Fachartikel Legionellose : Urlaubssaison: Legionellenrisiko vermindern

Armatur, aus der Wasser fließt.

Trinkwasser ist ein verderbliches Lebensmittel. In Österreich muss es spätestens nach 96 Stunden durch Nutzung oder Spülungen ausgetauscht werden (ÖNORM B 5019). In Europa erst nach 7 Tagen (EN 806-5) und in Deutschland bereits nach 72 Stunden (VDI 6023 Blatt1)

- © Schell

Noch immer ist nicht ausreichend bekannt, dass auch Trinkwasser ein Haltbarkeitsdatum hat. In Gebäuden beträgt es lediglich 96 Stunden gemäß ÖNORM B 5019. Danach muss es in jedem Hotel und jeder Wohnung gegen frisches Trinkwasser aus den Leitungen des Wasserversorgers ausgetauscht werden. Ansonsten können sich Legionellen im Trinkwasser warm und kalt von Gebäuden übermäßig vermehren, wenn das Trinkwasser kalt (PWC) über eine längere Zeit mehr als 25°C aufweist und Trinkwasser warm (PWH) weniger als 55°C. Auch der Infektionsweg ist gut bekannt. Legionellen werden vor allem beim Duschen mit dem Wassernebel (Aerosol) eingeatmet und können dann eine atypische Lungenentzündung verursachen. An dieser sterben 10 Prozent bis 15 Prozent der Erkrankten. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch findet grundsätzlich nicht statt.

Doch es gibt auch europäische Daten, die vom Europäischen Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ecdc) erhoben und im Falle von Legionellen jährlich veröffentlicht werden. Der aktuellste Bericht ist im Mai 2022 erschienen und enthält die Daten aus dem Jahr 2020 .

Europakarte, die Farben kennzeichnen die Anzahl der Legionellen-Erkrankungen pro 100.000 Einwohner.
Anzahl der Legionellen-Erkrankungen pro 100.000 Einwohner - © European Center For Disease Prevention and Control (ecdc)

Wer besonders gefährdet ist

Der Abbildung ist zu entnehmen, dass zwei Drittel der gemeldeten Fälle auf Männer ab einem Alter von 45 Jahren entfallen. Weitere Risikogruppen sind Raucher*innen, Immunsupprimierte und Leistungssportler*innen. Letzteres mag viele verwundern, doch Hochleistungssportler*innen gehen oftmals gerade kurz vor einem Wettbewerb an ihre Leistungsgrenzen. Daher sind sie gegenüber der Normalbevölkerung infektanfälliger. Und im Wettkampf erleiden sie zudem häufiger kleinere und größere offene Verletzung, die zwar bei Legionellen kaum eine Rolle spielen, aber für Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa eine erhöhte Bedeutung haben. Weiterhin nutzen gerade Sportler*innen in Sportstätten trinkwasserführende Einrichtungen, wie Duschen, Whirlpools und Entmüdungsbecken, die für die Übertragung von Legionella-und Pseudomonas-Infektionen bedeutsam sind.

Grafik über die Alters- und Geschlechtsverteilung bei Krankheitsfällen.
Männer ab 45 Jahren haben das höchste Risiko, an einer Legionellose zu erkranken - © European Center For Disease Prevention and Control (ecdc)

Wie man das Risiko als Hotelgast minimiert

Einer Dusche in Hotels, Pensionen und Spa-Bereichen sieht man nicht an, ob das Wasser mehr als 96 Stunden in den Leitungen gestanden hat. Also empfiehlt sich als Gast folgende Vorgehensweise, wenn vorher eine fachgerechte Wiederinbetriebnahme stattgefunden hat: Vor der ersten Nutzung spült man jede Entnahmestelle für Trinkwasser kalt und warm einmal. Wenn das Kaltwasser sich am Handrücken nicht mehr erwärmt anfühlt, wurde ausreichend gespült. Danach wiederholt man diese Vorgehensweise in der Stellung warm und wartet, bis heißes Wasser kommt – doch Vorsicht, Verbrühungsgefahr!

Danach macht man dasselbe kurz in der Dusche. Um dabei ein möglicherweise gefährliches Wasser-Luft-Legionellen-Gemisch (Aerosol) erst gar nicht entstehen zu lassen oder gar einzuatmen, nimmt man die Brause in die Hand und lässt das Wasser auf kurzem Weg direkt in die Duschtasse ablaufen – dann ist auch das kritische Wasser im Brauseschlauch ausgetauscht. Dies ist lediglich am ersten Tag im Hotel und bei der Rückkehr zu Hause notwendig, weil anschließend wieder ein regelmäßiger Wasserwechsel stattfindet. So gelingt die Balance zwischen Wassersparen und Gesundheitsschutz. Wenn aber ohnehin elektronische Armaturen eingebaut sind, die automatisiert nach spätestens 96 Stunden ohne Nutzung einen Wasserwechsel herabeiführen, sind diese manuellen Spülmaßnahmen natürlich nicht notwendig.

Gefahr in den Urlaubsregionen

Die höchste Gefahr für eine Legionellose besteht in den Sommermonaten und bis in den Herbst hinein. Bei der Bewertung dieser Daten sind jedoch vier Faktoren zu beachten:

  1. Es handelt sich um Durchschnittswerte aller an dieser Erfassung teilnehmenden Länder, unabhängig davon, ob sie in Südeuropa oder Nordeuropa liegen
  2. Weiterhin darf das Trinkwasser in nahezu allen Ländern Europas bis zu 7 Tage in der Installation stagnieren (EN 806-5), in Österreich 96 Stunden (ÖNORM B 5019) und in Deutschland 72 Stunden (VDI 6023 Blatt1).
  3. In dieser Erfassung sind alle gemeldeten Legionellenfälle erfasst, unabhängig davon, ob sie über das Trinkwasser, Kühltürme oder Klimageräte verursacht wurden.
  4. Es gibt eine drastische Untererfassung der Fälle, nicht nur der reiseassoziierten: Im Durchschnitt müssten es 18 bis 36 Fälle pro 100.000 Einwohner sein – es sind aber europaweit durchschnittlich lediglich 1,9 im Jahr 2020.

Die Grafik zeigt die Fälle von reiseassoziierter Legionellose, die nach der Rückkehr eines Reisenden diagnostiziert wurden und somit einem Urlaubsland zugeordnet werden konnte. Auch hier zeigt sich der Rückgang der Reisetätigkeit im ersten Corona-Jahr 2020 im Vergleich zu 2019.

Graph über die Fälle reiseasoziierter Legionellose nach Jahren.
Jahreszeitliche Schwankungen der Anzahl reiseassoziierter gemeldeter Legionellenfälle. Die verringerte Reisetätigkeit im Jahr 2020 führte wahrscheinlich zu der Unterbrechung der kontinuierlich ansteigenden Zahlen von 2016 bis 2019. - © Quelle: European Center For Disease Prevention and Control (ecdc)

Was tun bei Unwohlsein?

Von der Infektion bis zur Erkrankung dauert es 2 bis 10 Tage. Bei grippeähnlichen Symptomen und insbesondere bei Husten und Kurzatmigkeit sollte man ärztlichen Rat aufsuchen und über die Möglichkeit einer Legionellose sprechen. Denn noch immer werden in Europa lediglich 5 bis 10 Prozent aller Legionellosen erkannt und gemeldet.

Das kann Folgen haben, denn gegen eine Lungenentzündung durch Legionellen helfen lediglich spezifische und teure Antibiotika. Die üblichen Antibiotika sind deutlich günstiger und werden daher oftmals zuerst bei einer Lungenentzündung verschrieben. Sie sind jedoch bei einer Legionellose unwirksam. Daher ist es so wichtig, dass Ärzte diese Art der Lungenentzündung mit in Erwägung zu ziehen.

Symptome der atypischen Lungenentzündung Legionellose anhand einer Grafik.
Symptome der atypischen Lungenentzündung Legionellose - © European Center For Disease Prevention and Control (ecdc)

Fazit

Erkrankungen durch Legionellen sind ein weltweites Phänomen mit einer dramatisch hohen Untererfassung selbst in Europa. Gerade zu Beginn einer Reisesaison und bei der Rückkehr nach Hause besteht für die Nutzer*innen ein erhöhtes Risiko, wenn mehr als 96 Stunden kein Wasserwechsel stattgefunden hat und das Trinkwasser kalt deutlich mehr als 25°C aufweist. Vor diesem Hintergrund und den verstärkt laufenden Klimaanlagen steigt gerade in den Sommermonaten die Gefahr einer Erkrankung. Um dieses Risiko zu minimieren, helfen die beschriebene Vorgehensweisen in Hotels und bei der Rückkehr nach Hause.