Mittelstandsbarometer 2023 von EY : Fachkräftemangel größtes Risiko für Unternehmen

Fachkräftemangel
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Der Fachkräftemangel beschäftigt die heimische Wirtschaft weiterhin branchenübergreifend, das belegt eine aktuelle Studie von EY Österreich*. Dieses Jahr geben 82 Prozent (2022: 87 %) der befragten Unternehmen an, dass es ihnen derzeit schwerfalle, neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Dabei ist besonders der Anteil heimischer Unternehmer*innen so hoch wie nie zu vor (47 %). Im Jänner 2022 gab noch ein knappes Viertel an, große Schwierigkeiten bei der Rekrutierung zu haben, im Jänner 2023 bereits 42 Prozent.

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*Für die Studie „Beschäftigung und Fachkräftemangel in Österreich“ der Prüfungs- und befragte EY im November 2023 österreichweit rund 600 Verantwortliche von mittelständischen Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitenden.

Der anhaltende Fachkräftemangel stellt eine der größten Herausforderungen für den österreichischen Mittelstand dar.
Erich Lehner, EY

Gründe für den Fachkräftemangel

Nur rund jedem fünften Unternehmen (18 %) fällt es nach eigenen Angaben derzeit eher oder sehr leicht Fachpersonal zu finden. Damit hat sich die Lage im Vergleich zum Vorjahr leicht entspannt: Nur 13 Prozent haben 2023 leicht Personal gefunden. Zwei Drittel (66 %) der österreichischen Unternehmer*innen sehen den Fachkräftemangel darüber hinaus auch als enormes Risiko für die Zukunft des Betriebs – noch vor hohen Rohstoffpreisen, möglicher Rezession und Inflation.

„Der anhaltende Fachkräftemangel stellt eine der größten Herausforderungen für den österreichischen Mittelstand dar. Trotz intensiver Bemühungen der Unternehmen, qualifiziertes Personal zu rekrutieren, besteht die Lücke weiterhin und hat sich sogar vergrößert", so Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich, und verantwortlich für den Bereich Mittelstand

Als wichtigsten Grund für den Fachkräftemangel in österreichischen Unternehmen machen die befragten Betriebe die mangelnde Bereitschaft unter Bewerber*innen bzw. Arbeitskräften aus, Vollzeit zu arbeiten (58 %). Ein weiterer Grund sei für sie die mangelnde Ausbildung und Qualifikation der Bewerber*innen (47 %). Erst auf Rang drei der wichtigsten Gründe folgt der demografische Wandel, also die Alterung der Bevölkerung (36 %).

Gut drei von zehn Betrieben (31 %) nennen als einen wichtigen Grund für den aktuellen Fachkräftemangel eine unzureichende Unterstützung seitens der Regierung. Ein zu hohes Arbeitslosengeld bzw. eine zu geringe Arbeitsmoral sei hingegen nur für eine kleine Minderheit von drei Prozent der Unternehmen ein maßgeblicher Grund.

Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich, und verantwortlich für den Bereich Mittelstand
Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich, und verantwortlich für den Bereich Mittelstand - © EY/Häusler

45 Prozent verzeichnen Umsatzeinbußen

Zwar fällt es in Unternehmen in ganz Österreich schwer, qualifiziertes Fachpersonal zu finden, dennoch zeigen sich regionale Unterschiede: Am ausgeprägtesten ist der Fachkräftemangel bei Unternehmen in Tirol – 53 Prozent fällt es „sehr schwer“ und 27 % „eher schwer“ Personal zu finden – und Oberösterreich – 52 Prozent fällt es „sehr schwer“ und 34 Prozent „eher schwer“ Personal zu finden. Auch in der Steiermark sowie in Wien gestaltet sich die Suche nach Mitarbeitenden herausfordernd. Am besten ist die Situation in Niederösterreich und im Burgenland – doch auch hier klagt etwa ein Drittel über Schwierigkeiten bei der Fachkräfterekrutierung.

Der Fachkräftemangel gestaltet sich in Österreich auch wirtschaftlich herausfordernd: Knapp die Hälfte aller Unternehmen (45 %) verzeichnet Umsatzeinbußen infolge der Personalnot – genauso viele wie vor einem Jahr. Allerdings ist der Anteil jener, die erhebliche Einbußen von mehr als fünf Prozent des Umsatzes beklagen, von 16 auf 19 Prozent gestiegen. Besonders ausgeprägt sind die Folgen des Fachkräftemangels laut Umfrage auf den Umsatz im Gesundheitsbereich (69 %), im Tourismus (50 %) und in der Industrie (40 %).

„Wir müssen jetzt gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Ausbildung und Weiterbildung zu fördern, Anreize für Fachkräfte zu schaffen und vielleicht auch neue Wege in der Arbeitsmigration zu beschreiten. Der Fachkräftemangel ist ein komplexes Problem, das eine vielschichtige und nachhaltige Strategie erfordert“, so Lehner.

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Beschäftigungsdynamik: Niedrigstes Niveau seit 2009

Gleichzeitig will auch nur jeder fünfte Betrieb (21 %) in den kommenden Monaten zusätzliche Beschäftigte einstellen – das sind genauso viele wie vor einem Jahr. Allerdings ist der Anteil derer, die Stellen streichen wollen, gegenüber Jänner 2023 von 15 auf 18 Prozent gestiegen. So hoch war der Prozentsatz laut EY seit 2009, dem Höhepunkt der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, nicht mehr. Unterm Strich planen lediglich drei Prozent der Betriebe zusätzliche Stellen zu schaffen. Eine ähnlich geringe Beschäftigungsdynamik wurde zuletzt 2013 verzeichnet, selbst im Corona-Krisenjahr 2021 lag der Prozentsatz höher als aktuell.

Gut jedes zweite heimische Unternehmen (51 %) gibt an, dass die Such- und Rekrutierungskosten für das eigene Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren gestiegen sind. Die Kostensteigerung liegt bei durchschnittlich acht Prozent. Besonders Unternehmen im Bereich Gesundheit und Life Science (74 %) und im Sektor Immobilien, Baugewerbe und Bauhandel (55 %) sind von den vermehrten Ausgaben betroffen.

Wir müssen jetzt gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Ausbildung und Weiterbildung zu fördern, Anreize für Fachkräfte zu schaffen und vielleicht auch neue Wege in der Arbeitsmigration zu beschreiten.
Erich Lehner, EY

Maßnahmen gegen Fachkräftemangel: Arbeitnehmerbindung

92 Prozent der mittelständischen Unternehmen setzen inzwischen Maßnahmen gegen die sich verschärfende Problematik des Fachkräftemangels ein. Am häufigsten nutzen sie eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und die Intensivierung der Aus- und Weiterbildung (jeweils 56 %). Fast jeder zweite Betrieb (46 %) bietet Bewerber*innen attraktive Zusatzleistungen und Benefits an und jeder dritte Betrieb (33 %) kooperiert mit Bildungseinrichtungen. Höhere Löhne werden hingegen von kaum einem Unternehmen als Strategie der Wahl genutzt: Lediglich ein Prozent der Betriebe greift auf diese Maßnahme zurück.

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Heimische Betriebe erwarten laut dem Mittelstandsbarometer auch von der Regierung verstärkte Maßnahmen: Mehr als jedes zweite österreichische Unternehmen wünscht sich von der Regierung eine Bildungsförderung für qualifizierte Fachkräfte (60 %) bzw. eine verstärkte Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen (52 %). Immerhin 43 Prozent der befragten Unternehmen wünschen sich eine gezielte Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften. Gut jeder vierte Betrieb (28 %) wünscht sich die Förderung von MINT-Fächern.