Deals & Projekte : Bauteilaktivierter Bildungscampus in der Seestadt Aspern

Eingang zum Bildungscampus Liselotte-Hansen-Schmidt in der Seestadt Aspern.
© Stefan Seelig/BDÖ

Es ist Anfang August und ein heißer Sommertag in Wien. Ute Schaller von der Baudirektion der Stadt Wien und Andreas Bremhorst, Karl und Bremhorst Architekten, Planer des Bildungscampus Liselotte-Hansen-Schmidt in der Seestadt Aspern, führten durch den seit knapp einem Jahr eröffneten Bildungscampus. Erste Erfahrungswerte nach einem Jahr Betrieb bestätigen die Prognosen der Gebäudetechnik: Der Bildungscampus mit über 11.000 Quadratmetern Nutzfläche beweist, dass auch bei großvolumigen Gebäuden große Energiesparpotentiale – und das ohne fossile Energie – realisierbar sind. Die Temperatur während des Rundgangs bestätigt das Urteil, im Inneren hat es 22 Grad. Der "Trick“ hinter dem wohltemperierten Gebäude: Alle Decken sind bauteilaktiviert und werden von der Technik dahinter – Wärmepumpen, Erdsonden und Photovoltaik – mit Kälte oder Wärme versorgt, außerdem hat die Planung für ausreichend Beschattung vorgesorgt.

Miete vor Eigentum

Schaller berichtete beim Rundgang, dass für die Stadt Wien Klimaanlagen ein No-Go seien und für Bildungscampusse nur noch auf das Energiekonzept mit Bauteilaktivierung gesetzt werde. Bremhorst betonte zudem den intensiven Austausch mit dem Gebäudetechnik-Experten Harald Kuster, Büro FIN – „Future is now“: „Eine abgehängte Decke über eine bauteilaktivierte Decke – das war schon spannend, aber es funktioniert tadellos.“ Vasko+Partner übernahm den Part als Bauherrenberater, auch hinsichtlich des Public-Private-Partnership-Modells. Die Stadt mietet den Campus für 25 Jahre – erst anschließend geht er in das Eigentum der Stadt Wien über.

Rundgang mit Ute Schaller am Bildungscampus Liselotte-Hansen-Schmidt in der Seestadt Aspern.

- © Stefan Seelig/BDÖ

Bauliche Beschattung

Der Campus verfügt über einen Kindergarten, eine Volksschule, eine neue Mittelschule sowie sonderpädagogische Einrichtungen. Rund 1.400 Kinder können dort ganztägig betreut werden. Der Bildungscampus wird zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben. Neben der begrünten Fassade, den Grünflächen und Dachgärten gibt es in allen Geschossen rund umlaufende, begehbare Terrassen, welche durch außenliegende Treppen aus allen Geschossen erreichbar sind. Die weit auskragenden Terrassen ermöglichen die Öffnung und Erweiterung der Klassenräume nach außen, sorgen aber gleichzeitig für die bauliche Beschattung der Glasflächen und verhindern die sommerliche Überhitzung der Innenräume.

>> Tipp der Redaktion: Über den Lokalaugenschein einer Wohnhausanlage mit Bauteilaktivierung lesen Sie hier, bleiben Sie auch mit unserem Newsletter immer up to date!

Neben Berthold Kren, Präsident der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ), und Sebastian Spaun, Geschäftsführer VÖZ, überzeugte sich auch der frisch gewählte Vorstandsvorsitzende von Beton Dialog Österreich (BDÖ) Anton Glasmaier, vor Ort von den Klimaschutzleistungen von Beton. Glasmaier dazu: „Das rege Interesse an der heutigen Führung zeigt, dass in der Vielfalt der Lösungen der Erfolg liegt und, wenn Baustoffe gemäß dem Projektanspruch und dem Klimaschutz sinnvoll eingesetzt werden, herausragende Ergebnisse erzielt werden können.“

GVTB-Betonpreis 2021

Im Rahmen des Besuches wurde auch der GVTB-Betonpreis 2021 verliehen. Der Liselotte-Hansen-Schmidt-Campus war einstimmig zum Siegerprojekt gewählt worden. Das klimafreundliche Energiesystem ist richtungsweisend für Bildungsbauten: Geothermie, Bauteilaktivierung, Wärmepumpen und eine Photovoltaikanlage sind die wesentlichen Highlights der Gebäudetechnik, mit deren Hilfe der Schulbau effizient und kostengünstig geheizt und gekühlt wird. Die Proponenten des Projekts:

  • Architektur: kub a/Karl und Bremhorst Architekten
  • Beton: Transportbeton Ges.m.b.H. & Co. KG
  • Ausführung: Strabag
  • Bauherr: Stadt Wien
  • Gebäudetechnik: Büro FIN – „Future is now“ sowie Mario Malli Energietechnik

Gut zu wissen

Die thermische Speicherfähigkeit und Trägheit von massiven Bauteilen oder Gebäuden ermöglichen es, den Energiebedarf für das Heizen und Kühlen zeitlich zu verschieben. Die Zufuhr von Wärme oder ihre Abfuhr im Fall der Kühlung kann durch entsprechende Regelung bevorzugt zu jenen Zeiten erfolgen, in denen erneuerbare Energie zur Verfügung steht. Gebäude mit thermischer Bauteilaktivierung können daher so geheizt und gekühlt werden, dass der Betrieb dem gesamten
Energienetz bzw. -system dienlich ist. Vorteile für das Energienetz ergeben sich vor allem dann, wenn der Netzbetreiber die Möglichkeit hat, die Last über eine Schnittstelle in gewissem Rahmen zu steuern.