Aus TGA 12: Das neue Headquarter OWP 12 : Modular und hochflexibel
Im Zuge des Neubauprojektes des Bürogebäudes Obere Waldplätze 12 am Drees & Sommer Campus in Stuttgart zeigt das Unternehmen modernste Technologien am eigenen Bürogebäude. Neben dem Einsatz des fortschrittlichsten TGA-Modulsystems sowie einer erstmalig verbauten Fassadenart steht vor allem das Thema Nachhaltigkeit mit Cradle-to-Cradle im Fokus des Neubaus. Das Bürogebäude zeigt dabei, welche technischen Trends bereits möglich sind und wie ein Gebäude der Zukunft aussehen kann. Mehr dazu im Interview mit Michael Jelencsits, Leiter der Engineering-Abteilung bei Drees & Sommer Österreich.
TGA: Das neue Headquarter in Deutschland wurde kürzlich fertiggestellt. Können Sie bitte einige Eckdaten nennen?
Michael Jelencsits: In dem rund 20 Meter hohen und 70 Meter langen Neubau entstehen Arbeitsplätzen und Arbeitsmöglichkeiten für rund 200 Mitarbeiter. Auf einer Bruttogrundfläche von rund 7.000 Quadratmetern bietet das vierstöckige Gebäude einen großen Konferenzbereich, Bereiche für die Mitarbeiter wie eine Terrasse, eine Cafeteria und eine Kantine im Erdgeschoss. Auch eine Tiefgarage und überdachte Fahrradstellplätze gehören zum Neubau. Die gesamten Investitionskosten belaufen sich auf etwa 22 Millionen Euro. Das Gebäude wurde im Dezember 2021 fertiggestellt.
Warum hat sich Drees & Sommer gerade für diesen Standort entschieden – die Fläche ist ja hinsichtlich der Verbaubarkeit sehr anspruchsvoll?
Jelencsits: Der Standort im Gewerbegebiet Waldplätze in Stuttgart-Vaihingen ist Unternehmenshauptsitz und derzeit der größte Drees-&-Sommer-Standort. Sein Campus-Charakter ermöglicht den Austausch und die Vernetzung zwischen Mitarbeitern, was wiederum Innovation und Zusammenhalt fördert. Weil wir das neue Gebäude auf der Fläche des bislang vom Radsportverein Stuttgart-Vaihingen (RSV) genutzten Geländes bauen, haben wir bereits seit 2016 mitgeholfen, den Mitgliedern des Vereins im Sportgebiet Vaihingen-West ein neues Zuhause zu errichten.
Welches Konzept steht hinter dem Neubau? Architektonisch, vor allem aber hinsichtlich der eingesetzten Haustechnik?
Jelencsits: Als Plusenergiegebäude steht die neue Firmenzentrale ganz im Zeichen der Klimapositiv-Haltung von Drees & Sommer: Durch die Kombination verschiedener Energielösungen wird erreicht, dass das Gebäude im Standardbetrieb insgesamt mehr Energie erzeugt, als verbraucht wird. Bezüglich der Haustechnik gilt es, das einzigartige TGA-Modul zu erwähnen, welches Drees & Sommer gemeinsam mit der Firma Würth, dem Weltmarktführer für Befestigungs- und Montagetechnik, entwickelt hat. Es beinhaltet Elemente der technischen Gebäudeausrüstung, wozu beispielsweise Heizungs-, Klima- und Elektrotechnik zählen. Die Module wurden in der Halle vorgefertigt und anschließend auf die OWP12-Baustelle geliefert und montiert. Im Gebäude kommen außerdem zahlreiche digitale Technologien zum Einsatz, die Mitarbeiter, Kunden oder Dienstleister später im Betrieb bei Themen wie Zugangsberechtigungen, Buchung von Konferenzräumen oder automatisierter Temperatur- und Lichteinstellung in den Büros entlasten werden.
Eine der technischen Besonderheiten ist die Fassadengestaltung, einerseits mit integrierter PV, andererseits mit einer Grünfläche. Welche Überlegungen liegen dazu zu Grunde?
Jelencsits: Die nach Prinzipien der Materialkreislaufplanung konzipierte Gebäudehülle soll den Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren, selbst Energie erzeugen und zugleich den sehr hohen Anforderungen an den Schallschutz und die Wärmedämmung genügen. Dabei weist sie eine geringe Paneltiefe auf: Durch die Verwendung von innovativen Materialien, darunter vor allem nachhaltige Dämmstoffe, werden mit einer thermischen Hülle von nur 90 Millimeter Aufbau ausgezeichnete Wärmedämm- und Schalldämmwerte erzielt. Ein weiteres Highlight ist die Grünfassade. Sie erstreckt sich auf einer Fläche von mehr als 100 Quadratmetern über drei Geschosse mit einer Höhe von 12 Metern. Statt auf ein bodengebundenes setzt Drees & Sommer auf ein wandgebundenes Vlies- Substrat-System aus zu über 95 Prozent mineralischen Stoffen. Die Pflanzen wachsen in einem Behältnis mit Substrat, das direkt an die Fassade angebracht wird. Dabei gelten im Hochhausbau strenge Brandschutzanforderungen. Deshalb wird ein Spezialvlies eingesetzt, das die Eigenschaft nicht brennbar aufweist. Bewässert wird die Grünfassade der OWP 12 mit Regenwasser, das in drei Zisternen auf dem Gebäudedach gesammelt und über ein Freispiegelgefälle verteilt wird.
Eine weitere Besonderheit ist die bereits angesprochene Vorfertigung der TGA-Module. Das neue Headquarter dient dazu als Pilotprojekt. Welche Vorteile sehen Sie in dieser Bauweise?
Jelencsits: Die TGA-Module bieten klare Vorteile bei der Installation vor Ort. Sie lassen sich einfach und schnell auf die Baustelle transportieren und montieren. Die Montage vor Ort inklusive des Einbringens des Moduls beträgt unter 30 Minuten. Das dauert in herkömmlicher Bauweise etwa zwölf Stunden. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem, dass sich mit der Verlagerung eines Großteils der Bauelemente ins Werk auch die Suche nach Fachkräften einfacher darstellt. Bislang müssen Arbeiter bei Schnee, Regen oder Hitze kleinteilig die einzelnen TGA-Elemente vor Ort montieren. Je mehr Arbeitsschritte aber bereits vorab in der Halle ausgeführt werden, desto einfacher wird die Arbeit für die Monteure auf den Baustellen. Zudem steigert die Vorfertigung die Qualität der Bauteile, da die einzelnen Module millimetergenau produziert werden können. Für die Bauarbeiter bringt dies alles eine erhebliche Entlastungsfunktion mit sich.
Außerdem fügen sich die TGA-Module mit allen zugehörigen Daten und Informationen zu Abmessungen, Material oder technischen Eigenschaften problemlos in die BIM-Modelle ein. In die Zukunft gedacht werden diese Daten aus dem Modell dann direkt an Maschinen oder 3-D-Drucker für die Produktion von standardisierten Serienelementen übermittelt.
Drees & Sommer ist Vorreiter, wenn es um Cradle-to-Cradle geht. Inwieweit sind dieser Denkansatz und diese Methodik in das neue Gebäude eingeflossen?
Jelencsits: Auch bei diesem Thema stellen die innovativen TGA- Module ein gutes Beispiel dar: Denn das BIM-Modell macht es transparent, welche Module mit welchen Stoffen wir an welchen Stellen im Gebäude verbaut haben. Dieses digitale Gedächtnis ist damit auch Grundvoraussetzung für mehr Nachhaltigkeit. Auch Leasing-Geschäftsmodelle sind denkbar. Am Ende der Vertragslaufzeit oder der Nutzungszeit des Gebäudes können die Module wieder entnommen werden. Entweder lassen sie sich dann direkt in das nächste Bürogebäude verbauen, oder aber sie dienen als eine Art „Rohstofflager“ der Einzelteile.