Energiepreise in Österreich : Das Märchen von der billigen Energie …
Objektive Sicht: Das sagen die Zahlen
Objektiv ist es falsch. Energie ist nicht billiger als vor der Preissteigerung, die Mitte 2021 begonnen hat und sich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 in bis dato unbekannte Höhen aufgeschwungen hat. Nein, Energie ist sogar teurer als vor der Krise, wenn auch nur um ein paar Prozent. Auch der Verbraucherpreisindex bestätigt das: Der Energiepreis stieg jahrzehntelang im Gleichschritt mit dem Verbraucherpreisindex sanft an. Seit 2021 ist der Energiepreis erstmals entkoppelt, und liegt trotz der Inflation der letzten Jahre deutlich über dem VPI.
Subjektive Sicht: Das sagen die Menschen
Subjektiv ist der Eindruck von der billigen Energie jedoch nachvollziehbar. Der enorme Preissprung im Sommer 2022 steckt noch allen in den Knochen, innerhalb eines Jahres war zum Beispiel der Gaspreis um den Faktor 10 gestiegen. Verbunden war das gleichzeitig mit der Angst, im darauffolgenden Winter nicht genügend Gas und Strom zur Verfügung zu haben, und den Diskussionen über eventuell nötige Rationierungen:
Es wurde ernsthaft erörtert, ob man lieber der Industrie das Gas abdrehen solle, damit es die Haushalte warm haben, oder ob der umgekehrte Weg besser wäre. Ich war damals übrigens dafür, das verfügbare Gas im Ernstfall der Industrie zur Verfügung zu stellen, um eine Wirtschaftskrise zu verhindern, und daheim zwei Paar Skisocken und drei Pullover anzuziehen. Das war eine Minderheitenmeinung, aber ich stehe dazu. Nur eben: Was sind gegen solche Ängste schon ein paar einstellige Prozentpunkte an Teuerung, was sind dagegen die paar Euro, die wir im Jahr mehr bezahlen müssen, und die noch dazu von den Klimaboni eh ausgeglichen werden?
Relative Sicht: Das sage ich
Relativ gesehen ist es am spannendsten, hier kann man so richtig streiten. Billige Energie, in Österreich verkörpert durch billiges russisches Erdgas, war und ist die Grundlage unseres Wohlstands. Wirtschaftswachstum ist an den Energieverbrauch gekoppelt: Wächst die Wirtschaft, wächst der Energieverbrauch. Das fällt aber nicht ins Gewicht, weil die Ergebnisse, die wir mit dem Einsatz der Energie erreichen, mehr wert sind als die dafür verbrauchte Energie. Aber das hat uns einen schludrigen Umgang mit Energie gelehrt. Mit üblen Folgen, die Verbrennung fossiler Energieträger hat nun mal den Klimawandel zur Folge, das ist seit rund 50 Jahren bewiesen (Club of Rome) und der globalen Politik seit 25 Jahren bewusst (Kyoto-Protokoll). Trotzdem ändert sich wenig … und die einzigen, die von einem hohen Energiepreis garantiert profitieren, sind die Energieversorger, die Energiekonzerne und die Energie-exportierenden Länder.
⇨ Ich meine, Energie ist nicht nur heute zu billig, sie ist es – relativ gesehen – seit Jahrzehnten. Was meinen sie? Streiten wir ruhig ein bisserl!
Kommentar von Roger Hackstock: "Der Markt kennt nur den Preis"
So richtig streiten kann ich zwar nicht, vielleicht nur so viel: Billige Energie ist grundsätzlich super und hilft der Wirtschaft. Überlässt man es allein den Marktkräften, kommen allerdings die Fossilen zum Zug, solange Öl und Gas billiger als Erneuerbare sind. Der Markt kennt keine sozialen oder ökologischen Ziele, nur den Preis. Die Erneuerbaren versprechen auch billige Energie, aber nur in der Masse, dafür braucht es die vollständige Übernahme der Energieversorgung.
Am Weg dorthin müssen sie sich preislich gegen die Fossilen durchsetzen, was nicht von allein passiert, da braucht es staatliche Eingriffe. Die passieren auch, bei Marktpreisen von 3 Cent/kWh bei Gas und etwas darüber bei Öl reichen aber selbst die massiven Förderungen nicht aus, um Erneuerbaren einen Vorteil zu verschaffen. Es wird nur Preisgleichheit von Erneuerbar und Fossil hergestellt, hören wir dauernd von Unternehmen und Wärmenetzbetreibern. Das reicht nicht, um von den Fossilen wegzukommen.
Das ernüchternde Fazit: Ja, Öl und Gas müssen tatsächlich deutlich teurer werden, um Investitionen in Richtung Erneuerbare zu lenken. Obwohl das die Wirtschaft und Haushalte kurzfristig belastet, die noch mit Fossilen heizen und fahren. Da müssen wir durch, es hilft nichts. Auch weil USA mit dem Inflation Reduction Act und China mit dem „Made in China 2025“ Plan ebenfalls massiv auf den Umstieg von Fossil auf Erneuerbar setzen und wir uns die Zukunft verbauen, wenn wir da nicht mitziehen.