Sanitär : Barrierefreiheit muss unsichtbar sein
Laut aktueller Untersuchung werden Badezimmer im Schnitt alle 20 Jahre saniert und umgestaltet. Viele fristen ein noch viel längeres Dasein, bevor über Veränderungen in dem meist kleinsten Raum der Wohnung nachgedacht wird. Das kann viele Gründe haben. Oft ist es eine Kostenfrage. Bäder sind oft die teuersten Räume im Haus. Manchmal ist es einem einfach nicht wichtig, da man ja eh nur wenig Zeit darin verbringt. Man hat sich einfach arrangiert mit der Situation.
Irgendwann ist es aber dann doch Zeit, etwas zu verändern. Oft verbunden mit einem neuen Lebensabschnitt, die Kinder sind aus dem Haus oder der Ruhestand ist nahe. Oft ist es auch einfach Zeit, weil die Installationstechnik nicht mehr so will und Reparaturen sich häufen. Man hat vorrausschauend gespart und das große Umgestalten im Bad kann beginnen. Man wälzt Kataloge, besichtigt Bäderschauräume und sucht sich eine*n Installateur*in, um die unendlich lange Liste der Wunschträume in einem durchschnittlich 6 m2 großen Raum umzusetzen.
Irgendwann tritt dann unweigerlich die Frage auf, ob das Bad nicht auch barrierefrei sein sollte. Nun beginnen meist die ersten Spannungen in der bis dato so harmonisch abgelaufenen Planung. Argumente wie: Mann oder Frau ist doch nicht alt; es war bis jetzt auch nicht notwendig; oder noch besser, so ein Krankenhausbad will man nicht haben, fallen. Die Liste kann man endlos weiterführen, man muss sich aber trotz allem überlegen, ob ein „bisschen barrierefrei“ nicht doch sein darf und sinnvoll ist.
Wenn man jetzt nicht gerade im Produktbereich für Gesundheitseinrichtungen unterwegs ist, wird man nicht fündig werden.
Spätestens jetzt blickt man gezielter auf barrierefreie Badzimmereinrichtungen und kämpft sich nochmals durch die bunten Kataloge. Man sucht nach Haltegriffen, nach Hebeeinrichtungen und nach Waschtischen, die das Attribut haben, „für Menschen mit Behinderungen“ geeignet zu sein. Wenn man jetzt nicht gerade im Produktbereich für Gesundheitseinrichtungen unterwegs ist, wird man nicht fündig werden.
Produzenten von Sanitärprodukten haben bereits vor einiger Zeit erkannt, dass barrierefreie Einrichtungselement nicht sofort sichtbar sein müssen. Die Bezeichnung für diesen Denkansatz heißt universelles Design oder in Mitteleuropa oft auch Design for all. Dahinter steckt der Designzugang, Produkte zu entwickeln, die Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen begleiten und unterstützen sollen, aber in der Ästhetik attraktiv sein müssen. Kurz gesagt, barrierefreie Lösungen im Privatbereich müssen möglichst unsichtbar und schön sein.
Barrierefreie Lösungen im Privatbereich müssen möglichst unsichtbar und schön sein.
Wie könnte das nun gehen?
Es gibt zwei Wege, barrierefreie Qualitäten in das Badezimmer zu bekommen.
- Erstens, man wählt Produkte, die bereits barrierefreie Nutzungsqualitäten haben. Das beginnt beim Waschtischmodell und endet beim Wandhaken für den Bademantel. Um diesen Weg zu gehen, ist man jedoch darauf angewiesen, eine kompetente Beratung zu haben.
- Die zweite Möglichkeit ist die nachträgliche Anpassbarkeit. Dies sollte aber ohne wesentlichen baulichen Aufwand möglich sein. Das können Haltegriffe sein, die bei Bedarf einfach auf eine bereits vormontierte Montageplatte eingeschoben werden können, das könnte aber auch ein Waschtischunterbau sein, der leicht demontierbar ausgeführt wurde. Wenige Schrauben lösen und schon steht ein barrierefreier Waschtisch zur Verfügung.
Ein neues Badezimmer muss einfach alles können, es muss universell sein.
Schön und unsichtbar
Neben dem Waschtisch benötigt man Möglichkeiten, Handtücher abzulegen. Das wird im einfachsten Fall ein Handtuchhalter sein. Wenn man nun universeller denkt, dann könnte man die Funktion des Handtuchhalters mit dem Waschtisch über Aussparungen kombinieren. Es entsteht eine Griffleiste, die als Handtuchhalter verwendet werden kann, aber auch als Haltegriff für Menschen dient, die unsicher beim Stehen sind. Eine Idee – doppelter Nutzen. Und diese Funktionen sind nicht wahrnehmbar, aber können bei Bedarf unterstützen.
Ein weiteres gutes Beispiel ist das Badezimmerstockerl, das in den meisten Bädern vorhanden ist, aber eigentlich überhaupt nicht ins Gestaltungskonzept passt. Oft für Kinder angeschafft, damit sie leichter zum Zähneputzen das Wasser erreichen können, dann viele Jahre als Ablage genutzt, fristet es sein Dasein. Wenn man aber eine Sportverletzung hat oder doch etwas gebrechlicher wird, ist man froh, dass es da ist. Denken Sie bei einer Neugestaltung des Badezimmers auch an dieses Element. Was soll es können und welche möglichen Nutzungsszenarien gibt es?
Vielleicht will man sich beim Ausziehen der Kleidung hinsetzen, eventuell möchte man auch kurzfristig etwas darauf abstellen, vielleicht gibt es Kinder, die auf Besuch kommen und zum Händewaschen ein Stockerl benötigen, weil sie sonst nicht zum Wasserhahn kommen. Es gibt viele Funktionen, die diese Sitzgelegenheit rechtfertigt, aber haben Sie schon einmal daran gedacht, dass man irgendwann einmal einen Duschsessel benötigen könnte?
Mit einem universellen Badezimmerhocker ist dieser bereits da, man muss ja die Funktion als barrierefreie Sitzgelegenheit nicht sofort erkennen. In den letzten Jahren haben Badezimmerausstatter immer mehr auf die Anforderung der Kund*innen reagiert, Produkte zu entwickeln, die ästhetisch sind und versteckte barrierefreie Funktionen haben. Ein neues Badezimmer muss einfach alles können, es muss universell sein.