Solarwärme Marktstudie 2023 : Solarthermie gegen Photovoltaik: Kampf der Giganten?

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„Strom frisst Wärme", titelt der Branchenradar nach einer aktuellen Marktstudie zur Solarthermie in Österreich. Nachdem die Nachfrage nach Solarthermie auch 2022 gesunken sei, scheine der Niedergang der Solarthermie in Österreich „unausweichlich", folgert das Marktforschungsinstitut. Ganz so ausweglos sieht Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar, die Situation nicht. Vielmehr brauche es in Österreich eine Solaroffensive, um der „fossilen Falle" zu entkommen.

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Solarthermie vs. Photovoltaik

Schon im September 2022 machte Austria Solar darauf aufmerksam, dass sich das Tempo beim Umstieg von Öl und Gas auf Solaranlagen bei Warmwasser und Heizung seit Ausbruch des Ukraine-Krieges halbiert hat (TGA berichtete). 2021 zeigte sich die Lage noch positiv, es wurden um 12 Prozent mehr Solarfläche errichtet als im Jahr davor. Was ist da passiert?

Laut aktuellem Branchenradar "Thermische Solarkollektoren in Österreich" sanken die Herstellererlöse 2022 um elf Prozent gegenüber Vorjahr auf 11,6 Mio. Euro. Auch PVT-Kollektoren, also Hybrid-Paneele, die sowohl Wärme als auch Solarstrom erzeugen, konnten den Abschwung bislang nicht bremsen. Im Jahr 2022 - wie auch 2021 – wurden laut Branchenradar-Zahlen rund 1.000 Quadratmeter abgesetzt. Der Umsatzanteil entspricht umgerechnet zwei Prozent.

Einen möglichen Grund für den Markteinbruch liefert die österreichische Fördersituation. Aktuell wird die Errichtung von PV-Anlagen stärker subventioniert als jene von Solarthermie-Anlagen. Außerdem stehe die Solarthermie in direkter Konkurrenz mit Photovoltaik, was benötigte Dachflächen betrifft, folgert der Branchenradar.

Marktentwicklung Thermische Solarkollektoren in Österreich | Herstellerumsatz in Mio. Euro
© BRANCHENRADAR Thermische Solarkollektoren in Österreich 2023
Der Großanlagenmarkt ist ein neuer Game Level, da geht es um Anlagen- und Kraftwerksbau. Das braucht länger zum Hochlaufen, wie wir gelernt haben.
Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar

Groß- und Industrieanlagen statt Privathaushalten

Ein Blick in die offizielle Markstatistik zeigt: Zwar weist diese für 2022 im Vergleich zu 2021 rund 16 Prozent weniger installierte thermische Sonnenkollektoren in Österreich aus, aber: Dafür ist die Fläche der exportierten Kollektoren gestiegen, und zwar von rund 462.000 m² auf rund 535.000 m², was einem Zuwachs von 15 Prozent entspricht.

Laut Marktstatistik werden somit 95 Prozent der in Österreich produzierten Kollektoren exportiert. Österreichische Unternehmen sind also wichtige Zulieferer auf dem Solarthermie-Weltmarkt. Direkte Vergleichswerte zu jenen vom Branchenradar gibt es aber nicht. „Der Herstellerumsatz wird von niemandem außer Branchenradar erhoben", informiert Hackstock dazu.

Was das Argument rund um den "Kampf um die privaten Dachflächen" betrifft, stellt sich die Frage: Gibt es den tatsächlich? Die Solarthermie konzentriert sich schon seit längerem auf Lösungen für Groß- und Industrieanlagen. Das Geschäftsfeld ist aktuell im Entstehen.

„Der Markt bei Groß- und Industrieanlagen hat von der Anzahl noch nicht Fahrt aufgenommen, die Projekte werden aber größer und komplexer, die Kunden immer renommierter. Der Großanlagenmarkt ist ein neuer Game Level, da geht es um Anlagen- und Kraftwerksbau. Das braucht länger zum Hochlaufen, wie wir gelernt haben", informiert Hackstock.

Die grundsätzliche Investitionsbereitschaft von Stadtwerken und Industriebetrieben lasse sich an den Machbarkeitsstudien im Großanlagen-Förderprogramm ablesen, so der Austria Solar-Geschäftsführer. In den letzten drei Jahren seien 33 Machbarkeitsstudien mit 1 Mio. m2 Solaranlagen durchgeführt worden, das würde einem Investitionsvolumen von einer halben Mrd. Euro entsprechen. „Jetzt laufen die Gespräche mit den Investoren, darunter bekannte wie Brau Union, Vossen, Norske, Fundermax, Sandoz und FACC", verrät Hackstock.

Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar
Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar - © Wilke

Zahlen von Austria Solar zur Solarthermie-Marktentwicklung 2022

- © AEE INTEC
Das Gasfeld würde weniger Energie liefern als alle Solarwärmeanlagen derzeit zusammen erzeugen, bei Verdoppelung des Solarbestandes wird das Gasfeld als Energiequelle überflüssig.
Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar

Einordnung des OMV-Gasfunds: Nur vier Stunden Sonnenenergie

Welches Potenzial in der Solarthermie stecken würde, zeigt ein Vergleich mit dem jüngsten Gasfund in Niederösterreich. Erst letzte Woche hat die OMV den größten österreichischen Gasfund seit 40 Jahren bekannt gegeben.

Eine klare Antwort darauf gibt es von Hackstock: Die „verzweifelte Suche" nach neuen Energiequellen zeige, dass es eine Solaroffensive brauche, „um solche Irrwege zu vermeiden". „Das Gasfeld würde weniger Energie liefern als alle Solarwärmeanlagen derzeit zusammen erzeugen, bei Verdoppelung des Solarbestandes wird das Gasfeld als Energiequelle überflüssig", ordnet der Experte ein.

Das Gasfeld soll eine geschätzte Energiemenge von 48 TWh an fossilem Erdgas enthalten. Die Sonne braucht im direkten Vergleich etwa vier Stunden, um diese Energiemenge auf ganz Österreich einzustrahlen. Würde das Gasfeld 25 Jahre lang genutzt werden, ließen sich damit etwa zwei Prozent (1,9 TWh) des jährlichen Erdgasverbrauchs in Österreich (2020: 85 TWh) abdecken, rechnet Austria Solar vor.

„Solarwärme hat theoretisch in allen Anwendungen eine Zukunft, bei Wohnbau, Betrieben, Fernwärme. Es ist eine Frage der Rahmenbedingungen, ohne Solaroffensive im Nationalen Energie- und Klimaplan* bleiben wir in der fossilen Falle stecken", plädiert Hackstock. Die ersten Weichen dafür seien der Beschluss des Erneuerbaren-Wärme Gesetzes und des Klimaschutzgesetzes.

*Mit einem Nationalen Energie- und Klimaplan müssen alle EU-Staaten ihren Weg zum Erreichen ihrer EU-Energie- und Klimaziele nachweisen. Fertig muss der Plan bis zum Juni 2024 sein.

BILD zu OTS - OMV Exploration Wittau
OMV Exploration Wittau - © OMV