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Z 2 HeizKG vorliegen, nämlich dass
- ein Gebäude (= wirtschaftliche Einheit) mit Wärme versorgt wird und
- die Wärme von einem gewerbsmäßigen Versorger mit Zustimmung der Abnehmer*innen im Gebäude erzeugt wird.
Die Heizung betreibende GmbH ging davon aus, dass diese Voraussetzungen erfüllt seien. Um den Fall zu lösen, nahm der OGH eine sogenannte „teleologische Reduktion“ des Begriffs „gewerbsmäßiger Wärmeerzeuger“ vor. Wie ist diese „teleologische Reduktion“ des OGH genau zu verstehen? § 4 Abs. 2 Z 2 HeizKG soll auf seinen Sinn und Zweck reduziert und einschränkend interpretiert werden. Dem OGH nach kommt es darauf an, ob ein gewerbsmäßiger Wärmeerzeugers durch den Betrieb der Versorgungsanlage nicht nur den vertraglichen Pflichten gegenüber den Benützungsberechtigten des Gebäudes nachkommt, in dem die Wärmeversorgungsanlage liegt, sondern durch Verkauf der Wärme auch einen regelmäßigen Erwerb erzielen möchte.
Im konkreten Fall war dies Voraussetzung eines gewerbsmäßigen Wärmeerzeuger nicht gegeben, da dieser nur eine wirtschaftliche Einheit und keine weitere wirtschaftliche Einheit versorgte. Somit war die Abrechnung nach § 3 Abs. 1 HeizKG vorzunehmen und zu korrigieren. Der OGH trug der betreibenden GmbH auf, binnen zwei Monaten ab Rechtskraft eine formell und inhaltlich richtige Heizkostenabrechnung zu erstellen und der Mieterin vorzulegen.
Entdecken Sie jetzt
-
Lesen
- Mall verstärkt Marktpräsenz 09.10.2024
- Alte Heizung, neue Technik 09.10.2024
- Vertriebsteam von Duravit Austria mit neuer Leitung 09.10.2024
- Videos
- Podcasts
Fazit
Bei der Entscheidung, ob die Heizkostenabrechnung nach § 3 Abs. 2 HeizKG zulässig ist, ist zu überprüfen, ob nur eine wirtschaftliche Einheit oder mehrere wirtschaftliche Einheiten mit Wärme versorgt werden, denn nur dann wird eine gewerbsmäßige Versorgung laut OGH bejaht. § 4 Abs. 2 Z 2 HeizKG erfasst daher nur den Fall, dass ein gewerbsmäßiger Wärmeerzeuger mit Zustimmung der Wärmeabnehmer im Gebäude Wärme erzeugt, die nicht nur dieses Gebäude, sondern auch andere Gebäude mit Wärme versorgt, also eine fern- oder nahwärmeähnliche Versorgung vorliegt.