Technik im Krankenhaus : Wenn sich Digitalisierung und Klimaschutz treffen

Grafik, die die Abwärmenutzung und den Kreislauf der Wärme beschreibt.
© Wien Energie/Harald Ströbel

Innovative Abwärme-Nutzung bringt Wien weiter am Weg zur Klimaneutralität und aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern: Das Rechenzentrum von Interxion wird künftig die Klinik Floridsdorf beheizen. Wien Energie errichtet dafür eine Wärmepumpenanlage, die an der Kühlanlage des Rechenzentrums angeschlossen wird. Die Anlage „recycelt“ überschüssige Wärme aus den Serverräumen effizient und wandelt diese in Fernwärme für die Klinik um. In Zukunft werden 50 bis 70 Prozent des Wärmebedarfs der Klinik mit der Abwärme des Rechenzentrums durch die neue Anlage von Wien Energie gedeckt. Das Rechenzentrum von Interxion ist nur wenige hundert Meter von der Klinik Floridsdorf entfernt. Über eine eigene Verbindungsleitung wird das Spital direkt mit lokaler Wärme aus Floridsdorf versorgt. „Das ist nachbarschaftliche Zusammenarbeit im Sinne des Klimaschutzes! Hier wird ungenutzte Abwärme zur klimaneutralen Heizung. Die Kooperation ist ein Paradebeispiel dafür, wie wir in einer zukunftsfitten und digitalisierten Stadt wie Wien gemeinsam am Klimaschutz arbeiten“, freut sich Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke.

Grätzl-Heizung für die Klinik Floridsdorf

Auch Gesundheitsstadtrat Peter Hacker betont die Bedeutung solcher Klimaschutz-Lösungen: „Wir müssen jede Möglichkeit nutzen, um unser Klima zu schützen und unsere CO2-Bilanz zu verbessern. Klar ist, dass unser aller Gesundheit auf dem Spiel steht, wenn die Erderwärmung ungehindert weiter voranschreitet. Dieses außergewöhnliche Projekt trägt dazu bei, dass sich die Patient*innen in der Klinik Floridsdorf noch wohler fühlen, gleichzeitig sparen wir so jährlich bis zu 4.000 Tonnen CO2.“

Bis 2040 soll die Wiener Fernwärme vollständig klimaneutral produziert werden. Großes Potential bietet neben Geothermie und Großwärmepumpen die Nutzung von vorhandener Abwärme in der Stadt. „Wir bauen hier eine Grätzl-Heizung für die Klinik Floridsdorf! Energie aus Floridsdorf für Floridsdorf, diese lokale Ressourcennutzung ist das Gebot der Stunde“, betont Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung. Das Unternehmen errichtet und investiert in eine neue Wärmepumpenanlage, um das Abwärme-Konzept umzusetzen. Neben der Versorgung der Klinik Floridsdorf erzeugt Wien Energie zusätzlich Kälte für das Rechenzentrum.

Digitalisierung und Klimaschutz lassen sich verbinden

Interxion betreibt in Floridsdorf den größten Rechenzentrums-Campus Österreichs. „Unsere Rechenzentren und Datenknotenpunkte sind nicht nur ein wesentlicher Teil des digitalen Rückgrats Österreichs, sondern auch eine der wichtigsten digitalen Drehscheiben in Zentral- und Osteuropa", erklärt Martin Madlo, Managing Director von Interxion Österreich. Diese Kooperation zeige, dass Digitalisierung und Klimaschutz gut miteinander vereinbar sind, und dass der Einsatz neuer Technologien neue Möglichkeiten eröffne, um das Klima zu schonen. Als erstes Colocation-Rechenzentrum Österreichs verfügt Interxion über mehr als 20 Jahre Know-how.

Klimaschutz in der Klinik Floridsdorf

„Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben im Wiener Gesundheitsverbund schon lange Tradition. Daher freuen wir uns besonders, dass wir nun dieses innovative Projekt gemeinsam mit Interxion und Wien Energie umsetzen werden. Mit der Nutzung der Abwärme können wir künftig bis zu 70 Prozent des Wärmebedarfs der Klinik Floridsdorf abdecken“, freut sich Michael Binder, Medizinischer Direktor des Wiener Gesundheitsverbunds. Bei der Klinik Floridsdorf wird schon länger Wert auf ressourcenschonenden Umgang gelegt. Etwa durch die Vermeidung von PVC, den Einsatz der sogenannten Fernkälte und die Nutzung von Regenwasser. Erst im vergangenen Jahr wurde gemeinsam mit Wien Energie die neu errichtete Photovoltaik-Anlage am Dach der Hochgarage in Betrieb genommen. In Summe werden damit 337 Tonnen jährlich an CO2-Ausstoß eingespart.

Die Klinik Floridsdorf hat, bei einer Heizleistung von 13 Megawatt, einen jährlichen Warmwasserverbrauch von 73.000 Kubikmetern und einen Jahreswärmeverbrauch von 21.361 Kilowattstunden. 90.000 Laufmeter Heizung sind in dem 800-Betten-Spital verbaut und die Klinik Floridsdorf wird im Schnitt an 150 Tagen im Jahr beheizt.

Am Foto v.l.n.r. Stadtrat Peter Hacker, Martin Madlo (Managing Director Interxion), Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Stadtrat Peter Hanke, Michael Binder (Medizinischer Direktor Wiener Gesundheitsverbund), Michael Strebl (Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung)
Stadtrat Peter Hacker, Martin Madlo (Managing Director Interxion), Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Stadtrat Peter Hanke, Michael Binder (Medizinischer Direktor Wiener Gesundheitsverbund), Michael Strebl (Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung) (v.l.n.r.) - © Wien Energie/Christian Hofer

Erste Wärmelieferung 2023 geplant

Seit Herbst 2021 wird an der Planung und Umsetzung des Abwärme-Projekts gearbeitet. Nach dem Bau der Verbindungsleitung zwischen Klinik und Rechenzentrum erfolgt der Anschluss an das Kühlsystems von Interxion. Gleichzeitig errichtet Wien Energie in der Energiezentrale der Klinik Floridsdorf drei Wärmepumpen mit einer Leistung von je ein Megawatt. Die Anlage entzieht dem rund 26°C warmen Kühlwasser die Wärmeenergie und nutzt diese, um die Klinik Floridsdorf mit bis zu 82°C zu heizen. Das abgekühlte Kühlwasser fließt zurück zum Rechenzentrum, wo es wieder zur Kühlung eingesetzt wird. Mitte 2023 soll die Anlage in Betrieb gehen.

Eckdaten zum Projekt

  • Baubeginn: Herbst 2022
  • Fertigstellung: Mitte 2023
  • Heizleistung: 3,0 MW
  • Kühlleistung: 2,1 MW
  • CO2-Einsparung: bis zu 4.000 Tonnen CO2 pro Jahr
  • Investitionen: 3,5 Millionen Euro
  • Das Projekt wird aus den Mitteln der Umweltförderung des BMK gefördert Begleitforschung im Rahmen der Aspern Smart City Research