15. IFM Kongress der TU Wien : ESG und Workplace Management

IFM Kongress TU 2022
© IFM, TU Wien

ESG, sprich die EU-Taxonomie-Verordnung, wurde letztes Jahr beschlossen, ist aber spätestens seit der EXPO Real in aller Munde. Aber nicht nur in der EU, auch in den USA beim World Work Place der IFMA war Nachhaltigkeit DAS Thema. Jedoch hat es in Europa einen ganz anderen Stellenwert, wie Ulrike Gehmacher, Head of Group ESG bei IMMOFINANZ Wien, erläuterte: Es ist eine gesetzliche Notwendigkeit.

Alle Unternehmen, die zumindest zwei der drei folgenden Kriterien (200 Mitarbeitende, 20 Mio. Bilanzsumme, 40 Mio. Umsatz) erfüllen, müssen in ihren Jahresberichten im Non-financial-Teil den Umsatz, die Investitionen und die Kosten für grüne Produkte und Services ausweisen. Das soll grüne und nachhaltige Investitionen verstärken. Die IMMOFINANZ hat dabei schon seit einigen Jahren das Thema Nachhaltigkeit auf dem Radar. Sie, als einer der größten Developer in CEE, ist international ein Vorreiter und nutzt das Thema, um sich zu differenzieren. Dies tut sie vor allem aus zwei Gründen:

  1. Mieter-Bindung: Sie bietet ihren Mietern und deren Nutzer*innen nachhaltige Immobilien an, die nicht nur energieeffizient sind, sondern deren Mitarbeitende auch „empowered“ sind, weil sie deren Gesundheit fördern.
  2. Investoren: Grüne Immobilien sind ein Muss bei der Finanzierung. Sei es, um Investoren ein attraktives Angebot zu machen, oder um einfach eine günstige Fremdfinanzierung zu erhalten.
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Laut Ulrike Gehmacher seien schon jetzt bei den Fremdfinanzierungskosten Unterschiede von bis zu 40 Basispunkten am Markt üblich. In Zukunft, vermutet sie, werde es schwer, Projekte, die nicht nachhaltig sind, finanzieren und später verkaufen zu können. Laut ihrem Vortrag werde ESG ab 2026 noch mehr an Bedeutung gewinnen, wenn die Reports auch von Wirtschaftsprüfer*innen vollständig auf ihre Richtigkeit geprüft werden müssten und Greenwashing unter schwerwiegende Strafen falle.

In den Vorträgen wurde auf die Bedeutung einer einfachen und GOB-tauglichen Erfassung der Basisdaten für die Berechnung der KPIs hingewiesen. In der Praxis bedeutet diese Erfassung einen erheblichen Aufwand. Vor allem rechtzeitig steuern zu können und nicht erst am Jahresende zu erkennen, dass ein Gebäude nicht mehr „nachhaltig“ ist, stellt einige Unternehmen vor erhebliche Aufwände.

Ulrike Gehmacher
Ulrike Gehmacher vermutet, dass es in Zukunft schwer wird, Projekte, die nicht nachhaltig sind, finanzieren und später verkaufen zu können. - © IFM, TU Wien

Energieoptimierung im Theater in der Josefstadt

Der Vortrag von Alexander Götz, CFO, und Hans-Peter Stubenrauch, Facility Manager vom Theater in der Josefstadt, stellt daher eine einfache, kostengünstige Methode für diesen Bereich vor. Das Theater in der Josefstadt wollte nicht nur wegen der Vorgaben der Regierung, sondern auch aus Kostengründen seinen Energieverbrauch optimieren. Frei nach dem Motto „What you cannot measure you cannot manage” wurde ein Energiemonitoring im letzten halben Jahr umgesetzt. Dabei war zu beachten, dass das Monitoring-System während des Betriebs ohne Abschaltungen implementiert werden kann, denn einen Stehtag kann sich das Theater nicht leisten. In der IoT-basierten Software-as-a-Service-Lösung „Sustainability Explorer“ fand es eine geeignete Lösung.

Die IoT-Messgeräte zur Messung von den Energieverbräuchen im Bereich elektrische Energie und Fernwärme konnten leicht im laufenden Betrieb vom Hauselektriker nachgerüstet werden. Die bestehenden Leitungen wurden mit Spulen umschlossen, ein zusätzlicher Aufputzverteiler bietet Platz für die zusätzlichen Geräte, die den Stromverbrauch danach messen. Per Bus wird der Fernwärmeverbrauch über dieselbe SPSS, die auch die Strommessung bewerkstelligt, ausgelesen. Nun können alle Werte, wenn benötigt, im Minutentakt ausgelesen und im Dashboard des SaaS-Cloud-Tools analysiert werden. Damit wird nicht nur die Erstellung der KPIs unterstützt, sondern auch der operative Betrieb kann überwacht und optimiert werden.

Das einzige Manko war die lange Lieferzeit der Geräte, daher wird in der Ausbaustufe auch ein anderer Hersteller mitwirken, der aber durch das offene Konzept der Lösung einfach eingebunden werden kann. Hans-Peter Stubenrauch empfiehlt daher, möglichst rasch mit der Implementierung zu beginnen, da man mit Lieferzeiten von bis zu einem halben Jahr rechnen müsse. Da das erste Jahr für die verpflichtende ESG- Berichterstattung 2024 ist, bleibt nicht mehr viel Zeit. Bei weiteren Umbauten wird sofort, wo es Sinn macht, weil große Verbraucher betroffen sind, ein detaillierteres Monitoring angedacht und von den TGA-Planer*innen umgesetzt. Durch die Cloud-Lösung ist die Lösung sehr skalierbar. Das bedeutet in der Praxis, dass vor Ort außer den IoT-Geräten nichts implementiert werden muss. Dies reduziert den Implementierungsaufwand und die notwendigen Kenntnisse bei den Haustechnikplaner*innen und der IT-Abteilung wesentlich.

Wie arbeiten wir morgen?

Das Thema „Neue Arbeitswelten“ beleuchtete Gregor Grindjan, COO bei SAP Österreich, in seinem Vortrag „Die Zukunft des hybriden Büros – Erfahrungen nach zwei Jahren Praxisbetrieb?“. SAP Österreich hat erst 2016 bis 2018 im Projekt „Viennovation“ ihren Standort in Wien in ein Activity-based-working Büro umgestaltet.

Um die Mitarbeitenden zu fördern, wurde viel offener Raum für individuelle Produktivität sowie kommunikative Begegnung und Zusammenarbeit geschaffen. Eine Vielzahl von Gemeinschaftsräumen unterstützt den Erfahrungsaustausch und gegenseitiges Lernen. Rückzugsmöglichkeiten für informellen Austausch ermöglichen eine Vielzahl von Telefon- und Besprechungsräumen. Die Verschmelzung von Technologie und natürlichen Materialien sorgt für eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Eine großzügig gestaltete Cafeteria für interne und externe Besucher*innen dient nur dazu, um sich körperlich zu stärken, sondern unterstützt den formellen und vor allem den informellen Austausch. All dies erhöht die Anforderungen an die Haustechnik.

IFM Kongress TU 2022
© IFM, TU Wien

Vor allem Flexibilität in Hinblick auf offene Raumgestaltung, aber auch bei den Nutzer*innenzahlen ist gefragt. Durch die Möglichkeit des Homeoffice erhöhen sich die Schwankungen bei den Nutzer*innen noch weiter. Gerade die HKLS-Steuerung muss das berücksichtigen, um nicht nur Energieeffizienz, sondern auch ein gesundes Raumklima und das Wellbeing der Mitarbeitenden bei jeder Belegung sicherzustellen.

Die Podiumsdiskussion von Wolfgang Gleissner, COO bei BIG, und Géza-Richard Horn, Geschäftsführer RealFM, brachte es auf den Punkt: In sich so rasch verändernden Zeiten ist Flexibilität der bestehenden Lösungen z. B. in Hinblick auf stark fluktuierende Nutzer*innenzahlen, aber auch die langfristige, einfache und kostengünstige Anpassung der Räumlichkeiten oder vielmehr der gesamten gebauten Infrastruktur von wesentlicher Bedeutung für den Erfolg und das Überleben der Unternehmen. Die Haustechnik ist hier von wesentlicher Bedeutung und kann ein starker „Enabler“ oder Showstopper sein.

>> Zu weiteren Fachartikeln von Alexander Redlein