Gesunde Raumluft im Büro : Erstmals gemessen: Die Qualität der Büroluft in Österreich

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Raumluftqualität in Büroräumen wirkt sich nicht nur auf die Produktivität der Mitarbeitenden aus, sondern auch auf ihre Gesundheit.

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Die Qualität des Raumklimas in Büro- und Arbeitsräumen hat einen erheblichen Einfluss auf Produktivität, Gesundheit und die Anzahl der Krankmeldungen. Trotz dieser Bedeutung wird das Raumklima in Büros häufig vernachlässigt, was nicht nur die Zufriedenheit am Arbeitsplatz mindert, sondern auch gesundheitliche Probleme wie das Office-Eye-Syndrom, Erkältungen oder Kopfschmerzen bis hin zu Krankenständen begünstigen kann. Eine breit angelegte Umfrage unter Büromitarbeitenden in Deutschland zum Thema Raumluftqualität und deren Auswirkungen legte 2023 nahe, dass sich diese Probleme auch quer durch Österreichs Bürolandschaft ziehen. Dem ging nun erstmals eine Kooperation mehrerer Institutionen nach.

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Messaktion für österreichische Büroräume

Die Initiative PrimaBüroKlima führte qualitative Messungen der Raumluftqualität in 100 heimischen Büroräumen durch. Diese kostenfreien und anonymen Messungen wurden in Zusammenarbeit der Plattform MeineRaumluft.at sowie dem OETI (Institut fuer Oekologie, Technik und Innovation) angeboten. Unternehmen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland konnten sich für die Messaktion anmelden. Für diese anspruchsvolle Form der Raumluftmessungen ist OETI auf die ISO 16000 Teil 2,3,6,9 und 11 sowie die EN 16516 akkreditiert. Die Messungen fanden durch geschultes Technikpersonal von 16. April 2024 bis 17. Juni 2024 statt. Rechtzeitig zur Heizsaison liegen nun die ausgewerteten Ergebnisse vor.

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Einerseits wurden die Mitarbeitenden in den Büros nach ihrem individuellen Empfinden der Raumluftbedingungen befragt, andererseits wurden von technisch geschultem Mitarbeitenden des OETI die Messungen durchgeführt. Dabei wurden folgende Werte erhoben: Relative Luftfeuchtigkeit, TVOC (Gesamtkonzentration der flüchtigen, organischen Verbindungen), Formaldehyd und Feinstaub.

Gemeinsame Impulse für gesunde Luft in Innenräumen: Robert Löcker, OETI (mittig) mit Peter Skala (rechts) und Thomas Schlatte (links) von der Initiative MeineRaumluft.
Gemeinsame Impulse für gesunde Luft in Innenräumen: Robert Löcker, OETI (mittig) mit Peter Skala (rechts) und Thomas Schlatte (links) von der Initiative MeineRaumluft. - © OETI/MeineRaumluft

Messergebnisse relative Luftfeuchtigkeit: Zu trocken

Die ideale Luftfeuchtigkeit in Innenräumen wird mit 40 bis 60 Prozent angesehen. Liegt der Wert dauerhaft darunter, ist die Luft zu trocken und es kann zu Reizung der Atemwege, austrocknen der Schleimhäute und trockenen Augen führen. Liegt der Wert dauerhaft darüber, ist die Gefahr der Schimmelbildung gegeben. Die Messungen ergaben, dass in einem Viertel der Büros (25,3 %) die Luft zu trocken war. Dies deckt sich auch mit Aussagen der Mitarbeitenden, da jede*r Fünfte angegeben hat, unter Reizungen der Augen und/oder Atemwege zu leiden.

In den nahezu allen Fällen deckt sich die Geruchswahrnehmung mit den erhöhten Messwerten.
Caterina Dawid, OETI

Messergebnisse TVOC: Hygienisch bedenklich

Die Richtlinie zur Bewertung der Innenraumluft legt die Grenzwerte für die TVOC fest. Demnach sind in 15 Prozent der Büroräume eine hygienisch auffällige Konzentration (250-500 µg/m³) von TVOC und bei 6 Prozent sogar eine hygienisch bedenkliche Situation (500-1.000 µg/m³) für die Mitarbeitenden durch TVOC gegeben. Mögliche Innenraumquellen für erhöhte Werte sind Produkte und Materialien zum Bau von Gebäuden und zur Innenausstattung wie zum Beispiel Farben, Lacke, Klebstoffe oder Möbel, aber Pflege-, Reinigungsmittel sowie Tabakrauch.

Gesundheitlich können Kopfschmerzen und Beeinträchtigung der Konzentration möglich. So gaben bei der Erhebung nahezu alle Mitarbeitenden, die in Räumen mit einer hygienisch bedenklichen TVOC-Belastung an, unter Kopfschmerzen und/oder Konzentrationsproblemen zu leiden. Zudem können erhöhte Werte auch sensorisch wahrgenommen werden und zu Geruchsbelästigung führen. „Das geschulte Prüfpersonal hat auch die Büroausstattung vor Ort aufgenommen und ebenfalls notiert, wenn der Geruch beim Eintreten in die Räume auffällig waren. In den nahezu allen Fällen deckt sich die Geruchswahrnehmung mit den erhöhten Messwerten", sagt Caterina Dawid, Leiterin Chemisch/Analytisches Labor OETI.

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Formaldehyd und Feinstaub: Weitgehend unauffällig

Erfreulicher die Ergebnisse für Formaldehyd und Feinstaub: Erhöhte Formaldehydwerte konnte in keinem Fall nachgewiesen werden. Auch bei Feinstaub wurde lediglich einmal der Grenzwert für PM10 überschritten, kein einziges Mal hingegen für PM 2,5. Das sind die zum Schutz der Gesundheit festgelegten Grenzwerte für Feinstaub.

Für die Gruppe der größeren Feinstaubpartikel PM10, die einen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer aufweisen, gilt ein maximaler Tageswert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Dieser Grenzwert darf höchstens an 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Bei den kleineren Partikeln (PM2,5) mit einem maximalen Durchmesser von 2,5 Mikrometer sollte Jahresmittelgrenzwert für PM2,5 von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen, um eine gesunde Raumluft zu gewährleisten. Die WHO hat 2021 den Richtwert aufgrund zahlreicher Studienergebnisse auf 5 Mikrogramm pro m³ gesenkt.

Initiative PrimaBüroKlima
Die Initiative PrimaBüroKlima führte qualitative Messungen der Raumluftqualität in 100 heimischen Büroräumen durch. - © OETI/MeineRaumluft
Ein gesundes Raumklima fördert das Wohlbefinden und steigert die Produktivität. Bereits bei der Gebäudeplanung sollten raumklimatische Faktoren im Mittelpunkt stehen.
Robert Löcker, OETI

Die kritischen Faktoren – und wie es weitergeht

In vielen österreichischen Büroräumen herrschen Raumluftbedingungen, die entweder zu Leistungsabfall, körperlichen Beschwerden oder Krankenständen führen. So geben 72 Prozent der Mitarbeitenden an, Symptome wie Konzentrationsschwäche, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Reizungen der Augen oder Atemwege und trockene Augen zu verspüren. Neben den Eigenangaben der Mitarbeitenden zu deren Befinden und Beschwerden, spiegeln sich diese Probleme in den gemessenen Werten wider: Besonderes Augenmerk sollte demnach der Luftfeuchtigkeit und TVOC-Belastung geschenkt werden. Das Fazit von Robert Löcker, Geschäftsführer OETI: „Die aktive Einbindung aller Beteiligten, besonders der Büroangestellten, ist entscheidend für eine gute Luftqualität in Arbeitsräumen. Ein gesundes Raumklima fördert das Wohlbefinden und steigert die Produktivität. Bereits bei der Gebäudeplanung sollten raumklimatische Faktoren im Mittelpunkt stehen.“

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Mit der einmaligen Messung ist es nicht getan, so Löcker: „OETI und MeineRaumluft sind fest entschlossen, gemeinsam erfolgreich zur Verbesserung der Innenraumluft-Qualität und des Raumklimas beizutragen. Die Initiative PrimaBüroKlima stellte einen bedeutenden Meilenstein in dieser wegweisenden Partnerschaft dar, die Bewusstsein geschaffen und eine gesündere Arbeitsumgebung gefördert hat. Gemeinsam setzen wir Impulse für gesunde Luft in Zeiten, in denen angesichts moderner Bauweisen und der stark wachsenden Nachfrage an nachhaltigem Wohnen und Arbeiten gesunde Innenraumluft immer mehr zum Thema wird.“

Kommentar: Gebäudeklima – Technik und Bau als Dreamteam

⇨ Ein Zusammenspiel von Gebäudetechnik und Baustoffen verringert die Errichtungskosten und steigert neben dem Wirkungsgrad auch die Nachfrage, sagt Peter Skala von der Plattform MeineRaumluft:

Angesichts des Klimawandels müssen wir vorausschauend planen und bauen. Der Wandel im Außenklima beeinflusst das Innenklima unserer Gebäude, was das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Menschen beeinträchtigt. Es ist entscheidend, alle Aspekte der Gebäudetechnik, Materialien und Planung ganzheitlich zu betrachten. Die Abstimmung von Technik, Software und Baustoffen sollte bereits in der Planungsphase erfolgen und bis zur Umsetzung nahtlos ineinandergreifen.

Architekten und Planer sind gefordert, Lösungen zu finden, die die Lebensqualität steigern und die Effizienz der Gebäude verbessern. Das führt zu einer besseren Leistbarkeit und damit zu einem vermehrten Einsatz – ein Win-Win für Lösungsanbieter in Technik und Bau. Wir sollten bereits jetzt kombinierte Lösungen aus Technik und Bau für Herausforderungen entwickeln, die in 30 bis 40 Jahren relevant sein werden, da die klimatischen Bedingungen in Innenräumen zunehmend unberechenbar werden.

Peter Skala
in Zusammenspiel von Gebäudetechnik und Baustoffen verringert die Errichtungskosten und steigert neben dem Wirkungsgrad auch die Nachfrage, sagt Peter Skala von der Plattform MeineRaumluft. - © Katharina Schiffl