Österreich: Firmenpleiten um ein Viertel gestiegen : Insolvenzjahr 2024 setzt sich fort
Eine Vielzahl der heimischen Unternehmen hat weiterhin massiv mit ihrer Geschäftslage und fehlenden Einnahmen zu kämpfen. Die seit knapp einem Jahr deutlich erhöhte Insolvenzdynamik bleibt aufrecht und findet im dritten Quartal 2024 ihre Fortsetzung, selbst wenn dieses in absoluten Zahlen leicht hinter den ersten beiden Quartalen des Jahres liegt, wie eine aktuelle Hochrechnung des Kreditschutzverbandes 1870 zeigt-
In den ersten drei Quartalen 2024 sind die Insolvenzen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in Österreich um rund ein Viertel gestiegen (4.895 Insolvenzen). Das sind durchschnittlich 18 Firmenpleiten pro Tag. Besonders betroffen sind einmal mehr der Handel, die Bauwirtschaft und die Beherbergung/Gastronomie. Zudem sind die betroffenen Arbeitnehmer*innen um knapp sechs Prozent auf 18.700 Personen und die Zahl der Gläubiger*innen um circa 13 Prozent auf 36.800 Betroffene angewachsen. Dazu kommen Großinsolvenzen wie etwa rund um die Signa, die die Passvia weiter steigen lassen.
„Der wirtschaftliche Druck ist auch während der Sommermonate nicht weniger geworden. Die Betriebe sind sehr häufig am Limit und müssen sich vermehrt die Existenzfrage stellen. Das wird auch in den kommenden Monaten nicht anders sein“, erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz.
Jede dritte Insolvenz wird nicht eröffnet
Nach zuletzt einer leichten Entspannung steigt die Zahl der nichteröffneten Insolvenzfälle wieder an. Zum Ende des dritten Quartals 2024 wurden 1.804 Unternehmensinsolvenzen mangels Vermögens nicht eröffnet. Das sind 37 Prozent aller Firmenpleiten seit Jahresbeginn und ein Anstieg von 20 Prozent an „Nichteröffnungen“ gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das sei auch deshalb alarmierend, weil es dadurch nicht möglich ist, betroffene Unternehmen einem geordneten Insolvenzprozess zu unterziehen, wie KSV 1870 informiert. „Dass in diesen Fällen nicht einmal mehr 4.000 Euro für die Deckung der Gerichtskosten aufgebracht werden können, ist ein Armutszeugnis für die jeweiligen Betriebe und ein Fehler im Rechtssystem“, so Götze.
Insolvenztreiber Hochbau und Baunebengewerbe
Wie die aktuelle KSV1870 Analyse zeigt, verzeichnet der Handel seit Jahresbeginn die meisten Unternehmenspleiten, betroffen sind sowohl der Groß-, wie auch der Einzelhandel in ähnlichen Dimensionen. Knapp dahinter folgt die Bauwirtschaft (814, + 22 %) und der Bereich Beherbergung/Gastronomie (596, + 16 %). Diese drei Branchen sind für knapp die Hälfte aller österreichweiten Unternehmensinsolvenzen verantwortlich.
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Den größten prozentuellen Anstieg verzeichnet das „Grundstücks- und Wohnungswesen“ mit einem Plus von 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein tiefergehender Blick in die Bauwirtschaft belegt, dass derzeit, vor allem der Hochbau und das Baunebengewerbe (u.a. Elektriker*innen, Installateur*innen, Maler*innen oder Dachdecker*innen) mit zahlreichen Insolvenzen zu kämpfen haben. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres verzeichnet der Hochbau um 25 Prozent mehr Firmenpleiten, gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 zeigt sich eine Verdoppelung der Fälle.
Gleichzeitig zeigt sich im Baunebengewerbe im Vergleich zum Vorjahr eine sehr ähnliche Entwicklung – hier gibt es um 21 Prozent mehr Firmenpleiten, gegenüber dem Jahr 2019 liegt der Anstieg bei 13 Prozent. Darüber hinaus gibt es im Baunebengewerbe mit aktuell rund 1.600 Fällen, abseits einer Insolvenz, eine hohe Zahl an mehr oder weniger freiwilligen Schließungen. Die Gründe seien unter anderem eine fehlende wirtschaftliche Perspektive, fehlendes Personal und eine zu geringe Auftragslage, die es kaum möglich macht, gewinnbringend oder zumindest kostendeckend zu wirtschaften, so der Kreditschutzverband.
Ausblick auf das restliche Jahr
„Die vorherrschende Insolvenzdynamik ist gekommen, um zu bleiben. Wir beim KSV1870 gehen aktuell davon aus, am Jahresende von einem Insolvenzjahr sprechen zu müssen, dass es schon sehr lange nicht mehr gegeben hat“, so Götze. In Zahlen bedeutet das, dass der Gläubigerschutzverband mit österreichweit rund 6.500 Unternehmensinsolvenzen rechnet, was einem Zuwachs von etwa 1.100 Fällen entsprechen würde – mehr gab es zuletzt im Jahr 2009.