Trinkwasser : Hitzewelle: So wird die österreichische Trinkwasserversorgung gesichert
Der Sommer 2022 verdeutlich auch in Europa einmal mehr die Klimakrise. Dürre und Notstand in Italien, neue Hitzerekorde in Großbritannien, über 40 Grad in Spanien im Mai - die Liste lässt sich beliebig weiterführen. Auch in Österreich mehren sich die Hitzetage (30 Grad und heißer), das bestätigen Zahlen der ZAMG. Gab es zwischen 1961 und 1990 in den Landeshauptstädten jährlich noch zwischen drei und zwölf Tage und 20 Hitzetage galten als Rekord, so sind es im Zeitraum von 1991 bis 2020 jährlich zwischen neun und 23 Tage, Rekordwerte liegen bei etwa 40 Hitzetagen.
Es drängt sich die Frage auf: Wie steht es eigentlich um die österreichische Trinkwasserversorgungen während Hitzewellen? Der Vizepräsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW), Wolfgang Nöstlinger, beruhigt: „Die Trinkwasserversorgung der österreichischen Bevölkerung ist gesichert. Österreich ist ein wasserreiches Land. Wir haben außerdem ein sehr gutes Wasserleitungsnetz, das nicht mit anderen Ländern, wo es derzeit Einschränkungen in der Wasserversorgung gibt, vergleichbar ist." Die Wasserversorger hätten bereits seit dem intensiven Trockenjahr 2003 Vorkehrungen getroffen, um Trinkwasserversorgung auch in längeren Trockenperioden aufrechterhalten zu können.
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Wolfgang Nöstlinger, Vizepräsident ÖVGW
„Die Trinkwasserversorgung der österreichischen Bevölkerung ist gesichert. Österreich ist ein wasserreiches Land. Wir haben außerdem ein sehr gutes Wasserleitungsnetz, das nicht mit anderen Ländern, wo es derzeit Einschränkungen in der Wasserversorgung gibt, vergleichbar ist."
Grundwasserkörper hat Reserven
Beispiele für solche Vorkehrungen sind die Erweiterung und Modernisierung des österreichischen Wasserleitungsnetzes sowie das Erschließen zusätzlicher Quellen. Zwischen den einzelnen Trinkwasserversorgern wurden Verbundleitungen gebaut. Im Notfall kann dadurch Trinkwasser von Nachbargemeinden bezogen werden. Regionen mit geringen Grundwasserressourcen haben sich mit Fernleitungen Partner aus Gebieten mit großen Ressourcen geschaffen.
„Es gibt keine unmittelbare Auswirkung niedriger Pegelstände auf das Trinkwasser, das zuhause aus Ihrem Wasserhahn kommt. Die Brunnen der Wasserversorgung liegen tiefer, unsere Grundwasserkörper haben ausreichend Reserven", setzt Nöstlinger die Situation am Neusiedlersee, der aktuell einen sehr niedrigen Wasserstand hat, sowie auch austrocknende Schotterteiche wie bei Wiener Neustadt in Kontext. Natürlich, so Nöstlinger weiter, hänge die Menge des verfügbaren Trinkwassers vom Grundwasser ab. In vielen Regionen Österreichs gäbe es aber auch in Hitzezeiten genügend Grundwasser, in den Quellen der Berge ebenso. „Das Grundwasser füllt sich normalerweise im Herbst und Winter durch ausreichend Niederschläge wieder auf", so Nöstlinger.
Gut zu wissen
- ~ 81.000 km lang ist das österreichische Wasserleitungsnetz. Die Erde könnte damit entlang des Äquators zweimal umwickelt werden.
- 8.900 Brunnen und Quellen
- 7.300 Wasserspeicher
- ~ 1.400.000 Hausanschlüsse
- 130 Liter Wasser werden pro Tag und Person aus dem Wasserhahn entnommen. Davon werden nur 4 Liter für Trinken und Kochen verwendet.
- 4.700 Liter beträgt der sogenannte virtuelle Fußabdruck pro Tag. Das ist der Wasserverbrauch, den man nicht sofort sieht, etwa für die Produktion von Lebensmitteln oder Kleidung. Das entspricht 30 Badewannen, die mit jeweils 150 Liter gefüllt sind.
Überwachung der Entnahmemengen von Industrie und Landwirtschaft?
Einige Regionen in Österreich wie etwa das Burgenland, die Südsteiermark und Teile Kärntens sind von den langen Trockenheitsperioden stärker betroffen. In einigen Gemeinden in Kärnten - zum Beispiel in Feldkirchen - gibt es dafür bereits Vorsichtsmaßnahmen. Die Bevölkerung wird aufgerufen, Wasser zu sparen. „Ich appelliere an die Menschen, sich an die Vorgaben ihrer Gemeinden zur sorgsamen Nutzung des Wassers zu halten. In Hitzezeiten muss die Wiese im Garten nicht unbedingt gegossen werden. Wenn der Rasen einmal gelb ist, macht das auch nichts", betont Nöstlinger.
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Nöstlinger fordert zudem, den Vorrang für Trinkwasserversorgung in Krisenzeiten gesetzlich zu verankern. "Gerade Hitze- und Trockenzeiten zeigen, wie wichtig es ist, der Wasserversorgung der österreichischen Haushalte Vorrang einzuräumen. Wir fordern, dass es in längeren Trockenperioden automatisch einen Vorrang für die Trinkwasserversorgung vor der Wasserentnahme durch Industrie und Landwirtschaft gibt." Es sei wichtig, so Nöstlinger weiter, dass der Wasserbedarf für die österreichische Bevölkerung immer gedeckt sei.
Die ÖVGW fordert daher außerdem, die Entnahmemengen von Industrie und Landwirtschaft genauso zu überwachen und zu messen, wie dies bei Trinkwasserversorgern der Fall ist. "Wir wissen nicht, wieviel Wasser zu welchem Zeitpunkt von Industrie und Landwirtschaft entnommen werden. Denn nicht alle Grundwasserentnahmen werden gemessen. Das muss sich ändern. Wir müssen auf den Verbrauch unseres wertvollen Grundwassers schauen", verlangt Nöstlinger.