Wärmespeicherung, Feuchteregulierung, Nachhaltigkeit: Bei der richtigen Dämmung muss auf viele Faktoren gleichzeitig geachtet werden. Wie viel Dämmung ein Gebäude wirklich benötigt und welche Materialien man am besten verwendet, erklärt Johann Jandl, Leitung Forschung und Entwicklung, beim Niederösterreichischen Dämmstoff-Experten Austrotherm.
HLK: Herr Jandl, der Mythos von überdämmten Gebäuden und der damit einhergehenden erhöhten Gefahr der Schimmelbildung hält sich wacker. Gibt es so etwas wie Überdämmung denn?
Johann Jandl: Eine Überdämmung ist grundsätzlich nicht möglich. Diese Feststellung gilt sogar für sämtliche Dämmstoffe egal ob Sie es mit EPS, Extruderschaum, Mineralwolle oder sogenannten alternativen Dämmstoffen zu tun haben. Der Vorteil bei extrem hohen Dämmdicken von beispielsweise 400 Millimeter Dicke ist die warme Oberflächentemperatur an der Wandinnenseite. Stellen Sie sich vor Sie haben eine Ziegelmauer mit 25 Zentimeter Dicke ohne Dämmung. Dann ist an einem kalten Wintertag die Wandinnenseite 13 bis 15 Grad kalt. Mit einer extremen Dämmung von 400 Millimeter wird die Wandoberfläche dann genauso warm wie die Lufttemperatur – das heißt sie ist wohlig warm.
Nun mag es vielleicht nicht zu viel Dämmung geben, die falsche Dämmung gibt es aber schon. Wo kann es hier zu Problemen kommen?
Kritische Konstruktionen sind nur innenliegende Wärmedämmungen. Dies kann bei denkmalgeschützten Häusern der Fall sein. Hier sollten Dämmdicken von fünf bis zehn Zentimeter nicht überschritten werden. Da bei Innendämmungen, egal ob bei Wänden, Decken oder im Bodenbereich, Feuchtigkeitsprobleme bei schlechten Ausführungen auftreten können empfiehlt es sich möglichst feuchtigkeitsunempfindliche Dämmstoffe wie XPS, EPS oder Schaumglas zu verwenden.
Wie reagieren Bewohner am besten, wenn sie merken, dass ihr Haus zu stark oder falsch gedämmt ist?
Eine falsch angebrachte Innendämmung kann Schimmel in den Ecken an der Außenwand hervorrufen. Eine Überprüfung der Dampfsperre beziehungsweise Dampfbremse ist jedenfalls durchzuführen. Durch die fachliche Beratung eines Bauphysikers und Unternehmen aus dem Baubereich können die Fehler meist gut ausgebessert werden.
Sollte bei den Dämmmaterialien auch Wert auf Nachhaltigkeit gelegt werden?
Die Dämmung eines Gebäudes ist de facto der wichtigste Nachhaltigkeitsparameter überhaupt. Der Grund liegt darin, dass über die gesamte Lebensdauer eines Hauses gesehen der Energieaufwand und die Umweltbelastungen durch das Heizen größer sind als für alle Materialien zur Herstellung eines neuen Gebäudes entstehen. Im Klartext heißt dies, dass bei einer gesamtheitlichen Betrachtung eines Gebäudes, von der Errichtung bis zum Abbruch, die Nutzung möglichst behutsam und energiesparend sein muss. Experten des Instituts für Baubiologie haben errechnet, dass Dämmstoffe ökologische Dämmdicken von 400 Millimeter bis über 800 Millimeter erreichen können. Wie gesagt im ökologischen Sinne und nicht im wirtschaftlichen Sinne.
Auf welche Materialien greift man am besten zurück, wenn man möglichst nachhaltig arbeiten möchte?
Der Hauptfaktor für ökologische und nachhaltige Dämmung ist der Energieaufwand zur Herstellung und Verarbeitung des Dämmmaterials. Hier gilt die Faustregel je leichter die Wärmedämmung je Volumen umso geringer ist der Energieaufwand bei der Herstellung. Den Rekord stellen hier besonders leichte EPS Dämmstoffe mit über 99 Prozent Luftanteil dar. Das heißt, dass weniger als ein Prozent des Volumens als Gerüst für die Millionen an Luftporen verwendet werden. Das Dämmmaterial besteht in Wirklichkeit fast nur aus Luft.