Verbände kritisieren : Antiteuerungspaket: Ein Angriff auf die Erneuerbaren?

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Am 10. Mai hat die Bundesregierung Maßnahmenpaket gegen die Teuerung vorgestellt, um die weiter anherrschende Inflation zu bekämpfen. Einen wichtigen Hebel sieht die Politik dabei in den Energiepreisen. Auf Grund der gesunkenen Großhandelspreise werden etwa die Obergrenzen für Markterlöse von 140 auf 120 Euro bzw. die Obergrenzen für den Absetzbetrag für Investitionen von 180 auf 160 Euro abgesenkt. Vertreter*innen der Energieerzeuger reagieren mit scharfer Kritik auf das Paket.

PV Austria: „Unterirdische Aktion"

Als „völlig unerklärlich, unbrauchbar sowie unterirdisch" bezeichnet Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Photovoltaic Austria die Entscheidung des Ministerrats. Die Aktion würde „in keinster Weise" dabei helfen, leistbaren Strom zu garantieren.

„Bundeskanzler Nehammer verkennt die Situation, denn der einzige Garant für günstigen Strom ist der Ausbau der Erneuerbaren, der nun neuerlich behindert wird. Für jeden Schritt nach vorne gehen wir zwei nach hinten. Anstatt alles daran zu setzen, die Erneuerbaren auszubauen und die fossile Stromerzeugung aus dem Strommix zu drängen, wird die grüne Stromproduktion belastet", zeigt sich Paierl empört über die geplante Maßnahme und fügt hinzu: „Völlig ungeheuerlich ist, dass fossile Energieträger nicht stärker belastet werden sollen."

Auf der einen Seite werde der Ausbau der Erneuerbaren gefördert, auf der anderen Seite aber Projekte ab 1 Megawatt zur Kassa gebeten, wie Photovoltaic Austria kritisiert. Das betreffe nicht nur die großen Energieversorger, sondern auch KMUs. Bis dato habe man sich als Verband nicht zur Abschöpfung der erneuerbaren Stromproduzenten geäußert – sei es doch eine wichtige Maßnahme, um sozial ausgewogen zu bleiben.

Herbert Paierl, PV Austria
Herbert Paierl, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Photovoltaic Austria - © Privat

Die angekündigte weitere Verschärfung sei jedoch nicht mehr einfach so hinzunehmen, zumal die Unternehmen die Einnahmen benötigen würden, um wieder in neue Projekte investieren zu können. „Bitte keine Spiegelfechterei und politischer Aktionismus, der an anderer Stelle richtiger platziert wäre. Denn die Verursacher des hohen Strompreises sind die Fossilen, die es aus dem Strommix raus zu drängen gilt", fordert Paierl.

In einem liberalisierten Markt sind Energieerzeugung und Energiehandel unternehmerisch getrennt. Die Erzeuger also abzuschöpfen, wenn man meint der Handel gebe Preissenkungen nicht schnell genug weiter, ist für sich gesehen schon unschlüssig!
Martina Prechtl-Grundnig, EEÖ

EEÖ: „Fatales Signal" an die Branche

Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) sieht in dem Maßnahmenpaket gegen die Teuerung ebenfalls ein Ausbremsen der Energiewende. „Eine langfristige und tragfähige Senkung der Energiekosten geht nur mit einem zielstrebigen Ausbau erneuerbarer Energie in Österreich. Anstatt alles daran zu setzen, die dringend benötigten Investitionen in diesem Bereich zu beschleunigen, kündigt der Bundeskanzler an, man wolle die erneuerbare Energieerzeugung ‚zur Kasse beten‘“, reagiert Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des EEÖ verständnislos. Sie warnt vor den negativen Auswirkungen auf das Investitionsklima für erneuerbare Stromerzeugung in Österreich.

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Der EEÖ sieht in der Maßnahme ein fatales Signal an genau jene Branche, die es zu stärken gelte, um eine tatsächliche und nachhaltige Preissenkung und Stabilisierung zu erreichen. Während die Ursachen der Preissteigerungen im Energiebereich bei den stark gestiegenen Preisen für Erdgas und der großen Erdgasabhängigkeit zu verorten seien, würden ausgerechnet jene Energieerzeuger belastet, die preisdämpfend wirken.


Neben der Erhöhung der Abgabe werden auch mögliche Absetzbeträge für die so notwendigen Investitionen herabgesetzt. „Die fossile Energiewirtschaft in Österreich bleibt von diesen neuen Verschärfungen völlig verschont!“, kritisiert Prechtl-Grundnig.

Auch die angeführte Argumentation, wonach die Abgabe eingeführt werde, weil Energieversorger gesunkene Preise an den Energiebörsen nicht weitergeben, ist für die Expertin ein Trugschluss: „In einem liberalisierten Markt sind Energieerzeugung und Energiehandel unternehmerisch getrennt. Die Erzeuger also abzuschöpfen, wenn man meint der Handel gebe Preissenkungen nicht schnell genug weiter, ist für sich gesehen schon unschlüssig! Abgesehen davon, dass dies tatsächliche Einflussparameter und Zeitläufe im Marktgeschehen außer Acht lässt!“, so Prechtl-Grundnig abschließend.
Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin Erneuerbare Energie Österreich  (EEÖ)
Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des EEÖ - © Kleinwasserkraft Österreich
Damit sind die Erzeuger in Geiselhaft der Energieversorgung.
Stefan Moidl, IG Windkraft

IG Windkraft: Bevorzugung von Fossilen „verschärft"

Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, sieht im aktuellen Beschluss eine Bevorzugung der fossilen: „Während andere Länder wie Deutschland die Abschöpfung Mitte des Jahres auslaufen lassen, wird diese in Österreich erhöht und bis Jahresende weitergeführt. Damit wird die Bevorzugung von Erdgas, Erdöl und Kohle in Österreich noch weiter verschärft und die Energiewende ausgebremst.“

Das Paket soll auch die Obergrenzen für den Absetzbetrag um 14 Prozent reduzieren. „Diese Regelung ist besonders unverständlich, denn während wir hohe Investitionssummen für den Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen, um den Wirtschaftsstandort und eine leistbare Energieversorgung nachhaltig zu sichern, wird hier ein weiterer Anreiz für hohe Investitionen weggeschnitten. Die Energiewende noch weiter zu beschränken ist ein wirklich falscher Schritt der Regierung“, bemerkt Moidl.

Wie auch Prechtl-Grundnig weist Moidl darauf hin, dass Erzeugung und Handel im europäischen Energiemarkt rechtlich voneinander getrennt seien. Viele Windkraftbetreiber würden gar keine Endkonsument*innen beliefern und hätten daher auch gar keinen Einfluss auf die Verrechnung an die Endkonsument*innen. „Damit sind die Erzeuger in Geiselhaft der Energieversorgung“, kritisiert Moidl.

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Nun vergesse man auf die fossile Branche, lasse dort die „Rekordgewinne einfach weiterlaufen" und fördere damit die Gasnutzung, bemerkt Moidl: „Die weitere Benachteiligung der Erneuerbaren gegenüber den fossilen Energien wird die Energiewende nicht beschleunigen können und den Ausbau der Erneuerbaren bremsen, bevor er überhaupt richtig begonnen hat.“

Mag. Stefan Moidl, Geschäftsführer IG Windkraft
Stefan Moidl, Geschäftsführer IG Windkraft - © Astrid Knie