Fördern mal anders : Steuerkahlschlag statt Förderdschungel!
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TGA: Aus dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz wird ein weichgespültes Erneuerbare-Wärme-Paket. Eine vergebene Chance?
Niklas Bruckner: In der Öffentlichkeit wurden die abgemilderten Gesetzespläne als Kniefall vor der Öl- und Gaslobby aufgenommen. Das ist jedoch differenzierter zu sehen. In Deutschland gab es eine ähnliche Diskussion rund um das Gebäudeenergiegesetz, das ursprünglich ähnlich streng konzipiert war – mit dem Ergebnis, dass vermehrt Öl- und Gasheizungen verkauft wurden. Ansatzweise war auch hierzulande ein derartiger Effekt zu beobachten. Mit Zwängen und Verboten kann man die Menschen nicht für das an sich wichtige Anliegen der Dekarbonisierung und der Klimawende gewinnen. Fördern ist daher besser als Fordern.
Fördern ist besser als Fordern.
Lebenskonto statt Förderungen
Solange die neuen Förderungen nicht fixiert sind, steht der notwendige Heizungstausch. Ist der Wärmemarkt nachfrageseitig zu einem Fördermarkt geworden?
Bruckner: Dass es immer wieder zu einem politischen Zickzack-Kurs und zu Förderpausen kommt, macht es den Betrieben schwer. Das Schicksal der einst erfolgreichen deutschen Solarindustrie ist ein warnendes Beispiel, deren Niedergang wurde vor rund einem Jahrzehnt durch geänderte Förderbedingungen eingeleitet. Mir persönlich schwebt daher ein gänzlich anderes Fördersystem in Form eines „Lebenskontos“ vor. Nehmen wir an, jede Österreicherin und jeder Österreicher bekäme 300.000 Euro an steuerfreien Leistungen. Die können sie für unterschiedlichste Leistungen in Bereichen wie Energieeffizienz, Dekarbonisierung oder Digitalisierung einlösen. Die Förderziele definiert die Politik. Wie sie oder er diese umsetzt, entscheidet jede und jeder für sich mithilfe dieses Lebenskontos. Jede Förderung ist letztlich ein Steuererlass. Warum also stattdessen nicht einfach die Steuer streichen und den undurchsichtigen Förderdschungel bereinigen? Auch die Schattenwirtschaft würde damit weniger.

Die Auftragsbücher sind immer noch voll, aber der Vertriebsaufwand hat sich verdoppelt.
Sie haben das deutsche Beispiel angesprochen. Dort werden auch Hybridheizungen gefördert. Was halten Sie von der Kombination unterschiedlicher Heizungssysteme?
Bruckner: Für eine Übergangsphase sind Hybridsysteme in unsanierten Objekten sinnvoll. Die Luftwärmepumpe übernimmt dann beispielsweise die Grundlast und sorgt für Warmwasser im Sommer. Die Gasheizung springt nur falls erforderlich ein. Gas substituiert somit die fehlende Energieeffizienz des Gebäudes. Thermische Sanierungsmaßnahmen wie Fenstertausch und Vollwärmeschutz sorgen in Folge nach und nach dafür, dass diese ergänzende Heizungsform nicht mehr gebraucht wird. Man muss den Haushalten dafür Zeit geben.
Die globale Lage und die Unsicherheit bezüglich der Energieversorgung verschafften der Branche zuletzt eine Sonderkonjunktur. Reißt das jetzt ab?
Bruckner: Trotz hoher Fördervolumina ist der Markt eher verhalten. In den vergangenen Jahren hat sich so viel getan, dass viele Menschen zurzeit die weitere Entwicklung abwarten. Die Angst vor einem Gaslieferstopp ist verflogen. In Niederösterreich ist ja jede vierte Heizung eine Gasheizung. Der Anteil de Ölheizungen hingegen liegt nur mehr bei rund einem Zehntel. Die Auftragsbücher sind allerdings immer noch voll, nur der mit der Akquise verbundene Vertriebsaufwand hat sich verdoppelt.
Das Training der Vertriebsmuskeln
Welche Maßnahmen setzen Sie bei der Akquise?
Bruckner: Wir als Haustechnik Bruckner waren im Gegensatz zu vielen anderen Branchenkolleg*innen jüngst auf der Bau & Energie in Wieselburg. Es geht aber auch um Standards in Sachen Kund*innenorientierung und CRM, wie ums Nachtelefonieren und Beantworten von Anfragen. Am Bau herrschte in den vergangenen zehn Jahren Partybetrieb. Dadurch wurde der Vertriebsmuskel auch in den nachfolgenden Gewerken zu wenig trainiert. Erhört wurden nur die Kund*innen, die gerade am lästigsten waren. Viele Betriebe waren zuletzt regelrecht überlaufen und mit Aufträgen überhäuft. Das ändert sich jetzt langsam.
Welche Rolle spielt der Fachkräftemangel bei dieser Arbeitsüberlastung?
Bruckner: Wir bilden unsere Fachkräfte selbst aus. Mit der Übernahme von Mitarbeitenden habe ich in der Vergangenheit eher schlechte Erfahrungen gemacht. Wir suchen Lehrlinge mit Potenzial aus, bilden sie bestens aus und lassen sie im Team reifen. Am Land findet man diese Leute. Im August haben wieder fünf Lehrlinge neu bei uns angefangen. Die jungen Menschen, die jetzt nachrücken, treffen ihre Berufsentscheidung viel bewusster. Es muss nicht mehr unbedingt die Matura sein, die sich außerdem ohnehin mit der Lehre verbinden lässt. Jeder Jugendliche sieht selbst, wer im Lokal die meisten Runden schmeißt: Das sind die Vertreter der klassischen Handwerksberufe wie Mechaniker*in, Elektriker*in und Installateur*in.
Wärmepumpen-Diskussion mit Niklas Bruckner
„Die Wärmepumpe ist kein Breitband-Antibiotikum, die immer wirkt!“ – Unser Interview-Partner nahm an der Video-Diskussion „Sanierung mit Wärmepumpen: Was Gebäudetechniker*innen wissen müssen“ teil.