Fernkälte in Wien : Abwärme-Recycling im Nordbahnviertel

Fernkaeltezentrale Nordbahnviertel Wien Energie
© Wien Energie / Max Kropitz

Zubau für Wiens Fernkälte-Netz: Wien Energie stattet derzeit ein Wohnhaus im Nordbahnviertel mit einer Kältezentrale aus, die die Kältemaschine und Wärmepumpe zugleich ist. Zugutekommt die Kühlleistung nicht nur dem Wohnhaus, das die Anlage beherbergt – insgesamt 1.000 Haushalte profitieren so in den Sommermonaten von 1,7 Megawatt klimafreundlicher Kühlleistung. Umgerechnet entspricht das der Leistung von 680 herkömmlichen Klimaanlagen und insgesamt 230 Tonnen eingespartem CO2.

In Betrieb soll die neue Anlage im Herbst gehen. „Fernkälte ist insbesondere in Stadtentwicklungsgebieten wie dem Nordbahnviertel ein wichtiger Baustein, um unsere Stadt auch in Zukunft bei steigenden Temperaturen lebenswert zu halten", so Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke. Bis 2030 wollen Wien die Fernkälteleistung fast verdoppeln und zur "Fernkälte-Hauptstadt Europas" werden.

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Warmwasseraufbereitung durch Abwärme

Eine Kältemaschine, wie sie im Nordbahnviertel steht, erzeugt Kälte in Form von kaltem Wasser. Die zentrale Erzeugung spart dabei 70 Prozent an Energie und 50 Prozent CO2 im Vergleich zu herkömmlicher Klimatisierung. Über das bestehende Fernkältenetz wird das auf etwa 5-6 Grad Celsius abgekühlte Wasser direkt zu den Abnehmer*innen im Nordbahnviertel transportiert und dort über die hauseigenen Kühlsysteme in den Gebäuden verteilt. Das Wasser nimmt dort im Zuge der Kühlung die Wärme aus dem Gebäude auf und transportiert diese ab.

Diese Abwärme wird für die Warmwasseraufbereitung für das Viertel genutzt: Als Wärmepumpe produziert die Anlage aus der bei der Kälteproduktion anfallenden Abwärme, deren Temperatur in etwa bei 15 Grad Celsius liegt, Fernwärme mit einer Leistung von 2,2 Megawatt und 63 Grad Celsius. Diese wird direkt ins lokale Fernwärmenetz eingespeist und versorgt so 5.000 umliegende Haushalte im Nordbahn- und auch Alliiertenviertel mit Warmwasser.

„Die Innenstadt heizt sich im Sommer stark auf, gleichzeitig gibt es nur sehr wenige Kühlmöglichkeiten, die umweltfreundlich und effizient vor Ort eingesetzt werden können. Fernkälte ist hier die ideale Lösung", betont Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung.

Fernkaeltezentrale Nordbahnviertel Wien Energie
Fernkältezentrale im Wiener Nordbahnviertel - © Wien Energie / Max Kropitz

Große Pläne für die Fernkälte in Wien

Mit etwa 28 Kilometer Fernkälteleitungen kühlt Wien Energie aktuell rund 190 Gebäude klimafreundlich. Bis 2030 soll sich die Kapazität der Fernkälte von rund 200 Megawatt Kühlleistung auf 370 Megawatt fast verdoppeln. Damit könnte Wien Energie eine Fläche von 7,3 Mio. m2 kühlen, was größer als die Fläche des Wiener Praters ist.

Derzeit sind 22 Kältestandorte in Betrieb, davon sieben Fernkältezentralen mit Fernkältenetz und 16 dezentrale Kältelösungen direkt bei Kund*innen. Aktuell befindet sich auch eine achte Fernkältezentrale beim MedUni Campus Mariannengasse in Bau. Bis Herbst 2024 soll auch der Fernkälte-Zusammenschluss der Ringstraße erreicht und weitere bedeutende Gebäude an das Fernkältenetz angeschlossen, darunter die Wiener Staatsoper

Zu den bereits mit Fernkälte versorgten Gebäuden zählen unter anderem die Universität Wien, die Nationalbank, das Allgemeine Krankenhaus Wien, das Parlament, das Rathaus, das Museum für angewandte Kunst (MAK), der Austria Campus sowie einige Hotels. Aber auch mehrere hundert Neubau-Wohnungen, etwa am Nordbahnviertel oder rund um den Hauptbahnhof, werden mit Fernkälte gekühlt.

Fernkaelteausbau Wien
Fernkältenetz in Wien - © Wien Energie

Fernkältenetz von Wien Energie in Zahlen

  • Kälteleistung gesamt: 200 Megawatt
  • Netzlänge: rd. 28 Kilometer
  • Versorgte Gebäude: 190
  • Anzahl Kältestandorte: 7 Fernkältezentrale mit Netz-Anschluss, 15 dezentrale Lösungen