Aus TGA 9: Energieraumplanung : Konzertierte Energiewende versus erneuerbare Anarchie

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Energieraumplanung wird längst als Schlüssel für die Energiewende gesehen und ist inzwischen in diversen Regierungsprogrammen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene verankert. Jüngst hat der Einspruch der Novelle des Raumordnungsgesetzes im Burgenland durch den Ministerrat eine Facette klar beleuchtet: Die Notwendigkeit der Diskussion über Flächennutzung zur Erzeugung nachhaltiger Energie. Doch die Aufgaben gehen weit darüber hinaus und umfassen alle Fragen des Zusammenhangs zwischen Raumnutzung, Siedlungsstrukturen, Energieverbrauch und –erzeugung sowie Verkehr. Mit der zunehmenden Entschiedenheit in der Verfolgung der Klimaziele wird klar, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn diese auch räumlich koordiniert wird – und das über die reine Raumplanung hinaus. Doch wie kann die konkrete Umsetzung dieser abstrakten Erkenntnis gelingen? Einige Bundesländer machen gerade die ersten Schritte in der Praxis. Die aktuelle Eile im Klimaschutz macht eine räumliche Energieplanung relevanter denn je.

Beispiel Raumwärme Salzburg - Phase-Out-Fossil struggling

Die Wärmewende ist in Umsetzung. Für das Phase-Out von Öl und Gas werden in den nächsten Jahren enorme Fördersummen bereitgestellt. Mit € 650 Mio. an Fördermitteln für Sanierung und Heizungswechsel vom Bund sollen in zwei Jahren 4,5 Mrd. an Investitionen ausgelöst werden. Diese Investitionen bedeuten auch einen Lock-In-Effekt. Die Technologien, die jetzt gewählt werden, sind auch 2050 noch in Betrieb.

Am Markt bietet sich heute eine große Zahl an nachhaltigen Wärmeversorgungstechnologien. Die KundInnen entscheiden die Form der Wärmewende. Salzburg hat im Jahr 2017 über das Baurecht de facto einen Ausschluss fossiler Energieträger im Neubau bewirkt und bietet so gute Einsichten in die Wahl der KonsumentInnen. Aus den Statistiken gehen zwei Technologien als klare Gewinner hervor: Die Wärmepumpe und die Fernwärme. Günstige Anschaffung, leichte Installation und hoher Komfort führen dazu, dass sich 2017 und 2018 gemeinsam jeweils knapp 75 % zu etwa gleichen Anteilen für eine dieser Technologien entschieden haben. Eine nähere Betrachtung der Implikationen lohnt:

1. Wärmepumpe:

Beim Einsatz einer Wärmepumpe bedeutet die Wärmewende auch eine Stromwende. Österreich ist im Winter bereits heute massiv auf Importe von fossil erzeugtem Strom angewiesen, sodass der Strommix zur Hauptheizperiode in Österreich meist zwischen 250 und 300 g CO₂/kWh liegt (vgl. electricitymap.org ). Soll eine nachhaltige Elektrifizierung des Wärmesektors gelingen, bedarf es zusätzlichen erneuerbaren Stroms. Die Systemwahl ist mitentscheid dafür, wie hoch dieser zusätzliche Bedarf ausfällt. So weisen Luftwärmepumpen eine in etwa 40 % höheren Strombedarf aus als Grundwasser-Wärmepumpen. Im Winter kann dieser Bedarf aufgrund des Ertrags nur durch Windkraft gedeckt werden. Die Diskussion um die dafür benötigten Standorte ist bekannt und das oben erwähnte Beispiel Burgenland zu diesbezüglichen rechtlichen Regelungen bildet die Eisbergspitze eines Trends, der sich mit zunehmendem Ausbau verschärfen wird. Bei der elektrifizierten Wärmewende ist darauf zu achten, das jeweils geeignetste System zu forcieren, um die Herausforderungen im Bereich der Stromwende auf ein bewältigbares Minimum zu reduzieren.

2. Fernwärme:

Die Fernwärme ist durch die Möglichkeit zur Integration verschiedenster erneuerbarer Energieträger ein Schlüssel für die nachhaltige Wärmeversorgung und stellt insbesondere für den Heizungswechsel im Bestand ein vorteilhaftes System dar. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass gerade die Schaffung eines Angebots zum Anschluss von den KundInnen als Wechseloption wahrgenommen wird, selbst wenn das fossile System noch keiner Erneuerung bedürfte. Gleichzeitig ist diese Option nur begrenzt verfügbar, da die wirtschaftliche Erschließung auf eine Mindestnachfrage angewiesen ist. Deshalb gilt es die leitungsgebundenen Energieträger Fernwärme und Gas ganzheitlich zu planen. Mit dem Ziel einer maximalen Ausdehnung von mit Fernwärme versorgten Gebieten ist die notwendige Abnahmedichte sicherzustellen. Dazu bedarf es einerseits der notwendigen baulichen Dichte. Andererseits sind andere (auch nachhaltige) Heizsysteme im Netzgebiet zu vermeiden.

Ohne eine räumliche Koordination, die dafür sorgt, dass am jeweiligen Ort die jeweils bestgeeignete Technologie zum Einsatz kommt und die auch den Stromsektor mitdenkt, kann die Wärmewende nicht gelingen.

Markt braucht Koordination

Das Beispiel Salzburg zeigt, dass der Markt alleine diese Herausforderungen nur unzureichend auflösen kann. Die Koordination der Anstrengungen von Bund und Ländern über die Wärmestrategie kann insofern nicht hoch genug geschätzt werden. Gefordert sind im Sinne einer effektiven Multi-Level-Governance alle Ebenen, wobei den Ländern eine besondere Rolle zukommen wird. Mit dem Baurecht und der Raumordnung liegen die beiden Schlüsselkompetenzen in deren Händen. Doch auch über die rechtliche Basis und die damit verbundenen Planungsprozesse hinaus liegen die wichtigsten Komponenten für eine effektive Energieplanung im Bereich der Länder. Einerseits die Inputdimension: Die Länder verwalten den Großteil der Datenquellen, welche für eine grundstücksscharfe Planung notwendig sind. Andererseits die Outputdimension: Geoinformationen werden in landeseigenen GIS bereitgestellt. Zusammenfassend kann deshalb aus Sicht der Autoren eine räumliche Energieplanung nur über die Landesregierungen effektiv implementiert werden.

Ihre diesbezügliche Verantwortung nehmen die Bundesländer Wien, Steiermark und Salzburg ernst und arbeiten in einem Projekt im Rahmen der Vorzeigeregion Energie GREEN ENERGY LAB seit 2017 gemeinsam an der Implementierung räumlicher Energieplanung. Das Projekt Spatial Energy Planning hat sich die Schaffung aller nötigen Grundlagen für die räumliche Energieplanung zum Ziel gesetzt. Die zentralen Elemente sind dabei der ENERGIEatlas – kartographische Informationslayer zu Energiebedarf, Energieversorgungsinfrastrukturen und erneuerbaren Energieversorgungspotentialen - und die darauf aufbauenden automatisierten Analysen für definierte Verwaltungsprozesse. Die Verknüpfung einer Vielzahl von Basisdaten mit einer bis zu dreistelligen Anzahl an Datenquellen je Bundesland schafft mit fundierten wissenschaftlichen Modellen und Methoden eine neuartige und umfassende Planungsgrundlage, die sowohl als kleinste räumliche Auflösung das einzelne Gebäude als auch konsistent andere Einheiten wie Areale, Gemeinden, Regionen und Länder abbilden kann.

Weiters hat das Projekt die erforderlichen und die möglichen Berücksichtigungen erneuerbarer Energie in den hoheitlichen Verwaltungsprozessen der Bau- und Raumplanungsbehörden analysiert und für ebendiese maßgeschneiderte Auswertungen aus dem ENERGIEatlas entwickelt. In Kooperation zwischen Gebietskörperschaften wurde eine beliebig skalierbare Struktur geschaffen, die auch von anderen Bundesländern genutzt werden kann. Über die Follower-Städte Villach und Bregenz sind diesbezüglich bereits Sondierungen in Umsetzung.

Mit dem Abschluss der ersten Phase des Projektes werden im Juni dieses Jahres alle Funktionalitäten für den Bereich der Wärme bereitstehen. In der zweiten Phase (Spatial Energy Planning II) werden in den nächsten drei Jahren die Sektoren Strom und Mobilität ergänzt und in die bereits etablierten Prozesse und das Geoinformationssystem integriert. Auf diese Weise soll unter anderem eine (vergleichende) CO₂-Gesamtbilanzierung von Standorten ermöglicht werden. Mit den regionalen Energieversorgungsunternehmen als neuen Partnern wird im Kontext des Sektors Strom auch die Koordination der (Energie-)Infrastrukturplanung angegangen. Außerdem sollen im Austausch zwischen den Bundesländern bis 2024 Möglichkeiten zur Verbesserung des rechtlichen Rahmens für die Umsetzung von Energieraumplanung entwickelt werden. Die digitale Verfügbarkeit der wichtigsten Planungsgrundlagen bietet umfassende weitere Entwicklungsoptionen und hat das Potenzial, zum Game-Changer am Energiemarkt zu werden.

Das Gelingen der Energiewende wird von einer effektiven Koordination abhängen. Den Bundesländern wird gerade im Kontext der räumlichen Planung eine Schlüsselrolle zukommen. Mit der Digitalisierung der Informationsgrundlagen wurde in den letzten Jahren ein vielversprechender Weg eröffnet, der ein enormes Entwicklungspotenzial bietet. Das Projekt ist Teil der Vorzeigeregion Green Energy Lab und wird durch den Klima- und Energiefonds sowie durch die beteiligten Länder, Regionen und Gemeinden gefördert.