Umwelt : Heizbranche äußert sich zur CO₂-Steuer
Die ökosoziale Steuerreform der österreichischen Regierung steht, mit ihr soll der Klimaschutz verstärkt Einzug in das Steuersystem halten. Die damit beschlossene CO₂-Bepreisung sorgt seitdem für Wogen. Einnahmen aus der CO₂-Steuer fließen in Form des Klimabonus zurück an die Bevölkerung, bis 2025 rechnet das Umweltbundesamt (BMK) dadurch mit einer Einsparung von 1,5 Millionen Tonnen an CO₂. „Wir werden umsteigen – auf Klimaschutz und grüne Energie. Und wir machen diesen Umstieg für alle möglich. Wer Unterstützung braucht, wird sie bekommen. Egal ob mit dem Klimabonus oder mit höheren Förderungen für den Heizungstausch", zeigt sich die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler zuversichtlich.
Der ab Juli 2022 angesetzte Preis von 30 Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid wird von vielen Experten aber als zu niedrig kritisiert, um einen tatsächlichen Lenkungseffekt hervorzurufen. Andererseits könnten sich Mieter im Nachteil sehen, immerhin haben sie keine Möglichkeit, sich ihr Heizsystem auszusuchen und müssen die Steuer letztendlich trotzdem zahlen. Kritik lässt sich von allen Seiten beobachten, auch die Branche meldete sich zu Wort.
VÖK: Herstellung von Kostenwahrheit
Die Vereinigung österreichischer Kessellieferanten (VÖK) begrüßt die Einführung der CO₂-Steuer als ein klares Signal, dass das Ende des fossilen Zeitalters eingeläutet ist - die Zeit der billigen Energieträger könnte damit vorbei sein. Auf die Frage, warum der Verband es begrüßt, wenn seine Brennstoffe aufgrund der CO₂-Steuer teurer werden, findet Dr. Elisabeth Berger, Geschäftsführerin der VÖK klare Worte: „Es geht nicht darum, dass Energie teuer wird, sondern jeder Energieträger fair bepreist wird - inklusive der Folgekosten." Näher verdeutlicht sie das am Beispiel Atomstrom: Dieser könne nur so günstig verkauft werden, weil die Forschung alle Bürger der EU (Stichwort EURATOM) bezahlen müssen und die Produzenten die Entsorgungskosten nicht tragen müssen. Bei Energieträgern, die den Treibhauseffekt verstärken, sei das nicht anders. „Der Klimawandel fällt uns mittelfristig auf den Kopf, der Atommüll langfristig. Im Vergleich dazu kosten PV-Strom und Wasserstoff ein Vermögen - die haben allerdings keine Folgekosten! Es geht um Kostenwahrheit und Geschäftemacherei auf Kosten der Allgemeinheit - das ist nicht okay", betont Berger.
Heizen und Warmwasserbereitung machen immerhin fast 80% des Energieverbrauches im Haushalt aus, wobei die meiste Energie im Winter und nachts benötigt wird – also dann, wenn Sonnen- und Windenergie nur bedingt zur Verfügung stehen. Beim VÖK geht man davon aus, dass die erneuerbaren Energieträger im Winter aufgrund des Strommangels unverändert fest, flüssig, gasförmig und Umgebungswärme sein werden. Dem zusätzlichen Ausbau von Fernwärme stehe man aber eher kritisch gegenüber: Die wirtschaftlichen Fernwärmepotentiale in dicht verbauten Gebieten seien bereits genutzt, Fernwärme werde bereits heute überwiegend mit fossilem Gas oder überbordender Müllverbrennung erzeugt und ist zusätzlich mit technisch bedingten Leitungsverlusten belastet, so die Vereinigung.
Mitgliedsbetriebe des VÖK sehen sich nun mit Sorgen von Endkunden konfrontiert. „Es herrscht teilweise Verunsicherung, weil hier politisch viel über Verbote diskutiert wird, ohne akzeptable Alternativen anzubieten. Wärmepumpen und Holzheizungen sind ganz tolle und hocheffiziente Systeme, aber nicht in allen Bereichen einsetzbar. Die einzige Lösung für alle Gebäude und Bedürfnisse, die auch noch wirtschaftlich ist, gibt es leider nicht", erklärt Berger. Es habe einen guten Grund, warum sich im freien Westen eine breite Vielfalt an Technologien und Energieträgern entwickelt habe und im vormaligen Ostblock nicht - „aber das scheine viele schon vergessen zu haben."
Den Einstiegspreis von 30 Euro pro Tonne CO₂ hält Berger für „sicher nicht zu niedrig". Das Signal sei richtig - aber nun müsse man deutlich kommunizieren, was der Bürger machen kann. „Zu allererst den Energieverbrauch durch Wartung und effiziente Geräte reduzieren - jeden! Die Politik hat dafür zu sorgen, dass alle Energieträger inklusive grünem Gas und Wasserstoff - ohne das werden weder die Industrie auskommen, noch der Wärmesektor inklusive Fernwärme - in ausreichender Menge im Winter zur Verfügung stehen", fordert sie.
ÖHGB: Nutzer bestimmt Kosten
Für den Präsidenten des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes RA Dr. Martin Prunbauer ist die Frage nach der Kostentragung des CO₂-Preises völlig klar: Es sei der Nutzer, der die Heizung in Betrieb nimmt und damit das Heizverhalten zweifelsfrei bestimme. Die Höhe der Kosten sei demgemäß vom konkreten Verbrauch abhängig. Prunbauer dazu: „Jede andere Lösung wäre absurd. Denn sonst müsste sich ein Vermieter ans Fenster seines Mieters stellen, um zu verhindern, dass das Fenster trotz Heizen auf höchster Stufe die ganze Nacht über geöffnet bleibt.“ Eine Absage erteilt Prunbauer auch dem vorgebrachten Argument, dass sich ein Mieter die Heizquelle nicht aussuchen kann: „Das ist im Wohnungseigentum auch nicht anders. Wer sich in einem Mehrparteienhaus eine Eigentumswohnung anschafft, der kann die Heizquelle genauso wenig bestimmen.“
Offensive für sauberes Heizen
Neben der CO₂-Steuer wurde auch eine Förderprogramm für sauberes Heizen mit einer halben Milliarde Euro fixiert. Für einen Heizungstausch gibt es in Zukunft bis zu 7.500 Euro. Damit es genug Fördermittel für alle gibt, steigt das Gesamtbudget um 180 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren. Dazu gibt es künftig auch neue steuerliche Anreize: Ein maßgeblicher Teil der nicht-geförderten Kosten des neuen, sauberen Heizsystems werden über zehn Jahre absetzbar. Das gleiche gilt für thermische Sanierungen.
Wer sich den Umstieg mit dieser Förderung nicht leisten kann, bekommt zukünftig mehr Unterstützung. Menschen mit geringem Einkommen wird die neue Heizung bis zu 100 Prozent gefördert. Dafür stehen in Zukunft – zusätzlich zu den bereits fixierten 100 Millionen Euro – weitere 80 Millionen Euro zur Verfügung. Um auch Mieter vor Preissteigerungen beim Heizen zu schützen, gibt es ein Sonderbudget von 60 Millionen Euro für Sanierungsmaßnahmen im mehrgeschossigen Wohnbau.