Forschung : Was Satellitendaten mit der Energiewende zu tun haben

Earth view from space and satellite from lines, triangles and particle style design. Illustration vector
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Mit Hilfe von Satellitendaten neue Lösungen für die Energiewende gestalten: Diesem Ziel hat sich der „Space4Energy“-Hackathon verschrieben und unter Eindruck gestellt, dass der Weltraum nicht nur Innovationsquelle für Lösungen zum Schutz des Planeten, sondern auch für neue Geschäftsmodelle ist. Der Wettbewerb für Start-ups und Studierende adressiert zentrale Herausforderungen des Klima- und Umweltschutzes. Bundesministerin Leonore Gewessler zeichnete die innovativsten Lösungen aus. Während Satellitendaten bereits heute Voraussetzung Anwendungen wie Navigation, Flugverkehrsmanagement oder Erdbeobachtung sind, haben mehr als 50 Teilnehmer*innen insgesamt 17 Lösungen im Rahmen des vom Klimaschutzministerium (BMK) initiierten Hackathons für Challenges der Energiebranche entwickelt.

Weltraumtechnologien und Satellitendaten helfen uns dabei, den Klimawandel besser zu verstehen und daraus abgeleitet umsichtige, zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen.
Leonore Gewessler, Klimaschutzministerin

Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Energiesystem

Die Organisatoren, das BMK, ESA Space Solutions Austria und das Green Energy Lab, Österreichs Innovationslabor für eine nachhaltige Energiezukunft, zeigen sich über die Innovationskraft beim Bewerb erfreut: „Wir haben im Green Energy Lab gemeinsam mit unseren Partnern im Februar dieses Jahres eine spannende Reise mit ‚Space4Energy‘ gestartet. Mit Hilfe unseres großen Netzwerks ist es uns damals gelungen, jene Anwendungsfelder zu identifizieren und in konkrete Challenges zu gießen, die uns einen großen Schritt näher an unser Ziel eines nachhaltigen Energiesystems bringen können", so Mathias Schaffer, Obmann des Labs, zu den Herausforderungen des Energiesektors. Die entwickelten Lösungen würden nun eindrucksvoll zeigen, welchen großen Mehrwert Satellitendaten für die Energiewende bieten können.

Die beteiligten Teams präsentierten am Anfang November in einer digitalen Pitching Session einer hochkarätigen Jury ihre Ergebnisse bzw. erste Prototypen. Der Ideen- und Entwicklerwettbewerb gipfelte schließlich in eine feierliche Abschlussveranstaltung in Graz. Die Klimaschutzministerin zeichnete dabei die nachhaltigsten und innovativsten Lösungen mit dem größten Umsetzungspotenzial aus – über 8.500 Euro wurden an die Siegerteams ausgeschüttet. In den vier Kategorien setzten sich durch:

  • Das Jungunternehmen „wematics” rund um Gründer Max Aragon setzte sich in der Kategorie „Space4Thermal“ durch.
  • „Space4SpatialPlanning“ geht an das Start-up ubicube (rund um Gründer Andreas Salentinig).
  • Sahir Khan, Lukas Prenner und Karlheinz Gutjahr gewinnen als frisch gegründetes Team in der Kategorie „Space4Wind“.
  • Die Kategorie „Space4Biomass“ entschied das Start-up “Beetle ForTech” rund um Gründer Sebastian Vogler – in Kooperation mit Joanneum Research – für sich.

Projektpartner mit konkreten Problemstellungen

Die vier Kategorien wurden von renommierten Projektpartnern unterstützt: Die Österreichischen Bundesforste, die Energie Steiermark, die Kelag sowie das Team des FFG-Projekts „Spatial Energy Planning for Energy Transition“ hatten dafür jeweils konkrete Problemstellungen skizziert – mit Hilfe des Einsatzes von Satellitendaten wurden dafür von
den Teilnehmer*innen innovative Lösungen entwickelt.

„Space4Thermal“

Mit der Verbesserung der Heiz- bzw. Kühleffizienz setzen sich die Teilnehmer*innen der von Energiedienstleiser Kelag gemeinsam mit HAKOM Time Series, Experte für Zeitreihenmanagement in der Energiewirtschaft, definierten Challenge auseinander. Das Ziel: Globale Treibhausgasemissionen reduzieren, indem ungenutzte Temperaturunterschiede in Regionen – etwa beheizte Wohngebäude neben gekühlten industriellen Einrichtungen – aufgespürt werden. Nicht nur die Heiz-bzw. Kühleffizienz kann so verbessert werden, lokale Entscheidungsträger*innen könnten auch Gegenmaßnahmen für städtische Hitzeinseln ableiten.

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Im Zuge des „Space4Energy“-Hackathons konnte die von Kelag und HAKOM skizzierte Herausforderung bereits in ersten Schritten bewältigt werden: Die durch das Unternehmen eingesetzte Karte wurden im Zuge der Challenge durch eine im Ansatz entwickelte hochaufgelöste, digitale Landoberfläche ersetzt, die auf die Nutzung für Wärmemanagement abzielt. Die intelligente Karte soll Fernwärmenetz-Betreibern ermöglichen, ineffiziente Wärmeübertragungen und Wärmelecks zu detektieren. Außerdem könnten auch ungenutzte städtische oder natürliche Wärmequellen identifiziert werden. Dabei kommt Technologie von HAKOM Time Series zum Einsatz, um die unterschiedlichen Zeitreihendaten effizient und einheitlich zu verarbeiten.

„Space4Spatialplanning“

Wie man die räumliche Energieplanung für Regionen verbessern kann, hat das FFG-Projekt „Spatial Energy Planning for Energy Transition“ ins Zentrum ihrer Aufgabenstellung gerückt. Die Erfassung der aktuellen strukturellen Entwicklung von Gemeinden und Städten ist eine Herausforderung. Denn: Einerseits ist die Datenlage über Gebäude und deren Energieversorgung in manchen Regionen unvollständig, andererseits sind die Möglichkeiten eines kontinuierlichen Monitorings der strukturellen Entwicklung begrenzt. Außerdem bedarf es einer zentralen Lösung, um bereits bestehende Solaranlagen zu identifizieren.

Die Teilnehmer*innen setzten sich daher unter anderem mit Lösungen auseinander, um verfügbare Daten zu ergänzen – und zeitliche Analysen daraus abzuleiten. „Herausforderungen wie der Klimawandel und seine Folgen oder der wachsende Bedarf nach sicherer, sauberer Energieversorgung können nur bewältigt werden, wenn sich Gesellschaft und Wirtschaft grundlegend ändern. Dafür braucht es eine grüne und digitale Transformation – die auch aus Weltraum-Perspektive beschleunigt werden kann. Dies hat der ‚Space4Energy‘-Hackathon eindrucksvoll unter Beweis gestellt“, betont Helmut Strasser, Projektleiter des FFG-Projektes „Spatial Energy Planning for Energy Transition“.

„Space4Wind“

Projektpartner Energie Steiermark ermutigte die Teilnehmer*innen gemeinsam mit Rheologic dazu, präzisere Simulationen von historischen und zukünftigen Windverhältnissen in Windparks zu erarbeiten. Denn: Um Windpotenzial und Ertragsprognose zu ermitteln, werden aktuell umliegende Oberflächenstrukturen – wie etwa Felder, Wiesen, Industrie- und Wohngebiete – nach wie vor nur ungenau bestimmt. Ein gleichermaßen komplexer wie teurer Vorgang, der mit Hilfe von Satellitendaten – im Zuge der Challenge – massiv vereinfacht werden könnte: Eine Schnittstelle kategorisiert dabei die Oberflächen – im Fachjargon ist von „zonalen Rauhigkeiten“ die Rede – und macht diese offen zugänglich.

„Insgesamt kann die Qualität der Modellierung von Windverhältnissen in Windparks deutlich gesteigert werden. Damit tragen wir unserem übergeordneten Ziel Rechnung, die Windkraftausbau zu forcieren und zugleich strategisch Innovationsimpulse zu setzen“, erklärt Thomas Wiedner, Geschäftsführer der Energie Steiermark Innovationstochtergesellschaft Next.

„Space4Biomass“

Die Österreichischen Bundesforste widmeten ihre Aufgabenstellung der satellitengestützten Abschätzung von Schäden in Folge von Wetterkapriolen. Während potenziell schlechte Wetterbedingungen und die daraus resultierende Unzugänglichkeit des Geländes Schadensbewertung und Aufräumarbeiten in betroffenen Gebieten verzögern, können Satellitendaten schnelle Abhilfe schaffen: Denn eine rasche und präzise Identifikation von zerstörten Wäldern ermöglicht nicht nur eine schnelle Arbeitsorganisation, sondern in der Folge auch eine Kapazitätsplanung in der Holzlogistik.

„Die Bundesforste sind Vorreiter in der Digitalisierung. Daher suchen wir laufend nach weiteren Anwendungen, wo uns technische Lösungen unterstützen können. Windwurf, Schneebruch oder Borkenkäferbefall als Auswirkungen der Klimakrise sind für uns als Naturunternehmen allgegenwärtig. Dafür sucht unser Unternehmen neue Lösungen für ein noch effektiveres Schadholzmanagement“, sagt Georg Schöppl, Vorstandssprecher der Österreichischen Bundesforste.