Legionellen-Prophylaxe : Periodische Desinfektionsmaßnahmen: Ein Spiel mit dem Feuer

Periodische Desinfektionsmaßnahmen sind seit Jahren etabliert, für das System jedoch höchst gefährlich. Der Temperaturstress stört nicht nur die Legionellenpopulation, sondern führt auch zu einer vorzeitigen Alterung aller warmwasserführenden Komponenten.

Von der sogenannten Legionellenschaltung werden Stichleitungen und Entnahmestellen grundsätzlich nicht erfasst, sondern nur der Speicher und das zirkulierende Verteilsystem – beides Bereiche, in denen Legionellen ohnedies nie vorkommen sollten. In den meisten Fällen ist der Nutzen für das Hochheizen und den damit verbundenen Energieverbrauch nicht gegeben.

Stress für die Komponenten

Die thermische Desinfektion stresst nicht nur die Mikroorganismen, sondern das gesamte System. Die auf über 70 °C erwärmten Werkstoffe dehnen sich aus und ziehen sich beim anschließenden Abkühlen wieder zusammen. Die Ausdehnungskoeffizienten der verschiedenen Werkstoffe sind unterschiedlich, Dichtungen und O-Ringe werden besonders belastet.

Sofern bei hartem Wasser keine entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden, steigt die Kalkausfällung und führt zu Ablagerungen, die ihrerseits wieder einen idealen Nährboden für Mikroorganismen bilden. Darüber hinaus reduzieren die hohen Temperaturen auch die Lebensdauer der Installationswerkstoffe, sind diese doch auf Dauertemperaturen von maximal 70 °C ausgelegt. Mögliche Folgen sind Wasserschäden durch Undichtigkeiten.

Die keimtötende Wirkung der thermischen Desinfektion setzt nur dort ein, wo die entsprechenden Temperaturen auch wirklich erreicht und über die erforderliche Zeit gehalten werden können. Andernfalls verbleiben Legionellen im System und haben im Anschluss an die Desinfektionsmaßnahme alle Zeit der Welt, den freigewordenen Lebensraum wiederzubesiedeln. Dazu finden sie nach der Systemdesinfektion ein hervorragendes Nahrungsangebot in Form des organischen Materials aus den zuvor abgetöteten Mikroorganismen vor.

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Fachautor Martin Taschl leitet das Forum Wasserhygiene als Generalsekretär. Seit 2005 begleitet er die Normenarbeit in den Gremien von Austrian Standards, CEN & ISO. Martin Taschl ist hauptberuflich Schulungsleiter bei WimTec Sanitärprodukte.
Fachautor Martin Taschl leitet das Forum Wasserhygiene als Generalsekretär. Seit 2005 begleitet er die Normenarbeit in den Gremien von Austrian Standards, CEN & ISO. Martin Taschl ist hauptberuflich Schulungsleiter bei WimTec Sanitärprodukte. - © Gestellt
Es ist längst eine allgemein anerkannte Regel der Technik, eine thermische Desinfektion niemals präventiv, sondern nur anlassbezogen durchzuführen.

Thermische Desinfekation: Nur anlassbezogen

Aus diesen Gründen ist es längst etablierte, allgemein anerkannte Regel der Technik, eine thermische Desinfektion niemals präventiv, sondern nur anlassbezogen durchzuführen. Bei technischen Mängeln ist es auch nicht Stand der Technik, die Folgen der Mängel durch thermische Desinfektionsmaßnahmen auf ein vertretbares Maß zu senken, sondern die Mängel zunächst zu beheben und die Anlage durch eine abschließende Desinfektion fit für die Wiederinbetriebnahme zu machen.

Warmwasserversorgungsanlagen sollten 24/7 bei konstanter Temperatur betrieben werden. Nur im Anlassfall wird das System für eine thermische Desinfektion hochgeheizt. Alle betroffenen Anlagenteile und Entnahmestellen werden mit der beaufschlagten Temperatur von 70 °C für mindestens 3 Minuten gespült. Können die 70 °C nicht erreicht und für 3 Minuten gehalten werden, kann die thermische Desinfektion alternativ über mindestens 10 Minuten bei mindestens 65 °C erfolgen.

Damit die benötigte Wärmemenge reduziert werden kann, darf der Durchfluss an den Entnahmestellen so weit reduziert werden, dass die erforderliche Temperatur sicher gehalten wird. Um Verbrühungen unbedarfter Benutzer*innen zu verhindern, sind die betroffenen Entnahmestellen während einer thermischen Desinfektion zu sperren.

Insbesondere in größeren oder systemrelevanten Objekten sollte eine thermische Desinfektion daher abschnittsweise erfolgen, um eine Mindestversorgung mit Kalt- und Warmwasser zu gewährleisten. Nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch zum Abkühlen der Kaltwasserleitungen auf eine hygienisch unkritische Temperatur ist im Anschluss an eine thermische Desinfektion unbedingt eine umfassende Kaltwasserspülung erforderlich.

Der regelmäßige Wasseraustausch ist das „A und O“ für einen hygienisch sicheren Betrieb.

Stagnationsvermeidung ist das „A und O“

Werden Anlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik geplant und errichtet, liegt die Ursache einer auftretenden mikrobiologischen Kontamination in den meisten Fällen bei unzureichender Wasserentnahme. Diese liegt vor, wenn das Wasser längere Zeit in einzelnen Bereichen der Hausinstallation stagniert. Auch der Erfolg einer etwaigen Desinfektionsmaßnahme wird bei Stagnation nicht von langer Dauer sein. Desinfektionsmaßnahmen sind nur dort nachhaltig, wo alle Mängel behoben sind und genügend Wasser entnommen wird. Ist die ausreichende Entnahme durch die reguläre Nutzung nicht gewährleistet, sind Spülmaßnahmen für den regelmäßigen Wasseraustausch notwendig.

Desinfektionsmaßnahmen sind ein Spiel mit dem Feuer. Wenn sie unbedingt erforderlich sind, ist ihr Einsatz unbestritten. Das präventive, periodische Hochheizen als Alternative zu einem bestimmungsgemäßen Betrieb ist allerdings schon längst nicht mehr zeitgemäß und führt zu Schäden an der Installation. Der regelmäßige Wasseraustausch ist das „A und O“ für einen hygienisch sicheren Betrieb.

Weiterführende Lektüre

In seinem neuen Buch "Der Wassersicherheitsplan in Gebäuden: Grundlagen und praktische Umsetzung eines Risikomanagements", vermittelt Experte Martin Taschl Grundlagenwissen zu potenziellen Risikofaktoren in Hausinstallationen und erläutert die Anforderungen an den in der ÖNORM B 1921 geforderten Wassersicherheitsplan gemäß CEN/TR 17801.

Mehr Informationen gibt es hier.