Wiener MedUni Campus Mariannengasse : Fernkälte für kritische Infrastruktur

Im Kellergeschoß der alten Post befindet sich die fertiggestellte Fernkälte-Anlage der Wienenergie.

Eine fertiggestellte Fernkälte-Anlage der Wien Energie im Kellergeschoß der alten Post am Stubenring.

- © Wien Energie / Johannes Zinner

Der neue MedUni Campus Mariannengasse, den die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und die Medizinischen Universität Wien aktuell errichten, bekommt eine Fernkältezentrale von Wien Energie. Der Energiedienstleister errichtet damit die achte Fernkältezentrale der Stadt in Wien-Alsergrund und investiert dafür rund 20 Mio. Euro.

„Der Bedarf an Kühlung nimmt stark zu. Allerdings soll der Energieverbrauch sinken und Wien bis 2040 klimaneutral werden. Fernkälte ist insbesondere in dichtverbauten Gebieten ein wichtiger Baustein, um unsere Stadt auch in Zukunft bei steigenden Temperaturen durch den Klimawandel so lebenswert zu halten“, erklärt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke das Konzept.

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Michael Strebl, Vorsitzender Wien Energie-Geschäftsführung, Peter Hanke, Wirtschaftsstadtrat, Magnus Brunner, Finanzminister, Saya Ahmad, Bezirksvorsteherin Alsergrund, Markus Müller, Rektor MedUni Wien und Maximilian Pammer, Leiter Unternehmensbereich Universitäten BIG (v.l.n.r.)
Michael Strebl, Vorsitzender Wien Energie-Geschäftsführung, Peter Hanke, Wirtschaftsstadtrat, Magnus Brunner, Finanzminister, Saya Ahmad, Bezirksvorsteherin Alsergrund, Markus Müller, Rektor MedUni Wien und Maximilian Pammer, Leiter Unternehmensbereich Universitäten BIG (v.l.n.r.) - © Michael Horak / Wien Energie
Fernkälte ist insbesondere in dichtverbauten Gebieten ein wichtiger Baustein, um unsere Stadt auch in Zukunft bei steigenden Temperaturen durch den Klimawandel so lebenswert zu halten
Peter Hanke, Wiener Wirtschaftsstadtrat

Finanzminister Magnus Brunner findet ebenfalls lobende Worte für die Projektbetreiber: „Mit dem neuen Campus der Medizinischen Universität Wien wird zeitgemäße Infrastruktur für Lehrende und Studierende geschaffen.“ Der größte Fernkälte-Abnehmer wird der MedUni Campus selbst sein, dessen 35.000 m² Fläche über die Fernkältezentrale gekühlt werden. Die restliche Kühlleistung fließt in das Fernkältenetz. Im Vergleich zu herkömmlicher Klimatisierung spart Fernkälte etwa 70 Prozent Energie und 50 Prozent CO2.

Fernkälte für die Raumkühlung

Mit Kältemaschinen wird Fernkälte zur Raumkühlung erzeugt, Strom und Fernwärme dienen als Antriebsenergie für das System. Über ein eigenes Leitungsnetz wird das kalte Wasser im Gebäude über spezielle Installationssysteme verteilt und die Wärme aus den Räumen entzogen. Diese Abwärme wird wiederum mittels Wärmepumpe weiter erwärmt und für die MedUni genutzt.

Ein sehr effizienter Kreislauf: Wien Energie deckt damit den gesamten Wärmebedarf der MedUni im Sommer, sowie einen Teil der im Winter benötigten Wärme. Im Winter kann das Fernkältenetz außerdem als Energiequelle für die Beheizung der MedUni genutzt werden. Für den Fall, dass besonders hoher Kühlbedarf besteht und im Sommer damit mehr Abwärme entsteht, als benötigt wird, sind zusätzlich Rückkühler am Dach vorhanden.

Fernkältezentrale alte Post am Stubenring
© Wien Energie / Michael Horak

Ein eingebauter Eisspeicher speichert in Zeiten geringen Verbrauchs, wie beispielsweise nachts, die von den effizienten Maschinen erzeugte Kälte und gibt sie zu Spitzenzeiten wieder ab – das steigert die Gesamteffizienz der Anlage. Die Energieversorgung des gesamten Campus erfolgt mit Kälte, Niedertemperaturwärme und Fernwärme seitens Wien Energie.

„Die Fernkältezentrale ist ein wesentlicher Teil der nachhaltigen Ausrichtung des MedUni Campus Mariannengasse", bekräftigt Hans-Peter Weiss, CEO der Bundesimmobiliengesellschaft, die den Campus als Liegenschaftseigentümer und Bauherr errichtet. Weiss ergänzt zudem, dass weitere Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeit – wie beispielsweise ein Re-Use-Projekt und eine Photovoltaikanlage – umgesetzt wurden oder werden.

  • Michael Strebl
    Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung


    „Die Klimakrise macht auch vor Wien nicht halt! Um für nachhaltige Abkühlung zu sorgen, setzen wir auf den Ausbau der Fernkälte und investieren bis 2027 insgesamt 90 Millionen Euro. Die Fernkältezentrale am MedUni Campus Mariannengasse ist dafür ein wichtiger Meilenstein. Mit der modernen und zukunftsfitten Technologie, die unter anderem aus Wärme Kälte macht, können wir ab 2025 im Alsergrund sehr effizient Kälte erzeugen und insgesamt jährlich 1.000 Tonnen CO2 einsparen. Das entspricht der CO2-Bindekraft von 80.000 Bäumen. Unser Plan ist, über diese neue Zentrale das Netz zwischen der Innenstadt und rund um die Spittelau zusammenzuschließen“

2024: Fernkälte-Ring um die Wiener Innenstadt

Bis Herbst 2024 – und damit ein Jahr früher als ursprünglich geplant – wird der Fernkälte-Zusammenschluss der Ringstraße erreicht und viele bedeutende Gebäude an das Fernkältenetz angeschlossen, darunter auch die Wiener Staatsoper. „Die Realisierung des Fernkälte-Rings um die Wiener Innenstadt ist ein großer Meilenstein und ermöglicht die Versorgung der gesamten Wiener Innenstadt mit klimafreundlicher Fernkälte", freut sich Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung.

Zu den bereits mit Fernkälte versorgten Gebäuden zählen unter anderem die Universität Wien, die Nationalbank, das Allgemeine Krankenhaus Wien (AKH), das Parlament, das Rathaus, das Museum für angewandte Kunst (MAK), der Austria Campus sowie zahlreiche Hotels. Aber auch mehrere hundert Neubau-Wohnungen, etwa am Nordbahnviertel oder rund um den Hauptbahnhof, werden bereits mit Fernkälte gekühlt.

Fernkälteausbau in Wien

- © Wien Energie

Das Projekt Mariannengasse

Das bestehende Gebäude mit der Adresse Mariannengasse 3 wird aktuell generalsaniert und um einen Zubau mit der Adresse Mariannengasse 5 erweitert. Für die Baumaßnahmen auf dieser Liegenschaft war neben dem Abbruch des Bestandsgebäudes Mariannengasse 5 auch die Entkernung des Bestandsgebäudes Mariannengasse 3 notwendig.

Im dortigen Innenhof, der bis zum Auszug der Wien Energie als Parkplatz und Parkgarage genutzt worden war, werden Kellergeschoße errichtet, um das Fernkälteprojekt vorzubereiten. Die dort entstehende Fernkältezentrale wird dann kritische Infrastruktur, wie beispielsweise Forschungseinrichtungen, Spitäler und Kliniken in der Region, mit nachhaltiger Kühlung versorgen. Außerdem dient sie der Erweiterung des Fernkältenetzes in Alsergrund.

Fernkaelte Med Uni Campus Mariannengasse
© Wien Energie FotobyHofer

Mit dem Ensemble aus historischen Bestandsgebäuden, die erhalten und generalsaniert werden, und einem Neubau entsteht im 9. Wiener Gemeindebezirk ein moderner Campus für medizinische Forschung und Lehre. 2.000 Medizin-Studierende und 750 Mitarbeiter*innen der MedUni Wien können somit die Fläche von rund 35.000 m2 nutzen. Der neue Campus-Standort befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den bestehenden Standorten der MedUni Wien und wird deren vorklinischen Institute an einem Ort bündeln.

Der MedUni Campus Mariannengasse gliedert sich in einen Allgemein-, Lehr- und Forschungsbereich. Quer durch den Campus wird eine öffentliche Durchwegung von der Spitalgasse in Richtung Lazarettgasse (AKH Wien) geschaffen. „Mit der Verwirklichung des MedUni Campus Mariannengasse erreichen wir unser Ziel eines räumlich integrierten Vorklinik-Campus mit dem Campus AKH", erläutert Markus Müller, Rektor der MedUni Wien.

Eckdaten zum Fernkälte-Projekt

Fernkältezentrale MedUni Campus Mariannengasse

  • Baustart: Sommer 2022
  • Inbetriebnahme: geplant für Frühjahr 2025
  • Drei elektrische Kältemaschinen, eine Wärmepumpe und eine Absorptionskältemaschine mit insgesamt 17,7 Megawatt Leistung
  • Fernkälte für rund 350.000 m2 Kühlfläche
  • Investitionskosten: rund 20 Mio. Euro

Fernkältenetz der Wien Energie

  • Kälteleistung gesamt: 200 Megawatt
  • Netzlänge: rd. 28 Kilometer
  • Versorgte Gebäude: 190
  • Aktuelle Anzahl Kältestandorte: 7 Fernkältezentralen mit Netz-Anschluss, 15 dezentrale Lösungen