Aus TGA 5: reNEWSable : Ja zu solar – aber nicht jetzt?
Der Ukrainekrieg hat dem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen – insbesondere russischem Gas – und damit dem Erreichen der Klimaziele eine neue Dringlichkeit verliehen. Sichtbar wird das etwa an den politischen Schritten auf höchster Ebene. So will sich die Europäische Kommission mit ihrem „REPowerEU“-Plan möglichst rasch aus der Abhängigkeit von russischem Gas und Öl verabschieden.
Dafür veranschlagt sie bis 2027 eine zusätzliche Investition von 210 Mrd. Euro, die auch in das Vorantreiben der Energiewende fließen soll. Teil davon ist eine Strategie für Solarenergie, die vorsieht, dass sich die Kapazität für Solarenergie bis 2025 von 136 GW (2020) auf 320 GW mehr als verdoppelt. Bis 2030 sollen es sogar fast 600 GW sein.
Wir schlagen vor, Solardächer für gewerbliche und öffentliche Gebäude ab 2025 und für neue Wohngebäude ab 2029 verbindlich vorzuschreiben. Dies ist ehrgeizig, aber es ist zu schaffenEU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Kurve zeigt nach oben
Die Zeichen stehen also auf eine weiterhin steigende Nachfrage nach Photovoltaik, nicht zuletzt wegen der attraktiven Fördermöglichkeiten. Neben dem EAG-Investitionszuschuss für Photovoltaik und Stromspeicher winken Landesförderungen sowie eventuelle ergänzende Förderschienen von Gemeinden. Für das Erreichen der österreichischen Ziele, bis 2040 klimaneutral zu sein und bis 2030 die vollständige Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen zu speisen, braucht es solche finanziellen Anreize.
Parallel zu dieser positiven Entwicklung, die der Gebäudetechnik ein Plus an Aufträgen verspricht, formen sich jedoch einige Flaschenhälse. Lieferketten müssen sich immer noch von der Coronakrise erholen, es fehlt an notwendigen Anlagenkomponenten wie Solarpaneelen, Wechselrichtern oder Montageschienen. Sind die Materialien vorhanden, müssen die Anlagen folgerichtig auch noch installiert werden. Hier kommt der Fachkräftemangel der Gebäudetechnik ins Spiel.
Wer baut’s ein?
Aktuelle Daten des Verbands der Installations-Zulieferindustrie (VIZ) zeigen, dass sich ein Drittel der befragten Installateur*innen als deutlich überlastet beschreibt, ein weiteres Drittel als überlastet. Als unterlastet bezeichnet sich unter den Befragten niemand. Alarm schlagen indessen ebenso die Interessenvertretung Oesterreichs Energie und das Forum Versorgungssicherheit von Seiten der Netzbetreiber.
„Einerseits begrüßen wir natürlich das enorme öffentliche Interesse, andererseits müssen wir aber auch die Versorgungssicherheit im Auge behalten. Derzeit sind unsere Netze in vielen Bereichen noch nicht auf ein explosionsartiges Wachstum auf den unteren Netzebenen ausgelegt. Es ist daher wichtig, dass wir diese neuen Anlagen geordnet ans Netz bringen und gleichzeitig unsere Netze dort ausbauen, wo es erforderlich ist“, betont Franz Strempfl, Spartensprecher Netze bei Oesterreichs Energie.
Das Stromnetz und die Erneuerbaren
An knapp 300 Tagen im Jahr muss die APG (Austrian Power Grid) bereits jetzt in das Stromnetz eingreifen, um Stabilität der Stromversorgung zu sichern. Die Zunahme an volatilen erneuerbaren Energiequellen und Prosument*innen, die auch dezentral ins Netz einspeisen, erfordert einen Umbau des Stromnetzes. Und zwar so, dass es möglich ist, große Mengen an Strom kurzfristig aufzunehmen, abzugeben und zu verschieben. „Für die Vielzahl an neuen, dezentralen, sauberen und klimaschonenden Einspeiseanlagen ist das Stromnetz heute nicht ausgelegt“, erklärt Brigitte Ederer, Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit. Um die Geschwindigkeit beim Netzaus- und -umbau zu erhöhen, braucht es wiederum die nötigen gesetzliche Rahmenbedingungen, heißt es von Seiten der Verteilnetzbetreiber.
Ausblick
Letztendlich muss man sich wohl damit abfinden, dass gewisse Engpässe nur mittel- bis langfristig behoben werden können, gerade im Hinblick auf das Fehlen qualifizierter Fachkräfte. Kurzfristige Erleichterung verspricht sich das Forum Versorgungssicherheit aber etwa durch das Beseitigen bürokratischer Hindernisse, namentlich eine höhere Anzahl an Stichtagen für Förderungen und ein Verringern der benötigten Daten für kleinere PV-Anlagen.
Johannes Zimmerberger, Geschäftsführer von Linz Netz, äußert dabei die Forderung, dass die nur selten erreichten Spitzenwerte einer Anlage bei Bedarf abgeregelt werden sollen. Damit erspare man sich einen teuren zusätzlichen Netzausbau, wenn die Netzkapazität nicht auf eine Spitzenleistung ausgerichtet sein muss, die nur selten tatsächlich erreicht wird. Es scheint also nicht zu reichen, allein auf Finanzspritzen zu setzen. Auch bei den Rahmenbedingungen für Photovoltaik gibt es durchaus noch Luft nach oben
reNEWSable
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Willkommen!
Der REPowerEU-Plan setzt mit Energieeinsparungen, der Diversifizierung der Energieversorgung und dem beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien wichtige Schritte für die Energietransformation Europas. Auf die Absichtserklärung der Europäischen Kommission muss die praktische Umsetzung der Maßnahmen folgen, die – wie im Artikel anhand Photovoltaik erläutert – wohl nicht frei von Hindernissen sein wird.
Was jedoch feststeht, ist, dass der Gebäudetechnik dabei in vielen Bereichen eine tragende Rolle zukommt. Und damit wären wir schon bei Ihnen, unserer Leserschaft. Willkommen zu reNEWSable! Dieses neue TGA-Format widmet sich zukünftig fokussiert dem Thema erneuerbare Energien und ihrer Verschränkung mit der Gebäudetechnik. Dabei wird sich alles um Energiepolitik, innovative Ansätze und Produkte, vorbildliche Referenzen und natürlich um Sie drehen. Stichwort EEGs, Wärmepumpen, grünes Gas, EU-Taxonomie und Co!
Dass den Erneuerbaren die Zukunft gehört, steht fest. Spielraum und Optimierungspotenzial gibt es jedoch noch beim „Wie“: der Umsetzung und Integration, in diesem Fall spezifisch im Gebäudesektor. Genau dieses „Wie“ möchte ich verstärkt vor den Vorhang holen. An dieser Stelle lasse ich mir die Möglichkeit natürlich nicht entgehen, um mich in aller Kürze vorzustellen: Lena Wechselberger, zu Diensten! Sie haben Ideen, Anregungen, Meinungen? Gerne an: lena.wechselberger@industriemedien.at
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